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Warum aendert sich alles

Titel: Warum aendert sich alles
Autoren: Reinhard Brandt
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als vermöge der Art und Weise, über sie zu denken und zu sprechen, [...].« Die Cogito-Falle: Von der Philosophie und der Philosophenphilosophie geht es in einem unbemerkten Salto mortale zu unserem Weltzugang überhaupt. Als ob das Fühlen und Schmecken, das Sich-Orientieren im Raum, das Gleichgewicht des Körpers und das Hören des Kammertons a sich unter den einen Titel des Denkens und Sprechens subsumieren ließe. Das Denken ist sprachlos: Was wird aus dem, was es entschieden nicht ist? Blieb Hume bei seinem Sprachspiel am Schreibtisch, als er meinte, nach draußen zum Tennisspielen zu gehen? Und dann »Zugang zur Welt«, einfach so, nicht zum Tennisplatz, sondern zur Welt im Ganzen. Gehört mein Gehirn zur Welt, zu dem ich als solchem notorisch keinen Zugang habe?
Mein Wille
    Â»Wenn ein Galgen vor Ihrer Tür stünde, würden Sie sofort von Ihrem Vorhaben ablassen!«
    Â»Ich bin mir nicht sicher. Ich kann mich einfach nicht auf mich verlassen. Schon in meiner Kindheit merkte ich, daß mein Wille seltsam eigene Wege ging. Ich habe eben einen schlechten, ja unbrauchbaren Charakter, verstehen Sie, von Natur; in mir paßt das eine nicht zum anderen, was soll ich tun. Ich rauche, aber ich will natürlich nicht rauchen, da wäre ich wahnsinnig. Und dann die anderen vielen schrägen Dinge, die ich tue. Ich lebe mit mir sozusagen unter einem Dach, schon, und die Leute draußen merken es meistens nicht, aber hier drinnen tut jeder alles nach Lust und Laune, ich wünsche, was ich nicht wollen kann, und ich will, was ich nicht wünsche. Niemand kann sich auf mich verlassen, auch ich nicht. Ich kann nichts dafür, ich bin so. – Aber das mit dem Galgen wäre natürlich hart.«
Große Themen
    Gibt es das Böse? Wer weiß; jedenfalls wissen wir genau, was schlimm ist: Der Mangel an Einsicht, Rücksicht, Vorsicht, Nachsicht, Umsicht, Übersicht ist selbst und in seinen Auswirkungen schlimm. Könnte dieser Mangel eingedämmt werden, dann würde das, was man als böse bezeichnet, einfach verschwinden. Laßt uns also beginnen, den Mangel zu beheben! Für Diskussionen über das Böse sollte folgendes Argument aufbewahrt werden: Das Böse ist ein schlimmer Produzent des Bösen, denn wenn es einmal ausgemacht ist als das Böse oder gar als der Böse, dann hört alle Nachfrage nach Gründen auf und die simple Letztbegründung ist die Antwort auf alles. Warum konnte sie das nur tun? fragt der Gebildete; die Unbildung hat die Antwort vor der Frage parat: Sie, er, es ist böse, einfach so, denn jede weitere Neugier würde dem Bösen ins Handwerk pfuschen.
Das geht nicht
    Wenn unsere Handlungsplanungen die verschiedenen Kontrollen durchlaufen, steht an erster Stelle die Frage der technischen Durchführbarkeit. Wer mit dem Ballon zum Mond fliegen möchte und die Kollegen von den Gaswerken fragt, wird überwiegend auf ein Abwinken stoßen: »Das geht nicht!« »Das schafft keiner!«Wer dagegen einen Betrug plant, erhält unterschiedliche Ratschläge. Zu den ablehnenden Voten gehört im Schulhof und im inneren moralischen Tribunal: »Das kann man nicht tun! Das ist unfair, unmenschlich etc.« Die Mitglieder der Weißen Rose in München merkten: Hier weiter mitzumachen geht nicht, das können wir nicht. Wenn hiermit ein Nerv der Sache getroffen ist, dann gibt es jenseits von Gut und Böse und vorher ein sehr einfaches Prinzip der moralischen Beurteilung von Handlungsplänen: Kann ich das tun oder nicht? Offenbar hat Sokrates nach diesem Prinzip gehandelt, als er Feinde der Regierung verhaften sollte und statt dessen nach Hause ging, ohne Popanz, einfach so.
Bewußtsein
    Seit Descartes geht ein Gespenst um in den Köpfen der Gebildeten aller Länder: Das Bewußtsein. In der vorbewußten Zeit konnte man wachen und bewußtlos schlafen und träumen, man konnte bis zur Bewußtlosigkeit trinken oder vor Schrecken oder Freude ohnmächtig werden, man konnte sich wie der Jagdhund selbstvergessen auf etwas konzentrieren oder sich einer bestimmten Sache problemlos bewußt werden, unbewußt das Richtige und das Falsche tun, aber das Bewußtsein als solches gab es weder bei Tier noch Mensch. Wurde es erfunden? Wurde es entdeckt? Wachte es, sich selbst entdeckend, plötzlich auf? Hatte das Proletariat das richtige, das Bürgertum das falsche Bewußtsein? Verfügen Tiere im
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