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0259 - Der Prophet des Teufels

0259 - Der Prophet des Teufels

Titel: 0259 - Der Prophet des Teufels
Autoren: Der Prophet des Teufels
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Das bildschöne Mädchen sah nicht wie eine Mörderin aus. Aber die Indizien sprachen gegen Cynthia Dangon.
    Sie saß weinend auf der Anklagebank. Mit ihren schmalen, gepflegten Händen zerknüllte sie ein weißes Seidentüchlein. Ihre Augen waren voller Angst auf Richter Clinton gerichtet, den Vorsitzenden des Municipal Court. Die Stimme des Richters klang dumpf wie eine Totenglocke.
    »Die Beschuldigte Cynthia Dangon ist in Haft zu halten und dem Geschworenengericht zur Aburteilung zu übergeben. Die Angeklagte hat nicht das Recht, eine Kaution zu stellen.«
    »Aus!«, sagte leise ein Zuschauer hinter mit.
    Cynthia Dangon brach weinend auf der Anklagebank zusammen. Zwei Gefängniswärterinnen hatten Mühe, ihr auf die Beine zu helfen. Das Mädchen wurde hinausgeführt.
    Staatsanwalt D. A. Ridge schlug seine Robe theatralisch um sich und wandelte wie ein römischer Triumphator aus dem Saal. Der junge Pflichtverteidiger hob resigniert die Schultern und packte seine Papiere zusammen.
    Der erste Akt des Dramas, das offiziell »Mordfall Alexander Rhodes« hieß, war zu Ende. Der zweite Akt sollte in kurzer Zeit vor dem Geschworenengericht über die Bühne gehen. Die Chancen standen schlecht für Cynthia Dangon.
    »Ich rechne mit einem Todesurteil«, sagte Phil neben mir. »Die Indizien sprechen gegen das Mädchen. Und die Geschworenen werden ihren Unschuldsbeteuerungen nicht glauben. Dennoch bin ich nicht davon überzeugt, dass sie es getan hat.«
    Wir verließen das Gebäude des Stadtgerichts und traten in den hellen Morgen. Ich hatte der Verhandlung nur knappe zehn Minuten beigewohnt, Phil hingegen war von Anbeginn der Verhandlung dabei gewesen. Der Mordfall Rhodes interessierte ihn, obwohl dieses Verbrechen nicht in unseren Zuständigkeitsbereich fiel.
    »Die Zeitungen machten einen solchen Wirbel, dass ich mir die Verhandlung ansehen wollte«, sagte Phil, während wir in meinen Jaguar kletterten. Ich nickte.
    »Die Einzelheiten sind mir nicht bekannt, Phil. Besteht Grund zu der Annahme, dass Cynthia Dangon nicht die Täterin ist?«
    »Ich erzähle dir die Geschichte, Jerry.«
    Während wir uns durch den dichten Morgenverkehr der City schlängelten, berichtete mir Phil.
    ***
    Es ging um die Ermordung des fünfunddreißigjährigen Alexander Rhodes, eines Junggesellen, der im Hause seiner dreiundsiebzigjährigen Mutter Rebecca gelebt hatte. Außerdem wohnten dort noch die ältliche Gesellschafterin Dolores Ardmore, die Köchin Rosie Holly und das Ehepaar Rice.
    Mrs. Rice fungierte als Dienstmädchen, ihr Ehemann als Chauffeur.
    Die Beschuldigte Cynthia Dangon war Waise, eine entfernte Verwandte der Familie. Sie wohnte ebenfalls in dem Haus.
    Zur Untermauerung der Anklage unterstellte die Staatsanwaltschaft, dass Cynthia Dangon ein heimliches Liebesverhältnis mit Alexander Rhodes unterhalten habe.
    Diese Behauptung wurde von der Gesellschafterin Ardmore unterstützt.
    Sie gab an, die beiden wiederholt in recht eindeutigen Situationen überrascht zu haben.
    Die Beschuldigte stritt das leidenschaftlich ab und blieb dabei, ihre Beziehungen zu Alexander Rhodes seien nur verwandtschaftlicher Natur gewesen.
    Vorgestern Abend hatten der Ermordete und Cynthia Streit, wenigstens nannte es Miss Ardmore so, während Cynthia von einer Meinungsverschiedenheit sprach. Worum es dabei ging, war nicht vollkommen zu klären. Die Ardmore glaubte an eine Eifersuchtsszene, Cynthia Dangon gab an, es habe sich um eine Auseinandersetzung über religiöse Fragen gehandelt.
    Das Mädchen hatte mit der Mutter des Toten ab neun Uhr im Wohnzimmer gesessen, während Alexander Rhodes und die Gesellschafterin sich in ihren Räumen aufhielten.
    Um zehn Uhr war Mrs. Rhodes zu Bett gegangen. Cynthia blieb, ihrer eigenen Angabe nach, noch eine halbe Stunde mit einem Buch im Wohnzimmer. Dann ging auch sie, wie sie sagte, zu Bett.
    Miss Ardmore, die Mrs. Rhodes beim Auskleiden geholfen hatte, verließ diese um halb zwölf.
    Sie bemerkte, dass die Tür zu Alexander Rhodes Schlafzimmer nicht geschlossen war.
    Sie warf einen Blick hinein und sah ihn auf der Schwelle zwischen Badezimmer und Schlafzimmer liegen. Neben ihm lag ein benutztes Rasiermesser. Rhodes war tot. Er hatte noch Seifenreste im Gesicht.
    Ohne etwas zu berühren, rief die Ardmore den Hausarzt Dr. Carr an. Er wohnt in der Nähe.
    Wie sie sagte, glaubte sie an einen Herzschlag. Dr. Carr traf zehn Minuten später ein und weigerte sich einen Totenschein anzufertigen. Er alarmierte die
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