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VT02 - Der gierige Schlund

VT02 - Der gierige Schlund

Titel: VT02 - Der gierige Schlund
Autoren: Michael M. Thurner
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dem Warum.
    »Vorsicht. Angst. Rachegelüste«, sagte Kinga. »Such’s dir aus.«
    »Iinz…«, flüsterte Aksama, als wäre ihm die Antwort gleichgültig. »Sie wird sterben, wenn man ihr nicht dient.«
    Kinga schüttelte den Kopf. Selbst jetzt, da der Wahnsinnige Frieden mit sich selbst machen sollte, blieben seine Gedanken bei der eingebildeten Gottheit.
    »Iinz braucht Betreuung, braucht Hilfe!«, fuhr Aksama fort. »Kann es nicht alleine schaffen.«
    Seit wann benötigte ein höheres Wesen Unterstützung? Der Sterbende sprach im Delirium.
    Einerlei. Die Unruhe in Kinga wuchs. Er musste Lourdes so rasch wie möglich aus den Klauen der Gruh befreien. Er ließ Aksama liegen, wo er war, und raffte so rasch wie möglich alle Ausrüstungsteile zusammen, die ihm irgendwie brauchbar erschienen. Müde stolperte er in jene Richtung, die ihm der ehemalige Woormreiter gewiesen hatte.
    Der Boden unter ihm schwankte. Abrupt, scheinbar Wellen schlagend.
    Ein unterirdischer Vulkanausbruch!, fuhr es Kinga durch den Kopf. Das flüssige Feuer bahnt sich einen Weg hierher!
    Er stürzte, rappelte sich wieder hoch. Hinter ihm ertönte ein Schrei, unmenschlich, so schrecklich und widerlich, wie er ihn noch niemals zuvor gehört hatte. War es denn tatsächlich Aksama, der all seine Kraft in diesen einen Moment legte und all seine Ohnmacht hinausbrüllte?
    Einerlei. Weg, nur weg!
    Übel riechende Luft legte sich über den Höhlenraum. Ein feuchter Wind fauchte durch die labyrinthischen Gänge. Er kam aus riesigen Löchern, die sich im Boden auftaten. Kinga presste sich die Maske so gut es ging gegen das Gesicht, während er verzweifelt nach dem richtigen Ausgang suchte. Ein Felsbrocken stürzte von der berstenden Decke herab. Knapp neben ihm prallte er auf und platzte entzwei. Seltsame organische Substanzen ergossen sich über Kinga.
    Da! Ein Loch, kaum groß genug, um durchkriechen zu können. Dies musste der richtige Weg sein.
    Er quetschte seinen Leib in den Durchgang, half strampelnd mit den Beinen nach. Die Röhre war gut und gern zwanzig Meter lang. Am anderen Ende erwartete ihn fahler Lichtschein. Kingas Herz schlug wie rasend. Das unterirdische Feuerbeben würde sich zweifelsohne auch in den Nebenkavernen des riesigen Saals ausbreiten. Wenn Lourdes und die Gruh tatsächlich in einem Bodenloch gefangen waren, mochten sie ohne weiteres verschüttet, von Steinschlag getötet oder vom Flammenmeer verschlungen werden.
    »Hilfe!«, hörte er die hohle Stimme einer Frau, und noch einmal: »Hilfe!«
    Ja. Das war sie. Lourdes. Seine Liebe.
    Er schob und trat wie ein Verrückter, zwängte sich mit aller verbliebenen Kraft durch den schmalen Verbindungstunnel. Er musste die Prinzessin rechtzeitig erreichen.
    ***
    Aksama hatte nichts zu bereuen. Seine damalige Entscheidung, nach Jahren der Forschung und Suche hier herab zu kommen und Iinz zu helfen, war die einzig Richtige gewesen.
    Niemals hatte er sich mit anderen Menschen verstanden. Selbst der Bruder war ihm stets fremd geblieben. Doch Iinz, die er hier für alle Zeiten eingeklemmt zwischen Äonen alten Gesteinsstrukturen gefunden hatte, verdiente alle Aufmerksamkeit, die man ihr geben konnte.
    Mehr als zwanzig Jahre lang hatte er die Urmutter gepflegt, hatte er dafür gesorgt, dass sie nicht vor ihrer Zeit starb und ihre großartige Tätigkeit fortführen konnte.
    Die Kilmalier würden niemals erfahren, was er für sie getan hatte. Doch sie würden sich wundern, dass nun keine jungen Maelwoorms mehr aus den Nestern ihrer scheinbaren Eltern krochen und gebändigt werden konnten.
    Aksama klopfte, so stark es ging, gegen den Untergrund. Iinz lag unter ihm – die Mutter aller Maelwoorms. Fünfhundert oder mehr Meter lang. Ein Geschöpf von so unglaublichen Ausmaßen, dass es sich schon lange nicht mehr bewegen konnte und nur noch als Gebärmaschine fungierte.
    Immer wieder hatte er versucht, Iinz freizuschaufeln und ihr ein Fortkommen zu ermöglichen. Doch der Untergrund erwies sich als zu schwierig, von vielen Felsflözen durchzogen, sodass der Maelwoorm, kaum befreit, gleich wieder stecken blieb.
    Also hatte Aksama der Urmutter das Leben so angenehm wie möglich bereitet. Hatte sie bewässert, ihr Nahrung beschafft, oft genug bei schwierigen Geburten geholfen, sie von Parasiten befreit und ihr gut zugesprochen. Auch wenn Iinz niemals geantwortet hatte, so war doch das Gefühl in Aksama gewachsen, dass der Maelwoorm seine Präsenz akzeptierte und schätzte. Gelegentlich zeigte sie mit
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