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Vorzeitsaga 06 - Das Volk an den Seen

Vorzeitsaga 06 - Das Volk an den Seen

Titel: Vorzeitsaga 06 - Das Volk an den Seen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
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Krähe den Topf mit dem Feuer und schwang ihn über dem Kopf, so daß die Glut ins trockene Unterholz flog. Das fing sofort Feuer, und bald war der ganze Hügel von Flammen eingehüllt. Die Gespenster schrien und wollten fliehen, aber das Feuer ließ ihnen keinen Ausweg. Am Ende blieb von ihnen nur noch Asche übrig. Bunte Krähe sammelte die Asche und brachte sie ins Land der Toten. Dort wurden die Seelen endlich befreit. Alles Böse war nun verbrannt.
    Allerdings waren bei diesem großen Brand die leuchtend bunten Federn von Bunte Krähe verschwunden; die Flammen hatten sie kohlschwarz gefärbt. Das ist der Grund, weshalb das Federkleid der Krähe bis zum heutigen Tag schwarz ist.



PROLOG
    Damals war ich jung, töricht und wild. Ich reiste in das verbotene Gebiet der Langschädel. Dort erkletterte ich den heiligen Berg und suchte… aber ich wußte nicht, was. Die Stimme im Traum befahl mir zu suchen. Ich fand einen Felsüberhang auf der nördlichen Seite des Bergs, wo der Sandstein unterhöhlt war. Dort saß ein toter Mann -schon unendlich lange tot und ausgetrocknet.
    Glimmervogel erinnerte sich noch an diese Worte seines Großvaters, und sie erfüllten ihn mit Furcht.
    Der junge Krieger wanderte durch eine grüngesprenkelte Welt, wo der Waldboden wie ein samtenes Kissen war. Um ihn ragten kräftige Baumstämme in den Himmel - ein dichtes Labyrinth auf dem Steilhang, den er hochkletterte. Der moschusartige Duft des Waldes wurde intensiver. Wie dicke Taue hingen Wildbeerenranken herunter, manche so dick wie ein Männerbein.
    Glimmervogel hielt keuchend an; der Schweiß glitzerte auf seiner braunen Haut. Über ihm verflocht sich das Laub zu einem wunderbaren smaragdenen Baldachin.
    Hier, hoch oben in den Wäldern, überwogen riesige Eichen, Hickory, Ahorn und Nußbäume. Er legte eine Hand auf die glatte, silbrige Rinde einer Birke und spürte die ewige Kraft dieses uralten Baums.
    Die feuchte Luft war selbst für einen solchen Hochsommertag zu drückend und unerträglich heiß. Er sog keuchend die Luft ein, aber es brachte ihm keine Erleichterung. Als wäre die Erde ein Ofen, so sengend war die Hitze.
    Hoch über Glimmervogel zwitscherten die Vögel. Der Triller eines Rotschwänzchens war zu hören, in der Ferne krächzte die heilige Krähe.
    In der vorigen Nacht waren sie noch im Haus des Clans gewesen. Glimmervogel erinnerte sich an Großvaters heisere Stimme: Ich fand das seltsam, daß seine Leute den toten Mann nicht begraben hatten und ihn einfach da sitzen ließen. Kein Grashalm wuchs an diesem dunklen Ort. Es war kalt, trotz der Sommerhitze. Mein Herz schlug schnell vor Angst. Vielleicht hatte er mich gerufen, hatte seinen Geist geschickt, um meine Träume zu verwirren.
    Bei einem Geräusch fuhr Glimmervogel herum und versuchte aufgeregt, einen Speer in sein Atlatl einzulegen. (Ein Atlatl ist eine Speerschleuder für die Jagd, bestehend aus einem etwa unterarmlangen, biegsamen Stock, an dessen oberem Ende sich eine Kerbe befindet, in die der Speer eingelegt wird.) Aber dann sah er das graue Erdhörnchen, das auf einen abgestorbenen Schößling sprang, und von dort auf einen anderen Baum.
    Mit bebender Hand wischte sich Glimmervogel den Schweiß von der Stirn. Das war nicht sein Land, das Land der Langschädel. Hier war er nicht erwünscht, er war ein Eindringling in diesem unheimlichen Wald.
    Hier fühlte er sich fremd und unwohl, ganz anders, als in dem fruchtbaren Tiefland, das er so genau kannte. Schon in seiner Kindheit hatte er die gewundenen Pfade, die am träge fließenden Mondmuschelfluß entlang führten, genau gekannt. An diesen vertrauten Orten wachten die Geister der Vorfahren über die Leute ihres Clans. In jeder Farm im Mondmuscheltal lebten Verwandte von ihm.
    Aber in diesem Wald lebten keine Menschen. Auf diesen Steilhängen konnte man keine Felder bestellen; auf diesem Boden wuchs nichts reichlich, weder Gänsefuß, Sonnenblumen, Holunder noch Kürbis. Solche Orte waren für die Langschädel heiliger Boden.
    Die Menschen durchstreiften natürlich die Wälder, hauptsächlich, um zu jagen oder um Walnüsse, Eicheln, Pflaumen oder Arzneipflanzen zu sammeln. In Kriegszeiten flohen die Clans in Hügelfestungen. Der Berg blieb allerdings unantastbar; selbst die Langschädel mieden ihn.
    Aber Großvater war einst hierher gekommen, und viele Jahre später erzählte er Glimmervogel: Eine Stofftasche lag neben dem toten Mann, und ich ahnte, daß es etwas Wichtiges, etwas Kostbares war.
    Der Tote
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