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Wallander 10 - Wallanders erster Fall

Wallander 10 - Wallanders erster Fall

Titel: Wallander 10 - Wallanders erster Fall
Autoren: Henning Mankell
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Fragen interessiert. Auch wenn ich versucht habe, mit ihm darüber zu diskutieren.
    Aber Wallander irrte sich. »Jeder anständige Mensch muß diesen Krieg verurteilen«, sagte der Vater entschieden.
    »Und jeder Mensch muß seine Arbeit tun«, erwiderte Wallander mit mühsam bewahrter Ruhe.
    »Du weißt, was ich dir gesagt habe. Du hättest nie Polizist werden sollen. Aber du wolltest ja nicht auf mich hören. Jetzt siehst |21| du mal, was dabei herauskommt. Schlägst unschuldigen kleinen Kindern mit Knüppeln auf den Kopf.«
    »Ich habe keinen verdammten Menschen in meinem ganzen Leben je geschlagen«, erwiderte Wallander plötzlich richtig empört. »Außerdem benutzen wir keine Knüppel, sondern Schlagstöcke. Wo willst du denn mit dem Bild hin?«
    »Ich will es gegen einen Luftbefeuchter tauschen.«
    »Und was willst du mit einem Luftbefeuchter?«
    »Den will ich gegen eine neue Matratze tauschen. Die, die ich jetzt habe, ist durchgelegen. Ich kriege Rückenschmerzen davon.«
    Wallander wußte, daß sein Vater häufig in seltsame Transaktionen verwickelt war, bei denen die Ware, die er brauchte, viele Stationen durchlief, bevor sie endlich in seinen Händen landete.
    »Willst du, daß ich dir helfe?« fragte Wallander.
    »Ich brauche keine Polizeibewachung. Aber du könntest ruhig mal abends vorbeikommen und ein bißchen Karten spielen.«
    »Ich komme«, erwiderte Wallander, »sobald ich Zeit habe.«
    Karten spielen, dachte er. Das letzte, was uns noch verbindet.
    Der Vater hob das Bild an. »Warum kriege ich eigentlich keine Enkelkinder?« fragte er. Aber er wartete nicht auf die Antwort, sondern ging davon.
    Wallander blickte ihm nach. Dachte, daß es gut war, daß der Vater jetzt nach Österlen zog. Dann riskierte er nicht mehr, ihm jederzeit über den Weg zu laufen.
     
    Wallander wohnte in einem alten Haus in Rosengård. Das ganze Viertel war ständig vom Abriß bedroht, aber er fühlte sich hier wohl. Auch wenn Mona ihm gesagt hatte, daß sie in einem anderen Viertel wohnen wollte, falls sie heiraten sollten. Wallanders Wohnung bestand aus einem Zimmer, Küche und einem engen Bad. Es war seine erste eigene Wohnung. Die Möbel hatte er auf Auktionen und bei Trödlern erstanden. An den Wänden hingen Plakate. Mit Blumenmotiven oder Paradiesinseln. Weil der Vater zwischendurch zu Besuch kam, hatte er notgedrungen eine seiner Landschaften an der Wand über dem Sofa aufgehängt. Er hatte eine ohne Auerhahn gewählt.
    Aber das wichtigste im Zimmer war das Grammophon. Wallander |22| hatte nicht viele Platten. Und es waren fast nur Opernplatten. Wenn er einmal Kollegen bei sich zu Besuch hatte, fragten sie ihn jedesmal, wie er sich solche Musik anhören könne. Deshalb hatte er außerdem ein paar andere Platten gekauft, um sie bei solchen Anlässen parat zu haben. Aus irgendeinem ihm unbekannten Grund begeisterten sich viele Polizisten für Roy Orbison.
    Um kurz nach eins hatte er gegessen, Kaffee getrunken und das Gröbste geputzt. Dabei hatte er eine Platte mit Jussi Björling gehört. Es war seine erste Platte gewesen. Sie war inzwischen völlig verkratzt, aber er hatte oft gedacht, daß er sie als erstes retten würde, wenn plötzlich im Haus ein Brand ausbräche.
    Er hatte die Platte gerade zum zweitenmal aufgelegt, als es an der Decke klopfte. Wallander drehte die Lautstärke herunter. Über ihm wohnte eine Rentnerin, die früher ein Blumengeschäft gehabt hatte. Sie hieß Linnea Almqvist. Wenn sie meinte, daß er seine Musik zu laut spielte, dann klopfte sie auf den Fußboden, und er stellte gehorsam das Grammophon leiser. Das Fenster stand offen. Die Gardine, die Mona aufgehängt hatte, wehte im Wind. Er legte sich aufs Bett. Er fühlte sich müde und faul. Es war gut, einmal richtig auszuspannen. Er blätterte in einer Nummer des
Playboy
. Den versteckte er sorgfältig, wenn Mona zu Besuch kam. Kurz danach lag die Zeitschrift auf dem Fußboden, und er war eingeschlafen.
    Er erwachte mit einem Ruck. Ein Knallen. Woher es gekommen war, konnte er nicht sagen. Er stand auf und ging in die Küche hinaus, um zu sehen, ob etwas auf den Boden gefallen war. Aber dort war alles in Ordnung. Dann ging er zurück ins Zimmer und schaute aus dem Fenster. Der Hof zwischen den Häusern war verlassen. Ein blauer Overall hing einsam an einer Wäscheleine und bewegte sich leicht im Wind. Wallander war aus einem Traum gerissen worden. Das Mädchen im Café hatte darin eine Rolle gespielt, aber der Traum war unklar und
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