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Wall Street Blues

Wall Street Blues

Titel: Wall Street Blues
Autoren: Annette Meyers
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zurücknehmen — das nennt sich Rückkauf. Oder wir machen es umgekehrt und kaufen ihre Bundesanleihen, wenn sie Bargeld brauchen, und sie können sie zu einem festgelegten späteren Termin von uns rückkaufen. Kommen Sie mit?«
    »In anderen Worten, die Firma verkauft Bundesanleihen an jemanden und kauft sie dann zu einem höheren Preis an einem im voraus verabredeten Tag zurück.«
    »Genau, irgendwo zwischen dreißig und zweihundertsiebzig Tagen danach. Der Preisunterschied macht den Profit des Kunden aus. Und eine umgekehrte Repo ist, wenn wir die Anleihe von dem Kunden kaufen und verabreden, sie ihm später wieder zu verkaufen.« Er schaufelte eine Handvoll Nüsse vom Teller auf und schob sie zwanghaft in den Mund.
    »Okay.«
    »Sie kennen mich doch. Ich nehme es keinem übel, wenn er Geld machen kann«, sagte Barry. »Ich bin nur einfach neugierig. Ich hätte gern ein Stück davon, wenn ich es kriegen kann.« Er lächelte beinahe. »Ich höre zu. Ich bleibe länger da. Ich schnüffle ein bißchen herum. Ich möchte wissen, was vor sich geht. Auf diese Weise lerne ich.«
    »Ich wußte nicht, daß Jake sich mit Bundesanleihen abgibt — scheint etwas zu zahm für ihn. Was haben Sie also herausgefunden, Barry?«
    »Jake mischt überall mit, wo Geld zu holen ist. Deshalb bin ichja ursprünglich hingegangen. Aber irgendwas geht dort vor, das nicht koscher ist. Ich habe Beweise. Ich muß mich absichern, oder? Kein Mensch wird mich schützen?«
    »Beweise wofür? Wovor schützen?«
    »Hören Sie zu, vor etwa sechs Monaten... Scheiße, vergessen Sie’s... Sie müssen etwas für mich tun, Wetzon. Es geht um meine Versicherung. Es ist eine Vertuschung... das FBI... «
    Eine lachsrosa Jacke kam mit einem Vorspeisentablett vorbei. Es war genau nach Wetzons Geschmack, Tatar auf kleinen Stücken Schwarzbrot. Barry nahm zwei Stücke, dann nahm Wetzon eins und noch eine Serviette. Als sie sich Barry wieder zuwandte, war sein Gesicht käsig. Angst breitete sich vom Grübchen in seinem Kinn über die zusammengepreßten Kiefer aus. Über dem weißen Hemdkragen schwollen die Sehnen an seinem Hals an und wurden hart. Sein Kopf begann krampfhaft auf und ab zu zucken.
    »Was haben Sie denn, Barry?« Wetzon hatte plötzlich Angst, er würde ohnmächtig werden. »Barry?« Sie sah über den Balkon in die Richtung, in die Barry starrte, sah aber nichts Ungewöhnliches. Niemand stand auf der Treppe, niemand sah zu ihnen herauf.
    »Ich muß telefonieren.« Barry stand abrupt auf, stieß dabei an den Tisch und verschüttete den Rest seiner Bloody Mary. Die rote Flüssigkeit ergoß sich über die glänzende Nußbaumplatte. «Entschuldigung — bin gleich zurück.« Er entfernte sich mit schnellen Schritten.
    Wetzon saß sprachlos am Tisch mit den roten Flecken und dem Rest ihres Perriers, das nicht umgefallen war. Sie hielt immer noch das unangebissene Stück Tatarbrot in der Hand, während sie Barry eilig die Treppe hinunterspringen sah und fast damit rechnete, daß er stürzte. Dann blieb er stehen, warf einen Blick auf die Bar, sah dann zu ihr hoch und lief weiter, bis sie ihn nicht mehr sah.
    Martin sah von der unteren Ebene fragend zu ihr hoch. Sie schüttelte den Kopf und formte mit den Lippen: »Alles in Ordnung.«

W etzon putzte den Rest des würzigen Tatars weg und streckte die Beine unter dem Tisch aus. Ihr rechter Fuß stieß an etwas Hartes. Sie schob vorsichtig den Stuhl zurück und blickte nach unten. Es war Barrys Diplomatenkoffer.
    »Jetzt wissen wir wenigstens, daß er zurückkommt«, murmelte sie und fragte sich, in was für Schwierigkeiten er stecken mochte. Sie hatte ihn nie verunsichert gesehen.
    Wieder rief sie sich ihre erste Begegnung mit Barry ins Gedächtnis, ebenfalls im Four Seasons. Er war damals so überzeugt von seinem Erfolg gewesen.
    »Nicht jede Firma«, hatte sie ihren Versuch gestartet, »ist schließlich die richtige für jeden Makler. Es kommt sehr stark auf die Atmosphäre zwischen Ihnen und der Firma, zwischen Ihnen und dem Chef an. Eine Menge hängt von der Art der Geschäfte ab, die Sie tätigen, ob sie gemischt sind, die ganze Palette umfassen oder nur Aktien und festverzinsliche Wertpapiere. Machen Sie besonders in Wertpapieren? Oder privaten Anlagen?«
    »Nee«, hatte er gesagt. »Jetzt meistens Aktien. Aktien und Optionen.«
    »Dann wäre Ihnen also nicht mit einer Firma gedient, die auf Kommanditgesellschaften und festverzinsliche Wertpapiere spezialisiert ist?«
    »Hören Sie.« Er hatte mit
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