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Vor Nackedeis wird gewarnt

Vor Nackedeis wird gewarnt

Titel: Vor Nackedeis wird gewarnt
Autoren: Frank Charles
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Dover war unterbrochen.
    Dann traf die Presse an Ort und Stelle ein. Sie kam in Autos, Bussen, auf Lastwagen und in Hubschraubern. Die Blitzlichter und Kugelschreiber traten in Aktion. Zwei Reporter drangen in die Schule ein und kamen mit einem Foto heraus, das sofort auf der Vorderseite des Daily Howl veröffentlicht wurde. Es war das rührende Foto eines kleinen Jungen, der einen Teddybären streichelte und dabei vertrauensvoll zu seiner Mutter aufschaute, die die wenigen, noch verbliebenen Habseligkeiten auf einem Feldbett ausbreitete. Ein ergreifendes Foto, das kaum ein Auge in England trocken ließ, als es erschien. Alte Damen rannten um die Wette zu den Banken, um dort Geld zu spenden.
    Es gab allerdings ganz sicher ein trockenes Auge in England.
    »Wie, zum Teufel, kam Andy auf das Bild«, brüllte Bernie. »Wie kam er an den Teddybären, und wer ist diese Frau, die er anstarrt?«
    Adele schaute leicht bedauernd drein. Sie erklärte: »Er mopste sich den Bären hinter meinem Rücken von irgendwoher. Denn direkt nebenan schrie ein Kind jämmerlich nach seinem Teddybären. Die Frau ist eine Helferin des Komitees.«
    Das Foto stellte ein hervorragendes Stück menschlichen Erlebens dar. Und die Presse war ja nie an der Wahrheit interessiert gewesen. Hier zählte schließlich nur die Wirkung.

    *

    Am Nachmittag war das Wasser dann aus den Häusern entlang der Straße der Admiralität zurückgewichen. Es hinterließ in den Gärten eine unbeschreibliche Verwüstung.
    Die kleine Mauer war verschwunden, die Terrasse nicht mehr als ein Haufen von Steinen, und direkt vor Donalds Tür lag die Ursache dieses Werkes der Zerstörung. Es handelte sich um eine schwere, gußeiserne Boje, die normalerweise eine halbe Meile weit draußen in der Flußmündung verankert war, um vor Untiefen zu warnen. Sie war während der Nacht losgerissen worden und auf die Häuserreihe am Strand zugetrieben. Den Abend hatte das Ding, nach den noch sichtbaren Spuren zu urteilen, damit verbracht, in den Gärten auf und ab zu spazieren. Sie hatte die Vorderwand von Michaels Haus einfach weggeputzt, man konnte in die offenen Räume des Erdgeschosses hineinschauen. Ein Wunder, daß das Gleiche nicht auch bei anderen Häusern geschehen war. Michaels Haus war zum Zeitpunkt der Katastrophe das einzige, das nicht bewohnt war.
    Nüchtern betrachtete Colette diesen Schaden.
    Sie war froh, daß sich Michael im fernen Hollywood aufhielt. Denn hätte er in seinem Schlafzimmer übernachtet, dann wäre man jetzt zweifellos bereits mit den Vorbereitungen zu seiner Bestattung beschäftigt.
    In ihrem neuen Glücksgefühl fehlte Colette jede Art von Rachedurst, und langsam nahm Michael in ihrer Vorstellung den richtigen Platz ein.
    Die Boje hatte Bernies Haus verschont, aber der Schaden, den sie im Garten angerichtet hatte, genügte, ihn an sein Bankkonto denken zu lassen.
    Er sagte: »Eine Handlung Gottes, die von den Versicherungen nie honoriert werden wird.«
    Die gleiche Frage wurde überall in der Stadt gestellt, wo man sich Gedanken über die dringlichsten Reparaturen machen mußte.
    Würden sie zahlen, oder würden sie nicht zahlen, diese herzlosen, seelenlosen Finanzmaschinen?
    Daß sie zahlten, wird in die Geschichte der Versicherungsanstalten eingehen. Sie standen zu ihren Versprechen und verzichteten auf ihr Recht, die Schäden als durch höhere Gewalt verursacht nicht anzuerkennen. Vielleicht konnten sie auch angesichts des öffentlichen Interesses gar nicht anders. Auch die Regierung und die Krone schalteten sich ein. Trotzdem sollte man ihnen zugute halten, daß sie die tausend Ansprüche, die innerhalb einer gesetzten Frist bei ihnen einliefen, anstandslos befriedigten.
    Es dauerte mehr als eine Woche, bevor das Wasser abgelaufen war. Denn die Mauer, die in neunzig Prozent aller Fälle das Wasser von der Stadt fernhalten sollte, hinderte jetzt das Wasser am Ablaufen. Die Mauer mußte teilweise umgelegt werden, um das Wasser in die See abfließen zu lassen. Zurück blieben herzzerreißende Düfte. Denn das Meer hat keine Achtung vor den hygienischen und sanitären Einrichtungen der Menschheit und hatte fast das ganze Kanalisationssystem zerschlagen.

    Während dieser ganzen Zeit verfügte Haus Seeblick dort, wo einst eine schöne Terrasse gewesen war, über einen selbstgefertigten Swimming-pool. Noch lange, nachdem das Wasser aus dem Haus und dem Garten abgelaufen war, waren die tiefen Löcher gefüllt. Die Boje hatte auch den Flaggenmast
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