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Wallander 10 - Wallanders erster Fall

Wallander 10 - Wallanders erster Fall

Titel: Wallander 10 - Wallanders erster Fall
Autoren: Henning Mankell
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durchgegangen, aber eine Lizenz dafür konnten wir nicht finden.«
    »Er hatte ihn wohl noch aus seiner Zeit auf See.«
    Hemberg zuckte mit den Schultern. »Bestimmt.«
    Wallander begleitete Hemberg hinunter auf die Straße.
    »Weil du sein Nachbar bist, dachte ich, du könntest vielleicht die Schlüssel an dich nehmen«, sagte Hemberg. »Wenn die anderen fertig sind, bringen sie sie dir. Paß auf, daß keiner die Wohnung betritt, bevor wir ganz sicher sein können, daß es Selbstmord war.«
    Wallander ging ins Haus zurück. Auf der Treppe begegnete er Linnea Almqvist, die mit einer Mülltüte auf dem Weg nach draußen war.
    »Was ist denn das für ein schreckliches Gelaufe hier auf der Treppe?« fragte sie streng.
    »Wir haben leider einen Todesfall«, erwiderte Wallander höflich. »Hålén ist gestorben.«
    Die Frau war anscheinend von der Nachricht erschüttert.
    »Ich glaube, er war ziemlich einsam«, sagte sie langsam. »Ich habe ein paarmal versucht, ihn zum Kaffee einzuladen. Er hat sich immer damit entschuldigt, daß er keine Zeit hätte. Dabei war Zeit wohl das einzige, was er hatte.«
    »Ich habe ihn kaum gekannt«, sagte Wallander.
    »War es das Herz?«
    Wallander nickte. »Ja«, antwortete er, »es war wohl das Herz.«
    »Dann wollen wir nur hoffen, daß hier keine lauten jungen Leute einziehen«, sagte sie und ging davon.
    Wallander kehrte in Håléns Wohnung zurück. Es war jetzt |28| leichter, nachdem die Leiche fortgebracht worden war. Ein Kriminaltechniker war dabei, seine Tasche zusammenzupacken. Der Blutfleck auf dem Linoleumboden war dunkel geworden. Stachel stand da und säuberte seine Fingernägel.
    »Hemberg hat gesagt, ich soll die Schlüssel an mich nehmen«, sagte Wallander.
    Stachel zeigte auf ein Schlüsselbund, das auf der Kredenz lag.
    »Ich wüßte gern, wem das Haus gehört«, meinte Stachel. »Ich habe eine Freundin, die eine Wohnung sucht.«
    »Hier ist es verdammt hellhörig«, gab Wallander zu bedenken. »Nur damit du es weißt.«
    »Hast du noch nichts von diesen exotischen neuen Wasserbetten gehört?« fragte Stachel. »Die knarren nicht.«
     
    Erst um Viertel vor sechs konnte Wallander Håléns Wohnungstür abschließen. Es waren immer noch mehrere Stunden, bis er Mona treffen sollte. Er ging in seine Wohnung und kochte Kaffee. Der Wind hatte zugenommen. Er schloß das Fenster und setzte sich in die Küche. Er war nicht dazu gekommen, Lebensmittel einzukaufen, und jetzt hatte der Laden geschlossen. Einen Laden, der am Abend noch geöffnet war, gab es in der Nähe nicht. Er dachte, daß ihm nichts anderes übrigblieb, als Mona zum Abendessen einzuladen. Seine Brieftasche lag auf dem Tisch. Er sah nach, ob er genügend Geld hatte. Mona liebte es, im Restaurant zu essen, aber Wallander fand, daß es rausgeschmissenes Geld war.
    Der Kaffeekessel pfiff. Er goß sich Kaffee in eine Tasse und tat drei Stücke Zucker hinein. Wartete darauf, daß er abkühlte.
    Irgend etwas beunruhigte ihn.
    Er wußte nicht, woher die Unruhe kam.
    Aber das Gefühl war sehr stark.
    Er wußte nicht, was es war. Aber es hatte mit Hålén zu tun. In Gedanken ging er das Geschehen noch einmal durch. Der Knall, der ihn geweckt hatte. Die Tür, die offengestanden hatte. Der tote Körper auf dem Fußboden im Zimmer. Ein Mann hatte Selbstmord begangen. Ein Mann, der zufällig sein Nachbar war.
    Dennoch stimmte irgend etwas nicht. Wallander ging ins Zimmer und legte sich aufs Bett. Lauschte in sich hinein. In seine Erinnerung. |29| Hatte er außer dem Knall noch irgend etwas anderes gehört? Vorher oder nachher? Waren andere Geräusche in seine Träume gedrungen? Er suchte, aber er fand nichts. Dennoch war er sich sicher. Er hatte etwas übersehen.
    Er stand auf und ging zurück in die Küche. Der Kaffee war jetzt abgekühlt. Ich bilde mir etwas ein, dachte er. Ich habe es selbst gesehen. Hemberg hat es gesehen. Alle haben es gesehen. Ein einsamer alter Mann hat Selbstmord begangen.
    Dennoch war ihm, als hätte er etwas gesehen, ohne zu begreifen, was es war.
    Gleichzeitig erkannte er, wie verlockend dieser Gedanke war. Daß er eine Beobachtung gemacht haben könnte, die Hemberg entgangen war. Es würde seine Chancen vergrößern, bald zum Kriminalbeamten aufzusteigen.
    Er blickte auf die Uhr. Er hatte immer noch Zeit, bevor er los mußte, um Mona vom Fähranleger abzuholen. Er stellte die Tasse in die Spüle, nahm das Schlüsselbund und ging in Håléns Wohnung. Als er ins Zimmer kam, war alles wie zuvor, als
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