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Im Sturm erobert

Titel: Im Sturm erobert
Autoren: Amanda Quick
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Kapitel 1
    Die dunklen Fenster der uralten Ruine stellten eine stumme Warnung dar vor der Stimmung des Herrn des Hauses. Kapitel eins, Die Ruine von Mrs. Amelia York
    Der Irre Monk von Monkcrest grübelte vor dem Feuer.
    Es war ein Gefühl, als stünde er am Rande eines Brunnens und starrte hinunter in die dunklen Wasser der Melancholie. Er war noch nicht in die Tiefe gestürzt, aber in letzter Zeit spürte er gelegentlich, daß sein Gleichgewicht beunruhigend aus dem Lot geriet.
    Viele Jahre lang hatte er der Versuchung, in die Schatten zu schauen, widerstanden. Seine wissenschaftlichen Studien, gepaart mit der Aufgabe, zwei temperamentvolle, mutterlose Söhne aufzuziehen, hatten dafür gesorgt, daß seine Aufmerksamkeit auf wichtigere Angelegenheiten fixiert blieb.
    Aber vor eineinhalb Monaten waren sein Erbe, Carlton, und sein jüngerer Sohn in Gesellschaft ihres alten Erziehers zum Kontinent aufgebrochen. Sie machten die Grand Tour.
    Der Irre Monk war überrascht, wie leer die alten Räume von Monkcrest neuerdings waren. Er war jetzt allein, bis auf sein getreues Personal und seinen großen Jagdhund Elf. Er wußte, wenn Carlton und William zurückkehrten, würde es nie mehr so sein wie früher. Seine Söhne, siebzehn und neunzehn, standen an der Schwelle zum Mannstum. Sie waren stark, intelligent und unabhängig, junge Adler, bereit, sich allein in die Lüfte zu schwingen.
    Er wußte, daß er die Neigung, in die Schatten zu schauen, im Blut trug, vererbt von seinen Ahnen, dieser langen Reihe von Männern, die vor ihm den Titel des Earl of Monkrest trugen. Und einige von ihnen waren verantwortlich für den unglückseligen Beinamen, der die anderen verfolgte: die Irren Monks. Der große Jagdhund streckte sich vor dem Feuer, regte sich, als spüre er die Unruhe seines Herrn. Das Tier hob seinen massigen Schädel und fixierte Leo Drake mit beunruhigend direktem Blick.
    »Das ist das Gewitter, Elf. Diese ganze Energie lädt die Atmosphäre mit Elektrizität auf. So was muß auf einen Mann von meinem Temperament eine ungesunde Auswirkung haben.« Die Erklärung befriedigte Elf scheinbar nicht, aber er senkte dennoch den Kopf wieder auf seine riesigen Pfoten. Die Metallnieten auf dem breiten Lederband um seinen dicken Hals blitzten matt im flackernden Feuerschein.
    Leo musterte die silbernen Flecken in den Haaren um Elfs Schnauze. Vor kurzem hatte er beim Rasieren ähnliche Eissplitter in seinen eigenen dunklen Haaren entdeckt.
    »Hältst du es für möglich, daß wir alt werden, Elf?«
    Elf schniefte leicht angewidert. Es war ihm zu mühsam, die Augen zu öffnen.
    »Dem Himmel sei Dank. Du nimmst mir eine Last von der Seele.« Leo ergriff sein fast leeres Glas Brandy vom Tisch neben sich und trank einen Schluck. »Einen Augenblick lang war ich ein bißchen besorgt.«
    Draußen heulte der Wind. In der vergangenen Stunde hatte ein Gewitter seine üble Laune an den Mauern der uralten Abtei, in der die Irren Monks seit Generationen lebten, ausgelassen. In der Ferne zuckten immer noch gelegentlich Blitze, tauchten die Bibliothek in unheimliches Licht, aber das schlimmste war vorbei. Der Zorn der Elemente ließ nach.
    Leo stellte sich der Tatsache, daß in letzter Zeit seine Studien der esoterischen Legenden antiker Zivilisationen ihn immer weniger von den unerfreulichen Wassern des Brunnens ablenken konnten.
    »Vielleicht liegt das Problem darin, daß ich zu viele Studien betreibe, Elf. Vielleicht ist es an der Zeit, daß wir wieder jagen.«
    Elfs Schwanz klopfte auf den Boden, in vollkommenem Einverständnis mit diesem Vorschlag.
    »Unglücklicherweise hatten wir seit Monaten keine interessante Beute mehr in dieser Gegend.« Leo trank noch einen Schluck Brandy. »Nichtsdestotrotz muß ich etwas finden, das mich amüsiert, sonst ende ich wie einer dieser Charaktere in diesen Gruselromanen, die in den Leihbibliotheken so beliebt sind.«
    Elf zuckte mit einem Ohr. Leo vermutete, daß sein Jagdhund wahrscheinlich noch weniger Interesse an den Geschichten von Romantik, Grauen und dunklen Geheimnissen hatte als er selbst.
    »Ich seh mich schon, wie ich die Nächte damit verbringe, von einem leeren, verfallenen, von Spinnweben verhangenen Raum in den nächsten zu wandern, auf der Suche nach Gespenstern und seltsamen Erscheinungen in den Schatten. Und währenddessen warte ich darauf, daß die schöne, hilflose Heldin in meine Finger gerät.«
    Die Vorstellung einer schönen, hilflosen Heldin in seinen Fingern machte seine Laune
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