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Was bin ich wert

Was bin ich wert

Titel: Was bin ich wert
Autoren: Joern Klare
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könnten Sie versuchen, Ihren Wert in die Höhe zu treiben, wie es mir mit dem Wert eines statistischen Lebens in meinem Umfeld passiert ist. Gehen Sie zu Ihren Verwandten, Freunden und Kollegen und stellen Sie ihnen die Frage aus Kapitel 12:
    Du brauchst ein Auto und hast zwei Modelle zur Auswahl:
    Pro Jahr gibt es bei Modell A bei 1000 Fahrzeugen genau einen Unfall mit genau einem toten Fahrer. Dieses Auto würde euch umsonst zur Verfügung gestellt. Auto B ist 100 Prozent sicher. Bei dem gibt es keinen Unfall, keinen Toten. Für Auto B müßt ihr aber bezahlen.
    Frage: Wieviel Euro wärt ihr tatsächlich (also auch mit Blick auf eure realen Möglichkeiten) bereit zu bezahlen, damit ihr Auto B fahren könnt?
     
    Geben Sie dabei keine unnötigen Erklärungen ab, lassen Sie sich nicht auf müßige Diskussionen ein, sammeln Sie einfach so viele Zahlen wie möglich, ermitteln Sie deren Durchschnitt, dividieren Sie diesen durch 1/1000 (also 0,001), lesen Sie dazu vielleicht nochmal Kapitel 10, nennen Sie das Ergebnis Wert eines statistischen Lebens in meinem Umfeld und fügen Sie es in Ihre obige Gesamtrechnung mit ein, bevor Sie den Durchschnitt ermitteln.
    So oder so, am Ende haben Sie eine Zahl, Sie können sie Ihren »Wert« nennen, Sie können versuchen damit stolz und glücklich zu sein.
    Nur glauben sollten sie daran nicht.

47.
Epilog: »Weil du mein Papa bist«
    Ich stehe am Herd und bereite das Abendessen. Hinter mir auf dem Küchensofa frisiert meine Tochter ihre Puppen. Sie ist sechs Jahre alt und geht seit kurzem in die erste Klasse. Sie hat mitbekommen, womit ich mich in den letzten Monaten beschäftigt habe. Sie möchte auch gefragt werden. Also gut.
    –   Was, glaubst Du, ist ein Mensch wert?
    –   120 Euro.
    Klare Ansage.
    –   Warum genau 120 Euro?
    –   Weil ein Mensch lebt ja.
    –   Mhm. Sind denn alle Menschen gleichviel wert?
    –   Nö, wenn einer böse ist, ist er nur 10 Euro wert.
    –   Ach so.
    –   Aber ein guter Mensch kostet 120 Euro, weil der ja Gutes tut. Tieren helfen und Pflanzen retten und so.
    –   Und ich? Was bin ich wert?
    –   Einhundert-einhundertzwanzig-einhundertdreißig-zweihundertundzehn Euro.
    Sie kennt noch nicht so viele Zahlen. Ich weiß aber, daß es für sie größer nicht geht.
    –   Warum denn Einhundert-einhundertzwanzig-einhundertdreißig-zweihundertundzehn Euro?
    –   Weil du mein Papa bist.
    Dann frisiert sie weiter. Und ich koche weiter. »Einhundert-einhundertzwanzig-einhundertdreißig-zweihundertundzehn« Euro – das ist die schönste Zahl, die ich mir vorstellen kann. Unendlich groß und befreiend sinnlos.

Dank
    Ich danke natürlich zuerst meinen Eltern, ohne deren vielfältige »Investitionen«, das habe ich bei meinen Recherchen einmal mehr verstanden, in meinem Leben manches anders oder eben auch gar nicht wäre.
    Ich habe die Arbeit an diesem Buch von Anfang an als eine Art Reise aufgefaßt. Eine Reise, die ohne Florian Glässing so nie begonnen hätte. Dafür danke ich ihm. Unterwegs war mir nicht immer ganz klar, wie es weitergehen sollte. Manchmal sah ich mich in sehr tiefem Boden, manchmal in einer Art Wüste und manchmal auch in einer Art Minenfeld stehen. Ich danke allen Gesprächspartnern für die Zeit, die sie sich genommen haben, um mir aus ihrer Perspektive eine Orientierung zu geben. Alle entsprechenden Zitate sind autorisiert. Ich danke insbesondere auch den bisher nicht namentlich Genannten: Tarik Ahmia, Reinhard Fichtel, Heinrich Geiselberger, Rafaela Graf von der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin, Anna Lisa Haase und der Palmen Apotheke in Kreuzberg, Alekos Hofstetter, Hartmut Klein-Schneider von der Hans Böckler Stiftung, Wolfgang Kampbartold, Thomas Kopetsch, Karsten Kredel, Ingrid Mülhauser, Eckhard Nagel vom Deutschen Ethikrat, Walter Neukirch, Barbara Piontek, Werner Rätz von Attac, dem Ökonomen Herrmann Sautter, aus dessen Vorlesung »Wie berechtigt ist die Kritik am ökonomischen Zynismus?« ich viel über die moralische Relevanz Kants für die Gegenwart gelernt habe, Joachim Schmidt, Bodo Schmithals von der deutschen Aktuarsvereinigung, Bernd Schütte, Peter Strack von terre des hommes, und ganz besonders auch Erika Feyerabend von BioSkop e.V. für die vielen wertvollen Informationen, die sie mir zur Verfügung gestellt hat.
    Und jede Reise beginnt und endet zu Hause. Danke, Cay.
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