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Wallander 10 - Wallanders erster Fall

Wallander 10 - Wallanders erster Fall

Titel: Wallander 10 - Wallanders erster Fall
Autoren: Henning Mankell
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anderen Worten kein Epilog, sondern ein Prolog. Obwohl er zuletzt geschrieben ist.
    Wallander ist für viele ein lebendiger Mensch geworden. Er ist aus den Buchseiten herausgetreten und zu einem Mitmenschen geworden. Auch wenn alle im Innersten natürlich wissen, daß er nur in der Vorstellung existiert. Aber er hat trotzdem eine Vergangenheit. Er war einmal jung. In diesen Erzählungen versuche ich, einige der frühesten Teile seines Lebens, so wie ich sie mir vorstelle, in das Bild einzufügen.
    Kein Bild wird jemals vollständig. Aber diese Geschichten gehören zur Serie über Wallander. Ich mache den Sack zu. Die letzten Zeilen in diesem Buch sind der Beginn eines neuen Falls:
Mörder ohne Gesicht.
    Doch auch wenn dies ein Epilog ist, der eigentlich einen Prolog darstellt, so ist es nicht nur eine Tür, die sich schließt. Hinter diesem Sack, der zugebunden wird, gibt es schon eine Fortsetzung. In seiner Jugend konfrontierte Wallander seinen Vater mit dem Entschluß, Polizist zu werden, was der Vater nie ganz akzeptiert hat. Jetzt, am Ende von
Die Brandmauer,
an einem Strand in der Nähe von Ystad, stellt Wallanders Tochter Linda ihn vor die gleiche Situation. Sie hat beschlossen, Polizistin zu werden. Und er reagiert positiv. Vielleicht, weil Lindas Entscheidung seinem eigenen Berufsleben eine Art von Würde verleiht. Linda besucht in den späten 90er Jahren die Polizeihochschule. Und als sie ihre Ausbildung abgeschlossen hat, kehrt sie nach Ystad zurück und wird die Kollegin ihres Vaters.
    Eine Erzählung ist zu Ende gegangen. Eine andere wird bald beginnen   ...
     
    Henning Mankell
    Im November 2001

|13| Wallanders erster Fall

|15| 1
    Am Anfang war alles nur ein Nebel.
    Ein dickflüssiges Meer, in dem alles weiß und still war. Eine Landschaft des Todes. Das war auch das erste, was Kurt Wallander dachte, als er langsam wieder zur Oberfläche aufstieg. Daß er schon tot war. Er war nur einundzwanzig Jahre alt geworden. Ein junger Polizist, kaum erwachsen. Ein fremder Mann mit einem Messer war auf ihn zugestürzt, und er hatte keine Chance gehabt, sich zur Seite zu werfen.
    Dann war nur der weiße Nebel dagewesen. Und das Schweigen.
    Langsam erwachte er – langsam kehrte er ins Leben zurück. In seinem Kopf wirbelten unklare Gedanken. Er versuchte sie im Flug zu fangen, wie man Schmetterlinge fängt, aber die Bilder entglitten ihm, und nur mit äußerster Mühe gelang es ihm zu rekonstruieren, was eigentlich geschehen war   ...
     
    Wallander hatte frei. Es war der 3.   Juni 1969, und er hatte Mona gerade zu einem der Dänemarkboote gebracht. Nicht zu einem der neuen, dieser Tragflächenboote, sondern einem von den alten, auf denen man während der Überfahrt nach Kopenhagen immer noch Zeit für eine ordentliche Mahlzeit hatte. Sie wollte eine Freundin treffen. Sie wollten vielleicht in den Tivoli gehen, aber hauptsächlich in Modegeschäfte. Wallander wäre gern mitgekommen, denn er hatte frei. Aber Mona hatte nein gesagt. Die Reise war nur für sie und ihre Freundin gedacht. Sie wollten keine Männer dabeihaben.
    Jetzt sah er das Schiff durch die Hafenausfahrt verschwinden. Mona würde am Abend zurückkommen, und er hatte ihr versprochen, sie abzuholen. Wenn das gute Wetter sich hielt, würden sie einen Spaziergang machen und dann in seine Wohnung draußen in Rosengård gehen.
    |16| Wallander merkte, daß allein der Gedanke ihn erregte. Er strich sich über die Hose und ging schräg über die Straße zum Bahnhofsgebäude. Dort kaufte er ein Päckchen Zigaretten, wie üblich John Silver, und zündete sich eine an, noch bevor er den Bahnhof wieder verließ.
    Wallander hatte keine Pläne für diesen Tag. Es war ein Dienstag, und er hatte frei. Er hatte viele Überstunden angesammelt, vor allem wegen der großen und ständig wiederkehrenden Demonstrationen in Lund und Malmö. In Malmö war es zu Konfrontationen gekommen. Wallander war die ganze Situation zuwider gewesen. Was er selbst über die Forderungen der Demonstranten dachte, daß die USA aus Vietnam verschwinden sollten, wußte er nicht. Am Tag zuvor hatte er versucht, mit Mona darüber zu reden, doch sie hatte nichts anderes zu sagen gewußt, als daß die Demonstranten nur auf Randale aus waren. Als Wallander nicht klein beigab und meinte, daß es kaum richtig sein konnte, wenn die größte Kriegsmacht der Welt ein armes Bauernland in Asien bombardierte, oder zurück in die Steinzeit bombte, wie ein amerikanischer hoher Militär einer Zeitung
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