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Wall Street Blues

Wall Street Blues

Titel: Wall Street Blues
Autoren: Annette Meyers
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sichern, und jetzt stecke ich tief in der Patsche.«
    Martin erschien mit Elan neben ihnen. »Balkon?« fragte der Oberkellner, weil er wußte, daß Wetzon diesen Bereich wegen seiner Ungestörtheit vorzog.
    »Ja«, antwortete Barry, bevor Wetzon ein Wort sagen konnte.
    Der Grillroom bestand eigentlich aus drei getrennten Bereichen. Auch der Barbereich gehörte dazu und war vom eigentlichen Grillroom durch große Rauchglasscheiben abgeteilt. Diese »Schutzschirme« waren nicht mehr als eineinhalb Meter hoch, gerade ausreichend, um die Bar und ihre lärmenden Spaßvögel vom konservativeren Publikum zu scheiden, das den eigentlichen Grillroom bevorzugte.
    Der Grillroom war nach hinten durch eine Wand mit Rosenholztäfelung abgeschlossen, zu deren beiden Seiten eine Treppe mit etwa einem Dutzend Stufen zu einem offenen Balkon mit zwei langen Tischreihen führte, von wo aus man den Hauptraum überblickte. Der Balkon bot die beste Sicht auf den gesamten Bereich. Von diesem Platz aus konnte man jeden kommen und gehen sehen.
    Barry legte seine Hand auf ihren Ellbogen, als sie die Treppe hinaufgingen, eine seltsame, fast drollige Geste bei ihm. Der letzte Mann, der das getan hatte, war ein sehr höflicher älterer Broadway-Produzent gewesen, der Wetzon einige Male zum Essen ausgeführt hatte, weil er sie für eine Produktion gewinnen wollte. Sie lächelte, als sie daran dachte.
    Sie wählten einen Tisch, und Martin zog die Stühle für sie vor.
    »Das Übliche?« fragte Martin und lachte Wetzon mit den Augen an.
    »Ja, bitte.«
    »Was darf ich Ihnen bringen?« fragte er Barry.
    »Eine Bloody Mary.« Barry lachte kurz auf.
    Er ließ sie allein, und ein lachsrosa befrackter junger Mann eilte mit einem Tellerchen gesalzener Nüsse herbei.
    Barry war immer aufgekratzt, aber Wetzon hatte ihn noch nie so aufgeregt erlebt. Seine Hände zitterten, als er nach den Nüssen langte. Und er suchte pausenlos die untere Ebene des Grillrooms ab und studierte jeden, der kam oder ging. Er zuckte zusammen, als das Salz an den Nüssen seine aufgeplatzte Lippe berührte.
    »Was hat die Sonnenbrille zu bedeuten?« fragte sie leichthin.
    »Ich mußte Sie sehen.« Barry überging die Frage. »Ich muß Sie um einen Gefallen bitten.« Er hob die dunkle Brille an und senkte sie schnell wieder, so daß sie kurz ein schlimm zugerichtetes Auge zu sehen bekam. Sie schrak zurück.
    »Okay, ich bin da. Wo liegt das Problem?«
    »Das ist eine lange Geschichte.« Er seufzte und strich nervös sein Haar zurück. »Du meine Güte, schauen Sie sich meine Hände an«, fuhr er fort. »Ich hatte alles hinbekommen — ich hatte es geschafft .« Es klang fast überheblich. Er schlug mit der Faust auf den Tisch, die Stimme trotzig erhoben. »Ich weiß nicht, wie er mir auf die Schliche gekommen ist...«
    »Barry«, versuchte Wetzon, ihn zu beruhigen, »erzählen Sie doch einfach, was...«
    »Ach, Scheiße.« Plötzlich fiel die ganze zur Schau gestellte Sicherheit von ihm ab, und er stützte den Kopf in die Hände. »Sie wissen doch, daß Jake sich ziemlich intensiv mit Ersteinführungen befaßt«, sagte er.
    »Weiß ich, aber genau das haben Sie doch gewollt, oder?«
    »Klar, ich wollte den Teil des Geschäfts lernen, weil ich mir vorstellte, daß da in den nächsten paar Jahren das große Geld gemacht wird.«
    Barry hatte ständig eine neue Theorie, wo und wie das große Geld verdient wurde. Erst war es der Freiverkehrsmarkt, dann waren es Übernahmepakete, bei denen der Erfolg häufig auf Insider-Informationen beruhte. Jetzt waren es Ersteinführungen — Neuemissionen — , womit er bei Jake Donahue zu tun hatte.
    »Ich dachte wirklich, diesmal hätte ich es geschafft.« Sein Lachen war bitter. »In dieser Branche kann man nie zuviel wissen, aber dieses eine Mal weiß ich wohl zu viel...«
    »Barry, wollen Sie mir nicht endlich sagen, worum es geht?«
    »Ich bin tot«, sagte er. »Ich...« Ihre Drinks kamen auf einem kleinen braunen Tablett mit einer lachsrosa Serviette unter jedem Glas. Ohne zu warten, bis die lachsrosa Jacke verschwunden war, nahm Barry einen kräftigen Schluck.
    »Wissen Sie, was wir als Repos bezeichnen?«
    »Irgendwas mit Bundesanleihen, aber ich weiß es nicht genau«, antwortete Wetzon. Seine Aufgeregtheit bereitete ihr Unbehagen.
    »Also das sind Rückkaufabsprachen. Wir und vergleichbare Firmen verkaufen Bundesanleihen an Banken, Kommunen und Privatkunden, und dann vereinbaren wir, daß wir sie später mit Gewinn für die Bank oder Stadt
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