Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wall Street Blues

Wall Street Blues

Titel: Wall Street Blues
Autoren: Annette Meyers
Vom Netzwerk:
wohnte, kurz zu Gesicht bekommen, oder, nicht ganz so aufregend, Steve Sondheim, der im anderen wohnte. Sie war schon immer ein Fan von beiden gewesen. Vor langer Zeit hatte sie Sondheim kennengelernt, als sie in einer Wiederaufnahme der West Side Story getanzt hatte, aber er würde sich wohl nicht mehr an sie erinnern. Die Hepburn hatte sie nie persönlich getroffen.
    Sie bog in die 3. Avenue ein und ging sie bis zur 52. Street hoch, bog links ab und überquerte die Straße. Es war schwer, das Four Seasons zu entdecken, selbst wenn man wußte, daß es hier war, weil der einzige Hinweis eine flache, unauffällige braune Markise war. Sie mußte dabei immer an die Geschichte von dem Restaurant denken, das so »in« war, daß es seine Telefonnummer nicht bekanntgab.
    Smith und Wetzon waren Stammgäste. Sie hatten ihre Firma bei Drinks im Four Seasons begründet, und jetzt trafen sie sich dort zu festlichen Abendessen, Mittagessen mit Auftraggebern und Drinks mit Kandidaten.
    »Hallo, Miss Wetzon«, sagte der junge Mann an der Garderobe, als er sie sah. »Wie geht es Ihnen heute?«
    »Prima, J. P.«, antwortete Wetzon. »Sie sehen, kein Mantel, und ich fühle mich immer herrlich, wenn es Frühling wird.«
    Sie sah auf die Uhr und wandte sich nach links zur Damentoilette. Sie hatte noch Zeit, ihr Make-up zu kontrollieren.
    Auf dem Sofa vor den Toiletten hockte eine winzige Frau in mittleren Jahren, deren Füße kaum auf den Boden reichten, und blätterte ein Buch durch, das wie ein altes Adreßbuch aussah. Die einzige andere Frau überprüfte vor der Reihe der Frisiertische mit den von Glühbirnen umrahmten Theaterspiegeln ihr Augen-Make-up. Die Blondine, die sich die Augenparie schminkte, sah Wetzon im Spiegel an, taxierte sie automatisch und nahm dann keine Notiz mehr von ihr. Die ältere Frau trug ein klassisches Kostüm und hatte die obligatorische Aktentasche neben sich auf dem Sofa liegen. Sie sah nicht auf, und Wetzon setzte sich vor einen Frisiertisch und musterte sich im Spiegel.
    Sie zog ein Kleenex aus dem Spender an der Wand und tupfte eingebildeten Staub von ihrer glatten Haut. Im nächsten Raum wurde eine Toilette gespült, eine Tür geöffnet und geschlossen, Hände wurden gewaschen und vermutlich eine der angebotenen Hautcremes oder -lotions verwendet. Münzen klirrten auf den Teller, und eine große attraktive Frau erschien. Die sehr hohen Absätze, die sie trug, machten sie noch größer, und ihr schulterlanges Haar war glänzend kupfern, unverwechselbar und ungewöhnlich. Sie trug einen schwarzen Hut mit breiter, gebogener Krempe und eine große dunkle Brille. Ihre Kleidung war leger und seidig glänzend, und sie hatte einen dunklen Nerzmantel um die Schultern gelegt. Sie musterte sich rasch von Kopf bis Fuß im Spiegel neben der Tür und ging in einer Wolke von Maiglöckchenduft hinaus. Dior vielleicht. Die Frau auf dem Sofa räusperte sich leise. Ihre Augen trafen Wetzons Blick im Spiegel. Schwestern. Beide dachten: Dieses Mädchen verdient seinen Lebensunterhalt nicht durch Arbeit , wenigstens nicht durch unsere Art von Arbeit. Sie lächelten sich zu.
    Wetzon zog die Lippen ein wenig nach und stand auf. Es war fast fünf, und Barry Stark war entweder schon da oder mußte jeden Moment kommen. Sie bürstete die Schultern und Ärmel ihrer Kostümjacke ab, zog die Strumpfhose von den Knöcheln her glatt, warf einen Blick auf ihr Spiegelbild in dem hohen Spiegel und ging auf die Treppe zu, um Barry zu treffen.
    An der Wand vor der Damentoilette hing ein großes Farbfoto mit Bäumen im Frühling, und als sie oben an der Treppe ankam, sah sie auf der linken Seite Bäume in Töpfen stehen, ebenfalls frühlingshaft mit dicken Knospen. Die jungen Männer und Frauen, die im Restaurant arbeiteten, trugen alle schon ihre Frühlingsuniformen, blaß lachsrosajacken zu braunen Hosen. Sie sahen frisch und strahlend aus. Links von ihr waren drei Sessel unter die Topfbäume gerückt. Barry war nicht da.
    Rechts, auf der anderen Seite der Treppe, befand sich die große Bar, ein Quadrat mit abgerundeten Ecken, an dem sich wie immer um diese Uhrzeit die Leute drängten. Und laut war es. Jeder versuchte zu demonstrieren, wie sehr er sich amüsierte. Ihr Blick fiel kurz auf die Frau mit der Sonnenbrille und dem glänzenden Haar, die sich an einem der kleinen Tische nahe der Bar angeregt mit einem großen Mann unterhielt.
    Als sie sich wieder nach den Stühlen umdrehte, lief sie Leon Ostrow, ihrem Anwalt, direkt in die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher