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Warum aendert sich alles

Titel: Warum aendert sich alles
Autoren: Reinhard Brandt
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Schmerzvermeidung und globale Überrüstung mußten die Triebkräfte der blinden Geschichte werden, wer konnte je an das Ganze denken, das jetzt ruiniert vor uns liegt! Für alles andere waren die Menschen von Beginnan überfordert. Du hast deine Kreatur selbstversessen angelegt und damit dieses Ende verursacht.«
    Voltaire hatte sich geschickt während seiner Rede dem Richterstuhl des Allmächtigen genähert; und als dieser aufstand und noch einmal aus dem Fenster auf den rauchenden, verwüsteten Planeten niederblickte, stellt sich Voltaire zwischen ihn und den Richterstuhl und fuhr fort: »Dein Anfang war nicht gut, wie du sagtest. Am Anfang sind die entscheidenden Fehler der Schöpfung schon alle vorhanden; gegenüber den Menschen warst du neurotisch, jähzornig, eifersüchtig. Daß der Vordere Orient in Flammen steht, war dein Werk.« Voltaire hatte während seiner Rede den Richterstuhl erreicht und sich auf ihn gesetzt. »Dies, Allmächtiger, ist unser Jüngstes Gericht: Wir klagen an. Die Menschheit, deine Menschheit, hatte von vornherein keine Chance. Wir konnten unsere Probleme weder mit Eifersucht und Jähzorn noch mit Nächstenliebe lösen. Du hast dich nur selbst geliebt, nicht diese Welt, die du so anlegtest, daß sie sich durch den Menschen vernichten mußte!«
    Die Aberbillionen der Menschheitsversammlung erstarrten, niemand hatte mit dieser Wendung des Jüngsten Gerichts gerechnet, einzig Voltaire hatte diesen Coup ersinnen können.
    Der Allmächtige sah, daß sein Richterstuhl besetzt war. Nach kurzem Schweigen, das alle Universen und Äonen durchdrang, begann er vom Himmelsgewölbe herab die folgende völlig überzeugende, von Beifallsstürmen unterbrochene Gegenrede: » [...] « (der Wortlaut ist nicht erhalten).
Das Kaleidoskop der Freiheit
    Â»Jetzt bist du frei«, sagte das Kind zum Hund und nahm ihm die Kette vom Hals; der Hund sprang auf und rannte fröhlich im Hof hin und her. »Jetzt sind Sie frei«, sagte der Wärter zum Gefangenen und nahm ihm die Kette von den Fußgelenken.Der Gefangene stand auf und ging frei in der Zelle hin und her.
    Â»Jetzt bist du frei«, sagte Ludwig Wittgenstein im Cambridger Selbstgespräch, hob den Deckel vom Glas und wollte der Fliege mit seiner Hand den Ausweg zeigen; aber sie war schon fort.
    Â»Ihr Hund ist jetzt frei«, sagte der Psychotherapeut, der den Bernhardiner von einem schweren Kindheitstrauma befreit hatte. Er war ganz jung in einen Gletscherspalt gefallen und erst nach Tagen gerettet worden. Seitdem duckte er sich beklommen zur Seite, wenn er in der Ferne einen Berg sah.
    Ein Freiheitsfall ist schon vor dem Beginn ausgeschieden, weil er nur metaphorisch verwendbar ist: Der freie Fall selbst. Der Stein, der im freien Fall vom Turm von Pisa stürzt und Galilei hilft, die Fallgesetze zu finden, fällt aus, weil die Bewegung durch eine Kraft von außen bestimmt wird. Es ist die Anziehungskraft der Erde; bei der Billardkugel wird die Bewegung durch den Stoß von außen determiniert etc. Wenn die Sonnenblumen nach oben wachsen und dem Lauf der Sonne mit ihren Köpfen folgen, wenn fleischfressende Pflanzen Wittgensteins Fliege fangen, dann finden sich biochemische Substanzen, die diese Bewegungen auslösen. Aber wir geben gerne zu, daß die Grenzziehung zwischen Pflanze und Fliege nicht so einfach ist. Jedenfalls schränken wir den Freiheitsbereich in Übereinstimmung mit der gängigen europäischen Meinung auf die Wesen ein, die sich selbst gemäß ihren Vorstellungen oder Überlegungen im Raum bewegen können. »Sich selbst«: gemäß ihren Vorstellungen oder Überlegungen. Der Hund assoziiert mit einem bestimmten Ort im Hof die Vorstellung von Wasser, mit einem anderen die Vorstellung lauten Lärms, entsprechend steuert er (das ganze Tier) seine Bewegungen.
    Wie der Körper, so steht die tierische und menschliche Seele unter abertausend Einflüssen; es gibt bei Tier und Mensch pathologische Deformationen, die wir als Fesselung und Freiheitsberaubung ansehen. Tiere verlieren unter bestimmtenDrogen und Alkohol ebenso wie der Mensch die Gewalt über ihren Körper, die psychische Selbststeuerung gemäß mentalen Vorzeichnungen fällt aus, und es tritt ein physiologischer Ablauf an seine Stelle; es findet keine gerichtete Handlung mehr statt, sondern ein bloßes Taumeln. Tier und Mensch können aus
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