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Walpar Tonnraffir und der Zeigefinger Gottes (German Edition)

Walpar Tonnraffir und der Zeigefinger Gottes (German Edition)

Titel: Walpar Tonnraffir und der Zeigefinger Gottes (German Edition)
Autoren: Uwe Post
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steht's«, zeigt er auf die Seite. »Komm her und sag, dass ich recht habe, Onkel!«
Walpar macht ein paar Schritte vorwärts, bis ihn der Lauf einer Maschinenpistole aufhält. Er merkt, dass Kerbil ohnehin einen anderen Onkel gemeint hat, nämlich den mit dem Bauch. Der tritt an den Großen Fahrplan heran und liest, was Kerbil ihm zeigt.
»Was ist denn jetzt los?«, zischt Nera.
»Sie lesen im Großen Fahrplan«, erwidert Tilko.
»Das sehe ich auch«, rollt Nera die Augen, »du Suppenhuhn.«
»Es stimmt«, heult plötzlich der Onkel-Jünger los. »Die Abfahrtszeit Gottes ist aufgrund von Bauarbeiten sonntags eine Stunde später!«
Gern den Wool zögert, dann wankt er zu seinem Altar, schiebt Kerbil und den Jünger mit seinem Zeremonienstab beiseite, beugt sich vor, liest in dem Buch. Den Auslöser für die Bombe hat er immer noch in der Hand, die Drähte sind gespannt.
»Genau wie der D 712 im Jahre 1979«, jubelt Kerbil und hüpft aus dem Stand zwei Meter hoch.
»Du wagst es …« Den Wools Stimme erinnert an das Knistern einer Zündschnur.
Nervosität macht sich breit. Auch die Bewaffneten schauen verstohlen zu ihrem Hohepriester hinüber. Keiner sieht, wie Walpar in die Hocke geht.
Nur Lang X nickt ihm kaum merklich zu.
»Du liest das falsch«, heult Gern den Wool, »du musst es falsch lesen. Ich bin der Hohepriester!«
»Acht Uhr neun an Gleis drei …«, hebt Kerbil an, und der Onkel stimmt ein. Kurz darauf singt mindestens die Hälfte der Jünger mit.
Nera hält sich die Ohren zu.
Tilko sieht nach oben und bewegt den Mund. Für Nera sieht es wie ein »Oh nein« aus, und sie folgt seinem Blick.
»Aufhören!«, kreischt Gern den Wool. »Du Würstchen, komm her!« Er greift nach Kerbil. »Du wolltest mich hintergehen, hier steht sonntags zwischen 23. Mai und 21. September ! Wir haben aber erst April !«
Kerbil springt auf den Altar. »Und außerdem nicht 1979!«, ruft er und streckt den Wool energisch die Zunge raus.
In diesem Moment ist der Greifer des Krans ganz heruntergefahren und krallt sich um die Kiste mit der Bombe.
»Ich bin der beste Fahrplanleser!«, ruft Kerbil und hüpft im hohen Bogen vom einen Ende des Altars zum anderen. »Preiset euren wahren Hohepriester!«
Das tun die Jünger zwar nicht, abgesehen von dem dicken Onkel, aber sie sind gehörig abgelenkt. Erst einer hat gemerkt, was mit der Bombe passiert, aber niemand hört ihn, weil ein halbes Dutzend immer noch am Singen ist und weil der Rest gemeinsam mit Gern den Wool wild herumkrakeelt. Der Hohepriester fängt an, mit seinem Stab nach Kerbil zu schlagen, aber er trifft nur den Altar, der hohl gongt.
Der Kran ruckt in die Höhe, hebt die Kiste hoch, die Drähte spannen sich. Der Auslöser rutscht dem abgelenkten Hohepriester aus den Fingern.
»Was!« kreischt den Wool, dreht sich um und springt hinter seiner Bombe her, vergisst die geringe Schwerkraft und fliegt mit wild rudernden Armen vorbei, landet, rappelt sich auf. Kerbil hebt den Großen Fahrplan hoch über den Kopf. »Du hast was vergessen!«, ruft er und schmeißt den Wälzer in Richtung Hohepriester. Trifft ihn in den Kniekehlen. Den Wool schwankt, aber eine starke Hand ist da, um ihm zu helfen.
»Danke«, sagt den Wool.
»Bitte«, grinst Lang X und dreht dem Hohepriester innerhalb eines Lidschlags den Arm auf den Rücken.
»Rrg!«, röchelt den Wool und sinkt auf die Knie.
In diesem Moment öffnet sich die Nasenschleuse, und ein Transporter mit dem Logo von Costello Inkasso summt herein. Sofort klappen seine Luken auf und ein Haufen Uniformierter strömt heraus. Schießscharten öffnen sich, und Scharfschützen richten ihre Waffen auf die Jünger. Die erkennen die Überzahl und lassen die Maschinenpistolen fallen.
»Was für ein Auftritt«, sagt Nera anerkennend. Tilko steht etwas bleich neben ihr und schaut dreimal, ob nicht auch ein Lauf auf ihn gerichtet ist.
Ein älterer Herr im weißen Anzug entsteigt dem Transporter – blau getönte Brille, indigofarbene Melone: Costello persönlich. Er wendet sich an Nera, deutet einen Handkuss an. »Verehrte Signora, es freut mich, Ihnen persönlich zu begegnen. Würden Sie die Freundlichkeit besitzen, mich über den Aufenthaltsort meiner Organe aufzuklären?«
Nera kann so viel Charme nicht widerstehen und zeigt nach oben, wo Walpar den Kopf aus der Kabine des Kranführers gesteckt hat. Er ruft irgendwas, das wie »nicht mein Penis« klingt, aber es ist zu laut in der Halle, um es richtig zu verstehen.
»Sie … sie werden ihm doch nichts
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