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Wahn

Wahn

Titel: Wahn
Autoren: Christof Kessler
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zog ihr Smartphone heraus. »Ich habe den Herrn Hubert Koch gegoogelt, er hat in Putbus ein Büro.«
    »Projektplanung und Projektverwaltung Koch, Sie sprechen mit Eva Käferlein«, meldete sich Kochs Sekretärin.
    »Ich bin ein Bekannter von Herrn Koch, ich möchte ihn dringend einmal sprechen.« Wenige Minuten später hörte Michael eine sonore Stimme, die ihm ganz und gar nicht vertraut vorkam. Er erklärte so kurz und bündig wie es ging, was er von Herrn Koch wollte und dass er ihn unbedingt sehen musste.
    »Klar kann ich mich an Sie erinnern, aber über was sollen wir denn reden?«
    »Herr Koch, ich brauche Ihre Hilfe. Während der Zeit, in der wir zusammengewesen sind, war ich krank, ich kann mich an nichts mehr erinnern. Ich muss unbedingt herausfinden, was an diesem Morgen wirklich geschehen ist.«
    »Also gut, wenn Sie in Schaprode sind, können Sie in weniger als 45 Minuten hier bei mir in Putbus sein. Wir treffen uns um 12:00 Uhr in der Orangerie, im Schlossgarten, dort ist ein kleines Café.«
    »Wir fahren gleich los«, sagte Michael.
    Als sie in dem Café der Orangerie des ehemaligen Schlosses von Putbus ankamen, war nur ein Tisch besetzt, an dem ein athletischer Mittvierziger saß. Er trug sein graumeliertes Haar sehr kurz geschnitten und schaute ihnen mit wasserblauen Augen erwartungsvoll entgegen. »Schön, dass wir uns wiedersehen, mein Lieber«, sagte er und klopfte Michael wohlwollend auf die Schulter. »Ich freue mich, dass sich jetzt Ihre Frau um Sie kümmert. Als ich Sie am Fähranleger in Vitte zwischen all den Menschen habe stehen sehen, haben Sie einen ziemlich ratlosen Eindruck auf mich gemacht.« Michael und Gudrun bestellten ebenfalls Kaffee und setzten sich zu Hubert Koch an den Tisch. Gudrun fand ihn von Anfang an unsympathisch. Er machte einen aalglatten und verschlagenen Eindruck auf sie. Aber augenscheinlich hatte er sich um Michael gekümmert, als es ihm nicht gut ging. »Ich sollte nicht so viele Vorurteile haben«, dachte sie bei sich. Hubert Koch schilderte den Ablauf des Vormittags und erzählte, dass er sich um Michael Sorgen gemacht und ihn aus diesem Grund angesprochen hatte. Die Frage, ob er auch mit der Fähre nach Schaprode übersetzen wollte, hatte Michael bejaht. »Sie haben sogar gesagt, dass Sie auf Rügen etwas Wichtiges zu erledigen hätten. Ich habe das dann akzeptiert und auch nicht weiter nachgefragt.« Als die Fähre in Schaprode angelegt hatte, machte Michael keine Anstalten, sich von Hubert Koch zu trennen, er hatte ihn zu seinem Wagen auf dem Parkplatz begleitet und war mit ihm in Richtung Putbus gefahren.
    »Wann haben sich unsere Wege getrennt?«, fragte Michael gespannt.
    »An der großen Kreuzung, an der es rechts nach Stralsund geht und links nach Bergen. Da ist der Pennymarkt, ich wollte noch eine Kleinigkeit einkaufen und habe dort Station gemacht. Ich bin kurz in den Markt hineingegangen, und als ich herauskam, saßen Sie nicht mehr im Wagen. Ich sah Sie etwas weiter weg bei einem jungen, südländisch wirkenden Mann stehen. Sie winkten und riefen: ›Ich fahre jetzt mit dem jungen Mann weiter.‹ Dann habe ich Sie nicht mehr gesehen.«
    »Das muss der Mann von der Autoschieberbande gewesen sein«, sagte Michael. »Jetzt haben wir den ersten Teil des Puzzles zusammen. Ich habe noch eine Frage«, er zog den Tresorschlüssel aus der Tasche: »Kommt Ihnen dieser Schlüssel bekannt vor?« Gudrun glaubte für einen kurzen Moment so etwas wie Verwunderung auf Kochs Gesicht zu bemerken, bevor er zögernd antwortete: »Habe ich nie gesehen, ist offensichtlich ein Tresorschlüssel, wo haben Sie den denn her?«
    »Den habe ich in meiner Hosentasche gefunden, als ich ins Krankenhaus eingeliefert worden bin. Wahrscheinlich hat ihn mir eines der Bandenmitglieder zugesteckt, als wir in die Polizeikontrolle gekommen sind.«
    Als sie nach dem Treffen wieder in Richtung Schaprode fuhren, fragte Gudrun: »Traust du dem Kerl?«
    »Warum sollte ich nicht?«, antwortete er.
    »Er hat so unsicher reagiert, als du ihm den Schlüssel gezeigt hast«, entgegnete Gudrun.
    »Ist mir nicht aufgefallen, ich fand ihn ganz normal.« Sie näherten sich der Kreuzung, von der Hubert Koch gesprochen hatte. »Ich fahre dort einmal auf den Parkplatz, hier soll ich ja umgestiegen sein.« Michael parkte vor dem Pennymarkt, stieg aus und atmete tief durch. Gudrun beobachtete, wie er seinen Blick über die Autos schweifen ließ und dann vor sich hin murmelnd zwischen den Autos hin und her
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