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Warum aendert sich alles

Titel: Warum aendert sich alles
Autoren: Reinhard Brandt
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verachtet, weltweit, von Anfang an. Und dann ist die Dankbarkeit zu allen Zeiten bei allen Völkern angesehen.
Der Böse, das Böse
    Es soll sich so abgespielt haben, daß der Böse, Old Nick aus dem Vorderen Orient, eines Tages merkte, daß die Zahl der Menschen, die an ihn glaubten, wieder einmal abnahm, d. h., keiner wollte mehr in der Tiefe seiner Seele wirklich an das Feuer in der Unterwelt glauben, keiner hielt den Satan mit Schwanz und Teufelsfuß für einen Herrn, der leibt und lebt und werktätig aus der Höllengrube gegen Gott und die Welt agiert. Sein oder Nichtsein – Ein studierter Unterteufel kam auf die Idee, den Leibhaftigen aus dem Rampenlicht zu nehmen und statt dessen den abstrakten Begriff »das Böse« zu lancieren. Einfach und sachlich »das Böse«, das es so sicher geben solle wie das Heilige, das Politische, das Offene, das Rohe und das Gekochte, gelehrt und unauffällig, aber um so mächtiger. Alle Gläubigen sublimierten daraufhin ihren antiquierten Teufelsglauben hinauf zum Glauben an das Böse, und es gab unzählige Publikationen und überquellende Bibliotheken über die Frage, wie sich eigentlich »das Böse« konkret manifestiere, aber auch, ob es denn das Böse gebe, einfach so und ohne den Bösen. Dem Leibhaftigen gelang wieder einmal, seine Macht zu erhalten und zu verhindern, daß die Menschen ihr passendes und unpassendes Verhalten undFehlverhalten nüchtern als Resultat der vielen natürlichen Komponenten analysierten und zu verbessern suchten: angeborener Charakter, das Temperament, das Naturell, die Affekte und Neigungen, die Freiheit und die günstigen und ungünstigen Umstände der Kindheit und Jugend, der Grad der allgemeinen globalen Überforderung, die Phantomwerte der Marktgesellschaft, das Problem der Identitätsfindung.
    Das freie Nachdenken war fassungslos.
Sicher
    Â»Im unendlichen Raum zahllose leuchtende Kugeln, um jede von welchen etwa ein Dutzend kleinerer, beleuchteter sich wälzt, die inwendig heiß, mit erstarrter, kalter Rinde überzogen sind, auf der ein Schimmelüberzug lebende und erkennende Wesen erzeugt hat; dies ist die empirische Wahrheit, das Reale, die Welt.« So Arthur Schopenhauer zu Beginn des 2. Bandes seines Hauptwerks, Die Welt als Wille und Vorstellung (von 1818). Nietzsche plagiierte Schopenhauers Anfangssätze in der Abhandlung Ȇber Wahrheit und Lüge im außer- moralischen Sinn« und trug so zur Verbreitung dieser Weltauffassung bei: »In irgend einem abgelegenen Winkel des in zahllosen Sonnensystemen ausgegossenen Weltalls gab es einmal ein Gestirn, auf dem kluge Thiere das Erkennen erfanden. Es war die hochmütigste und verlogenste Minute der ›Weltgeschichte‹: aber doch nur eine Minute. Nach wenigen Athemzügen der Natur erstarrte das Gestirn, und die klugen Thiere mußten sterben.« Ohne die rhetorische Einschmeichelung gibt Willard Van Orman Quine dieselbe Meinung kund: »Die Physik erforscht die wesentliche Natur der Welt, und die Biologie beschreibt einen ortsspezifischen Auswuchs. Es ist erstaunlich und zudem eine Sache der die Zeitalter durchlaufenden philosophischen Verwirrung, daß man meint, einige beschränkte Sinnesreaktionen und Denkprozesse in dem Auswuchse eines Auswuchses stünden auf der gleichen Ebene wie die Aufgabe des Physikers, die wesentlicheNatur der Welt zu erfassen.« »Natur der Welt« – wie kommt die Welt zu einer Natur? Welt und Natur – Phantasmagorien in den neuronalen Netzen der Physiker? Sind die Netze verknüpft, weil die Physiker sie als verknüpft erkennen, oder erkennen die Physiker sie so, weil sie verknüpft sind? Aber wie ist die Differenz der Physiker und ihrer Gehirne möglich? Vielleicht die Differenz von Denken und Sein? Also kehren wir zu Parmenides zurück und buchstabieren die Lektion noch einmal als Spätlerner unter den Philosophen.
    Eine kurze Meditationspause vor dem Weiterlesen.
Denken und Sprechen, immer noch Descartes
    Arthur Danto beginnt seine Analytische Philosophie der Geschichte mit den Sätzen: »Es wird zuweilen gesagt, daß die Aufgabe der Philosophie nicht darin bestehe, über die Welt zu denken und zu sprechen, sondern vielmehr darin, die Weisen zu analysieren, in denen über die Welt gedacht und gesprochen wird.« So weit, so gut, aber dann folgt: »Doch da wir offenkundig keinen anderen Zugang zur Welt haben
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