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Walpar Tonnraffir und der Zeigefinger Gottes (German Edition)

Walpar Tonnraffir und der Zeigefinger Gottes (German Edition)

Titel: Walpar Tonnraffir und der Zeigefinger Gottes (German Edition)
Autoren: Uwe Post
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einer Reihe Brandschutztüren angebracht, neben denen Filmplakate von »Blade Runner« und »Uhrwerk Orange« hängen. Kerbil hätte seine Freude hier, allerdings ist der Junge im Moment verschollen. Dieser Gedanke schmerzt, und während Walpars Unterbewusstsein pflichtschuldig anfängt, Ausreden für Kerbils Eltern zu erfinden (»Er bestand darauf, das Generationenraumschiff nach Tau Ceti zu nehmen«), werden ihm die Menschen bewusst, die hier herumlaufen. Viele tragen T-Shirts mit All-Com-Logo und lange Haare, sodass Walpar überhaupt nicht auffällt.
Aus einem Impuls heraus holt Walpar seinen Pinguin hervor und tut so, als führe er ein unheimlich wichtiges Telefongespräch. Gleichzeitig starrt er die herumwuselnden Leute an. Das fällt nicht besonders auf, denn telefonierende Menschen sehen einen nicht wirklich an, ihr Blick wirkt leer, bloß weil sie ein möglichst exklusiv aussehendes Funkgerät am Ohr haben. Sie existieren in einer akustischen Parallelwelt, in der Augen nutzlos sind.
Walpar sieht Mitarbeiter, die freie Stellen für weitere Filmplakate suchen.
Andere füllen Regale mit Andenken. Wieder andere programmieren Getränkeautomaten, vermutlich darauf, potenziellen Kunden Zimt-Cola im Abo aufzuschwatzen, selbst wenn sie nur ein Fläschchen Leitungswasser in Premium-Papptüte wollen.
In diesem Moment klingelt der Pinguin an Walpars Ohr, und der Detektiv erstarrt zu einer Salzsäule. »Ist gerade ungünstig«, zischt er.
»Mir doch egal«, schnappt eine Stimme, die ein bisschen wie die seiner Ex-Schwiegermama klingt. Walpar findet, dass sie übertrieben oft anruft, wenn man berücksichtigt, dass er längst nicht mehr mit ihrem Sohn zusammen ist. Tilko! Sieht nicht der All-Com-Typ da vorne so aus wie er? Keine Ahnung, schon ist der Kerl hinter einem Pappaufsteller von Luke Skywalker und Prinzessin Leia verschwunden.
»Was ist?«, fragt Walpar unzufrieden in den Pinguin und überlegt, warum ihm sein Gehirn diesen Streich gespielt hat.
»Wo steckst du schon wieder? Wir haben Kerbil gefunden.«
Walpars Unterbewusstsein hört erleichtert damit auf, Ausreden zu erfinden. »Ich, äh«, macht Walpar und überlegt, ob er offen sprechen kann.
Theoretisch sollte sein Pinguin abhörsicher sein, und mindestens eine mittelgroße Abteilung der All Com weiß schon längst, dass er hier ist, allerdings nicht, dass er er ist. »Vor dem Kino in Gottes Kopf«, sagt Walpar.
Einen Moment scheint Nera zu überlegen. »Bleib, wo du bist. Wir sind gleich bei dir.«
Das ist nicht die Antwort, mit der Walpar gerechnet hat. Er massiert seine Schulter, die sich plötzlich daran erinnert, vor Kurzem eine Stahlkugel von tausend auf null Stundenkilometer abgebremst zu haben.
Ausgerechnet jetzt hat irgendein Kollege von All Com einen Knopf gedrückt, der alle Bildschirme zum Leben erweckt. Sofort wird Walpar vom Trailer zum neuen Streifen mit Woody Allen vollgejazzt, bis es jemand schafft, die Lautstärke runterzudrehen.
»Okay«, sagt Walpar, »dann bis gleich.« Er beendet das Gespräch und sieht den Pinguin kritisch an, als könne er ihm dabei helfen, das alles zu kapieren. Indirekt tut er das, indem er nicht darauf hinweist, dass das Gespräch den teuren Überlicht-Tarif nutzte. Neras Antworten kamen sehr zügig. Sie ist also wirklich in der Nähe, jedenfalls aber nicht auf Erde oder Mars.
»Hi Walpar«, sagt plötzlich jemand neben ihm, »was machst du denn hier?«
Walpar dreht den Kopf und sieht Tilko. Er macht die Augen zu und wieder auf, aber sein Ex steht immer noch vor ihm. Er verkneift es sich, ihn zu umarmen, obwohl irgendeine veraltete Schaltung in seinem Hirn darauf besteht. »Ich dachte, wir sind hier zur Premiere von Star Wars IXa verabredet.«
Tilko rollt die Augen. »Der läuft erst nächste Woche. Das Kino hat noch nicht geöffnet.«
Unschlüssig schaut Walpar seinen Pinguin an, dann den nächsten Bildschirm, der gerade Werbung für ein Enthaarungsmittel zeigt. Und doch sieht er nur Tilkos Gesicht vor sich, mit diesem Kinnbärtchen, mit dem blonden Stachelhaar und den blauen Augen, die immer etwas im Schilde führen. Walpar findet, dass Tilko heute trotz allem nicht wie Billy Idol aussieht, auf den er ziemlich abfährt. Es fehlen einfach die zerrissenen Lederklamotten. »Du hast also einen Job gefunden«, sagt Walpar und nickt mit dem Kinn hinüber zu den wuselnden Kollegen von All Com.
»In der gleichen bescheuerten Firma wie du«, entgegnet Tilko und zupft Walpar am T-Shirt.
Der grinst. »Alles Tarnung. Ich bin ein
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