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Was bin ich wert

Was bin ich wert

Titel: Was bin ich wert
Autoren: Joern Klare
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meinen nicht vorhandenen Nachrichtenwert, meinen nicht ermittelbaren Markenwert, den Freiheitswert und den Urlaubswert meines Restlebens und das Geld, das ich eventuell bei einer Versteigerung meiner Organe bekommen könnte.
    Trotzdem beziehungsweise gerade deswegen komme ich auf eine Durchschnittssumme von
     
    1   109   236,34 Euro
     
    Das ist also »meine« Zahl. Mein persönlicher Preis. Mein monetärer Selbstwert.
    Wirklich?
    Nein …
    … oder doch?
    Für jede Zahl gibt es mehr oder weniger fundierte Argumen-te. Hinter einigen Methoden, ich denke vor allem an den Wert eines statistischen Lebens, etwa beim Umweltbundesamt, die monetarisierten »qualitätskorrigierten« Lebensjahre, aber auch an die Humankapitalansätze beziehungsweise die Produktionspotentialrechnung der Bundesanstalt für Straßenwesen, stehen angesehene Wissenschaftler mit ihren oftmals renommierten Instituten. Die innere Rechenlogik ihrer Formeln kann ich nicht widerlegen. Ich bin kein Fachmann, kein Ökonom und kein Mathematiker, gehe aber mal davon aus,daß alle richtig multipliziert haben. Die Methoden, so habe ich gelernt, lassen sich nicht alle in einen Topf werfen, und es kommt auch noch darauf an, wo und wie und vor allem auch von wem sie genutzt werden.
    Eine Gemeinsamkeit aber ist, daß sie von ihren Vertretern allesamt als best practice oder state of the art bezeichnet werden. Sie sind also »das Beste«, was gerade zur Verfügung steht. Das heißt jedoch nicht, daß sie wirklich gut sind. Keiner sagt das. Keiner der Experten, die ich getroffen habe, wollte behaupten, die Modelle seien ausgereift. Trotzdem wollen einige – und es werden mehr – mit diesen Rechnungen Politik machen. Im Zweifelsfall auch eine Politik, die über meine Lebenschancen mitentscheidet. Das ist, nun ja, bemerkenswert. Wer will schon mit einem Auto fahren, von dem selbst der Ingenieur sagt, es sei noch längst nicht fertig?
    Doch bei allem berechtigten Mißtrauen gegenüber den Methoden – entscheidend bleibt das Mißtrauen gegenüber den Prämissen, den Voraussetzungen, unter denen das Leben eines Menschen bewertet werden soll. Meine Zweifel habe ich dort, wo es mir angebracht schien, formuliert. Sie sind mit der Zeit nicht kleiner geworden. Im Gegenteil.
    In bezug auf die Frage »Preis oder Würde« schrieb Kant: »Was einen Preis hat, an dessen Stelle kann auch etwas anderes als Äquivalent gesetzt werden; was dagegen über allen Preis erhaben ist, mithin kein Äquivalent verstattet, das hat eine Würde.«
    Anders ausgedrückt: Was in Geld bewertet wird, verliert seine Einmaligkeit und kann verglichen werden. Und was sich vergleichen läßt, das wissen wir von der Käsetheke im Supermarkt, kann man gegeneinander aufrechnen und austauschen.
     
    1   109   236,34 Euro also. Eine konkrete Zahl, so wie ich es mir mal gewünscht habe. Das scheint mir inzwischen sehr lange her zu sein. Jetzt finde ich diese Zahl vor allem – bedrückend.

46.
Zeiten ändern sich. Zahlen auch – vor allem wenn Sie es wollen.
Eine kleine Anleitung zur Selbstberechnung
    Als ich erstmals vor etwa zwei Jahren meinen monetären Wert ermittelte, kam ich auf die Summe von 1   129   381,21 Euro und fühlte spontane Erleichterung, daß ich damit über der magischen Eine-Million-Euro-Grenze lag. Als ich die Zahlen für diese Ausgabe der Preisermittlung aktualisierte, mußte ich feststellen, daß mein Wert um insgesamt 20 144,87 Euro gesunken ist. Bei aller grundsätzlichen Skepsis gegenüber solchen Berechnungen ist das natürlich auch bitter.
    Wenn Sie, verehrte Leserin und verehrter Leser, nun trotzdem oder gerade deswegen Interesse an einer kleinen Selbstberechnung haben, kann ich das selbstverständlich sehr gut nachvollziehen. Und ich helfe Ihnen auch gerne dabei, inklusive der kleinen Tricks, die Sie für sich nutzen können. Wieso sollten Sie es anders machen als Ökonomen, die ich bei meiner Recherche kennengelernt habe? Basteln Sie sich also eine Zahl, mit deren Hilfe Sie Mitleid heischen oder Eindruck schinden können. Ganz wie Sie wollen. Und behaupten Sie ruhig, das Ergebnis sei objektiv. Das machen die Experten ja auch.
    Sie brauchen einen Zettel, einen Taschenrechner, und Sie sollten wissen, wie alt Sie sind.
    Bequem sind natürlich erstmal die »offiziellen« Durchschnittszahlen, die Sie problemlos für sich in Anspruch nehmen können, weil sie ja für alle gelten wollen.
    Notieren Sie also:
    –   Die 1 700 000 Euro für Körperteile und Organe
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