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VT02 - Der gierige Schlund

VT02 - Der gierige Schlund

Titel: VT02 - Der gierige Schlund
Autoren: Michael M. Thurner
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körperlichen Befindlichkeit sah er auch keinerlei andere Möglichkeit, die Spur der Gehirnfresser weiter zu verfolgen. Die Erdverschiebungen der letzten Stunden und die Zerstörungen, die der Wütende Herr verursacht hatte, hatten jegliche Spur, die möglicherweise zur Heimat der Gruh führte, vernichtet.
    Ihr Weg endete an einer Pyramide aufgehäufter Steine.
    Endstation.
    Oder?
    Kinga hielt seine Linke in einen schmalen Hohlraum. Er spürte einen Luftzug. »Dahinter geht es weiter«, sagte er zu Lourdes. »Wir müssen die Steine beiseite räumen.«
    Gemeinsam machten sie sich ans Werk. Mit bloßen Händen gruben sie die Felsstücke aus dem Lehm und schleppten sie zur Seite. Lourdes musste den Hauptteil der Arbeit tragen. Kingas zertrümmerte Rechte erlaubte ihm keine vernünftige Bewegung.
    Müde setzten sie schließlich über die Reste des beiseite geräumten Hindernisses hinweg. Kinga leuchtete den Raum aus. Sie befanden sich in einer Kaverne, in die weitere Gänge mündeten. Er drehte sich im Kreis, sah sich verzweifelt und erschöpft um. Welchen der neun Wege sollten sie wählen?
    Er erblickte ein Spinnennetz, quer über einen der Durchgänge gespannt…
    »Ich war hier schon einmal!«, stieß er erleichtert hervor. »Wir kamen auf der Suche durch diese Höhle!« Kinga schloss die Augen, konzentrierte sich. »Dorthin«, sagte er schließlich mit dem Gefühl wachsender Erleichterung. »Dieser Weg führt zurück zur Großen Grube. Wir haben es gleich geschafft.« Er atmete tief durch. »In einer halben Stunde sehen wir die Sonne wieder und riechen den Duft der Pflanzen…«
    Er nahm Lourdes am Arm und führte sie in den richtigen Gang. Er fühlte sich glücklich wie nie zuvor. Alle Erinnerungen an die schrecklichen Geschehnisse, sie verschwanden, schmolzen dahin. Er würde mit seinen Freunden feiern. Viele Krüge bittersüßen Weins würden sie gemeinsam leeren…
    Irgendetwas explodierte in seinem Kopf. Er sank zu Boden, verwundert darüber, dass Lourdes neuerlich zu schreien ansetzte.
    ***
    Kinga erwachte – und wünschte, es nicht getan zu haben.
    Rings um ihn bewegten sich die Albtraumgestalten der Gruh. Mit ihren Beinen schleiften sie lethargisch über trockenen, glatten Boden. Scheinbar planlos irrten sie umher.
    Rings um ihn befanden sich graue Mauern. Sie zeigten Risse, aus denen bleiches Wurzelwerk hervorquoll. Traniges Licht erhellte den Raum.
    Kingas Arme und Beine waren gefesselt. Jegliches Gefühl war aus seinen Gliedern gewichen. Der linke Ellbogen war behelfsmäßig geschient.
    Ein Gruh näherte sich langsam. Es schien, als bereitete ihm jeder Schritt qualvolle Schmerzen.
    »Ich habe dich hierher getragen«, sagte er mit rauer, leiser Stimme und beugte sich so weit zu seinem Gesicht herab, dass Kinga seine vielfältigen, widerwärtigen Ausdünstungen riechen konnte.
    Der Gruh redete? Steckte doch mehr Menschlichkeit als angenommen in diesen Albtraum-Wesen?
    »Wo ist die Prinzessin?«, fragte der Woormreiter, während ihm das Herz bis zum Hals schlug.
    »Ich habe meinen alten Namen wieder gefunden«, meinte der Gruh, ohne auf Kingas Frage einzugehen. »Ich bin… ich war Eric de Beer« Abrupt wechselte er das Thema. »Ich habe zurück nach Hause gefunden. Hat lange gedauert, aber ich habe es geschafft.« Stolz klang in seiner Stimme mit. Er richtete sich nun auf, blickte unsicher umher. »Du wirst hier bleiben. Vielleicht mit ihm reden. Vielleicht einer von uns werden.«
    »Wo ist die Frau?«, schrie Kinga, so laut er konnte. »Bring mich zu ihr!«
    »Du bleibst hier«, sagte der Gruh unbeeindruckt. »Wir warten ab, was er befiehlt.«
    De Beer trat ein paar Schritte zurück und schob zwei weitere Albtraumgestalten beiseite, die auf dem Boden kauerten.
    »Ich habe euch beide hierher gebracht. Um euch herumzuzeigen. Um euren Geschmack testen zu lassen. Das dicke Nahrungswesen war gut, hat mir viel Wissen im Kopf zurückgegeben.«
    Nochmals sagte er voll Stolz: »Ich weiß wieder, wer ich bin: Eric de Beer.«
    Kingas Augen füllten sich mich Tränen.
    Vor ihm lag Lourdes. Man hatte sie auf einem lächerlich niedrigen Tisch aufgebahrt. Seltsame Werkzeuge glänzten im Licht. Ihre Schädeldecke war fein säuberlich aufgeschnitten, das Gehirn entfernt. Mehrere Gruh teilten sich die letzten Reste.
    Kinga riss den Mund auf und begann zu schreien.
    ENDE
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