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Vor Nackedeis wird gewarnt

Vor Nackedeis wird gewarnt

Titel: Vor Nackedeis wird gewarnt
Autoren: Frank Charles
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um festzustellen, daß sie ein Stück Geschichte verschlafen hatten.
    Bernie erwachte als erster und döste in seinem Bett vor sich hin. Er lauschte den regelmäßigen Atemzügen Adeles und dem Kreischen der Möwen. Glücklich bewegte er seine Zehen.
    »Wenn ich die nötige Dankbarkeit dem Allmächtigen gegenüber aufbringen könnte, der mir eine Perle unter den Weibern geschenkt hat«, sprach er gegen die Decke, »dann würde ich jetzt aufstehen und ihr eine Tasse Tee holen!«
    Bernie war nicht gerade ein tiefreligiöser Mensch, aber er wollte Gott gegenüber wirklich nicht undankbar erscheinen und erhob sich aus seinem Bett. Er zog seinen Morgenmantel an und ging die Treppe hinunter, direkt in metertiefes, eiskaltes Wasser hinein.
    Adele schlug die Augen auf und fragte verwundert:
    »Was machst du da eigentlich? Woher bist du so triefnaß?«
    Bernie war zu sehr damit beschäftigt, trockene Sachen anzuziehen, um direkt und eindeutig zu antworten. Er zeigte nur auf das offene Fenster.
    Adele sprang aus dem Bett und rannte zum Fenster.
    Zwanzig Zentimeter unterhalb des Schlafzimmerfensters wogte die See fröhlich gegen die Mauern von Haus Seeblick. Von dem Garten, dem Strand und auch der Stadt war nichts mehr zu sehen.
    »Mein Gott«, rief Adele mit schriller Stimme. »Wir sind überflutet.«
    »Das stimmt«, nickte Bernie. »Schließlich ist Colette ja auch zurückgekehrt. «

    Aus dem stillen Nachbarhaus drang plötzlich ein lautes, lang anhaltendes, ängstliches Geschrei.
    Bernie schaute Adele an. Er grinste.
    »Donald ist gerade dabeigewesen, seiner frischgebackenen Ehefrau eine Tasse Tee zu holen.«
    Während der ersten aufgeregten Stunden dieser Katastrophe wurde das Ganze lediglich als eine lokale Angelegenheit betrachtet. Erst später, als Radioberichte und auch das Fernsehen das wahre Ausmaß der Flut schilderten, erkannten die Einwohner von Dymstable, daß sie nur ein kleiner Teil dieser nationalen Katastrophe waren. Noch später erfuhren sie dann, daß die ganze Festlandküste ebenfalls schwer heimgesucht worden war.
    Adele, Bernie und Colette setzten sich mit den jungverheirateten Havelock-Dobsons in Verbindung, indem sie zu den kleinen Dachkammern hinaufstiegen. Sie überlegten gemeinsam, wie sie wohl am besten überleben könnten.
    Dank ihrer merkwürdigen geographischen Lage würden sie die Unannehmlichkeiten, die mit der Überflutung der unteren Stockwerke verbunden waren, nur relativ kurze Zeit in Kauf nehmen müssen. Sobald die Ebbe einsetzte, würde das Wasser aus den Wohnräumen verschwinden und die Einrichtungen zwar angeschlagen, aber durchaus wieder instandsetzbar zurücklassen. Der Hügel rechts von den Häusern war eine der Ursachen für den hohen Wasserstand gewesen. Aber er bot auch den Vorteil, daß sie an Land konnten. Sie konnten vom Dach auf einen Schuppen und von dort auf den Hügel gelangen. Sie waren daher weitaus besser dran als die Leute in der Stadt, die vollkommen abgeschnitten waren.
    Dort waren die Straßen jetzt regelrecht Kanäle, und Wasser schlug gegen die unteren Kanten der Fenster in den oberen Stockwerken.
    Kaum notwendig, darauf hinzuweisen, daß Andy sehr von allen diesen Dingen angetan war. Aber seine Eltern betrachteten die Situation besorgt. Sie waren schließlich dabei, dieses Haus zu kaufen, und über Nacht war sein Wert um Hunderte von Pfund gesunken.
    In der Stadt war die Lage chaotisch. Der Golfplatz stand ganz unter Wasser, und in der Mitte der großen Anlage lagen einige völlig zerbeulte und zerschlagene Autowracks, die die gewalttätige See bis hierher getragen hatte. Meterhohe Wellen spülten durch die Hauptstraße und drangen in die Geschäfte ein. Als sie an der Bank vorbeikamen, sahen sie, wie ein Bankangestellter Bündel nasser Pfundnoten auswrang. Geschäftsleute suchten zu retten, was an Ware noch zu retten war, und Leute kamen vom Hafen hoch, mit dem letzten Hab und Gut auf den Schultern. Die friedliche kleine Küstenstadt glich eher einem asiatischen Kriegsschauplatz als einem Dymstable in der Grafschaft Kent.
    Die Schule war als Auffangplatz geöffnet worden. Alle erdenklichen Hilfsmittel und Waren trafen mehr und mehr aus den Nachbarstädten ein. In London und anderen großen Städten des Landes wurden noch am gleichen Tage Spendenkonten eröffnet.
    Die Eisenbahnlinie war unterbrochen. Dort, wo sich keine Häuser entgegenstellten, drang die Flut weit in das Land ein und überflutete Äcker und Felder. Auch die wichtigste Straßenverbindung nach
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