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Vorzeitsaga 06 - Das Volk an den Seen

Vorzeitsaga 06 - Das Volk an den Seen

Titel: Vorzeitsaga 06 - Das Volk an den Seen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
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gebannt auf ihn schaute. »Meinst du, ich könnte das? Einfach alles einpacken und losfahren? Mein Leben total umkrempeln?«
    Der Gedanke machte ihm angst. Weit weg von hier gehen, allein, zu fremden Leuten, in ein fremdes Land? Aber was hält dich eigentlich hier? Seine Beziehung zu Marge war schon vor Wochen in die Brüche gegangen.
    Er senkte den Kopf und dachte an die Hopewell-Händler, die mit ganzen Kanuladungen Obsidian viele Flüsse befahren hatten. Das muß man sich mal vorstellen: von Yellowstone bis ins Herz des östlichen Waldlands. Aber sie hatten es getan - vor zweitausend Jahren.
    Er betrachtete das Kanu und die Gesichter der Männer darin. Was hatte es zu bedeuten? Wer waren sie? Helden?
    Die Krähe hüpfte auf die Deichsel einer Karre, nur eine Armlänge von ihm entfernt. Sie beobachtete ihn gespannt, als wollte sie sein Innerstes ergründen.
    Das Schieferkanu in seiner Hand strahlte Wärme aus.
    Und Bill sprach zu der Krähe: »Ich habe mein ganzes Leben die Hopewell-Kultur studiert und in meinen Gedanken mit den Ahnen gelebt, um vielleicht ihre Stimmen zu hören, um von ihnen zu lernen.« Er lächelte schwach. »Vielleicht ist es jetzt an der Zeit, daß ich meine Suche mit Lebenden fortsetze, und zwar mit solchen, die außer Geld noch anderes im Kopf haben. Glaubst du, der Navajo ist am Hopewell-Mann interessiert? Ihre Wurzeln liegen in der athapaskischen Sprachfamilie aus dem Nordwesten und nicht bei den Algonkinindianern. Sag mir, Krähe: Interessiert sie das? Und ich, kann ich das alles schaffen?«
    Die Krähe flog los und kam im Sturzflug direkt auf ihn zu, so daß er zurückweichen mußte. Dann zog sie einen großen Kreis über das Verwaltungsbüro, bevor sie nach Westen weiterflog.
    Bill ließ seinen Blick über die Ausgrabungsstätte wandern. Die Geister schwiegen. Schwermut lag in der Luft. Er dachte nach und sagte: »Ihr habt mich geführt, dafür danke ich euch!«
    Er schloß die Finger fester um das Kanu und dachte an das Abenteuer, das vor ihm lag. Tief im Innern ahnte er, daß diese Helden aus der Vergangenheit ihn beneideten.
    Im tiefsten Winter wurde eine uralte Geschichte erzählt, in der Nacht, als Eules Ruf über die eisigen Wälder ertönte. Wie alle Geschichten enthielt auch diese eine Moral und eine Wahrheit für die Menschen. Manche sagen, die Geschichte stamme von den Langschädeln, andere meinen, sie komme aus der Seele, und der Wind habe sie hergetragen
    Vor langer, langer Zeit, in der Zeit unserer Vorfahren, hatten sich die Menschen geweigert, sich um ihre Toten zu kümmern, und die Erde war voller Geister, die nur Unheil anrichteten. Voller Verzweiflung wandten sich die Geister schließlich an Erster Mann und erklärten ihm ihre mißliche Lage.
    Erster Mann hörte sich ihre Klagen an und sandte seinen Zwillingsbruder, Bunte Krähe, um ihnen zu helfen. Zu jener Zeit war Krähes Gefieder so leuchtend, daß die bunte Ammer dagegen völlig glanzlos wirkte.
    Bunte Krähe wanderte über das Land und klärte die Menschen über die Toten und deren Schwierigkeiten auf. Er erklärte ihnen, wenn sie ihre Vorfahren ehrten und für sie sorgten, würden sich die Geister erkenntlich zeigen und den Lebenden mit Botschaften aus der Geisterwelt helfen.
    Dann würden die Geister die Leute nicht mehr quälen und täuschen. Alles würde besser werden.
    Die Menschen hörten die Worte von Bunte Krähe und begannen, für ihre Toten zu sorgen. Aber es streiften so viele Geister übers Land, daß Bunte Krähe noch mehr tun mußte. Er war durch den Forst gewandert und zu einem hohen Hügel gekommen. Am Fuße des Hügels sammelte er Reisig, kletterte auf den Gipfel und machte ein Feuer in einem großen Tontopf. Dort betete er vier Tage lang und sang in die vier heiligen Richtungen, und die Geister hörten es. Sie kamen aus der ganzen Welt, um zu sehen, was Bunte Krähe da machte.
    Am Tag der Wintersonnenwende schließlich waren alle Geister angekommen.
    Eines der Gespenster - ein ehemaliger Krieger, dessen Leib im Kampf zerfleischt worden war, fragte:
    »Was tust du auf diesem Gipfel, tanzend und singend? Wir sind alle hergekommen, um das zu hören.«
    Bunte Krähe hob die Hände zur Morgensonne empor und sagte: »Ich habe euch gerufen, um euch ins Land der Toten zu singen. Aber so könnt ihr unmöglich dorthin gehen, denn ihr seid voller Wut und Bosheit und bringt nur Unheil. Davon müßt ihr erst gereinigt werden, bevor ich euch ins Land der Toten singe.«
    Während er das sagte, packte Bunte
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