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Vor aller Augen

Titel: Vor aller Augen
Autoren: Patterson James
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da redest?«, fragte Nana, als wir auf der Schwelle von Damons Zimmer waren. Er saß bereits aufrecht im Bett.
    Â»Dad?«, fragte er.
    Ned Mahoney trat hinter mich. »Alex, kann ich Sie für eine Sekunde sprechen?« Was tat er hier? Was war sonst noch passiert?
    Â»Ich wecke Jannie und mache beide fertig«, sagte Nana. »Rede du mit deinem Freund.«
    Ich ging mit Mahoney ein Stück beiseite. »Was ist los, Ned? Mein Gott, kann das nicht ein paar Minuten warten?«
    Â»Die Wichser haben bei Burns zugeschlagen, aber es geht allen gut. Wir sind gerade noch rechtzeitig gekommen.«
    Ich schaute Mahoney in die Augen. »Und Ihre Familie?«
    Â»Sie haben das Haus verlassen. Im Augenblick sind sie in Sicherheit. Wir müssen den Wolf finden und ausschalten.«

    Ich nickte. »Aber vorher muss ich mich um meine Kinder kümmern.«
    Zwanzig Minuten später brachte eine Eskorte meine Familie zu einem Kleinbus vor dem Haus. Wie verängstigte Flüchtlinge in einem Kriegsgebiet kletterten sie hinein. Ja, die Welt wurde so, oder? Jede Großstadt, jedes Kaff war ein potenzielles Schlachtfeld. Es gab keinen sicheren Ort.
    Kurz bevor ich in den Kleinbus stieg, sah ich einen Fotografen, der gegenüber von unserem Haus an der Fifth Street Position bezogen hatte. Es sah so aus, als fotografiere er unsere Flucht aus dem Haus. Warum das?
    Ich wusste nicht, wer er war, aber irgendwie ahnte ich es. Er ist nicht von einer Zeitung , dachte ich. Wut und Ekel stiegen in mir auf. Er arbeitete für Christines Anwältin!

112
    Chaos.
    Am nächsten Tag und an den zwei darauf folgenden war ich in Huntsville, Texas, im Bundesgefängnis, wo man Lawrence Lipton ermordet hatte, während er unter der Aufsicht des FBI stand. Niemand hier konnte sich erklären, wie es möglich gewesen war, dass Lipton und die zwei Agenten getötet worden waren.
    Es war während der Nacht geschehen. In seiner Zelle. Eigentlich war es eine Art Suite, wo er unter Sonderbewachung stand. Keine Überwachungskamera hatte Besucher aufgezeichnet. Kein Verhör hatte zu einem möglichen Verdächtigen geführt. In Liptons Leib waren die meisten Knochen
gebrochen. Zamochit . Markenzeichen der Russen-mafia.
    Die gleiche Methode war letzten Sommer bei einem Mitglied der italienischen Mafia angewendet worden. Augustino Palumbo. Angeblich war Palumbos Mörder ein russischer Krimineller – möglicherweise der Wolf. Dieser Mord hatte sich im Hochsicherheitsgefängnis in Florence, Colorado, ereignet.
    Am nächsten Morgen traf ich in Colorado ein. Ich wollte dort einen Mörder besuchen, der Kyle Craig hieß und früher mal ein FBI-Agent und mein Freund gewesen war. Kyle war für Dutzende von Morden verantwortlich und einer der schlimmsten psychopathischen Killer der Geschichte. Ich hatte ihn zur Strecke gebracht. Meinen Freund.
    Wir trafen uns in einem Verhörraum im Todestrakt in der Isolationsabteilung. Kyle sah verblüffend fit aus. Beim letzten Mal war er sehr blass gewesen, hatte ausgezehrt gewirkt, mit tiefen, dunklen Augenringen. Inzwischen hatte er mindestens fünfzehn Kilo zugelegt, alles Muskeln. Ich fragte mich, wieso – was hatte Kyle Hoffnung gemacht? Was immer es war, es machte mir ein bisschen Angst.
    Â»Alle Wege führen nach Florence?«, witzelte er und grinste, als ich den Verhörraum betrat. »Einige deiner Kollegen beim FBI waren gestern hier. Oder war es vorgestern? Als wir uns das letzte Mal sahen, hast du gesagt, es sei dir völlig egal, was ich denke. Das hat mich verletzt, Alex.«
    Ich verbesserte ihn, weil ich wusste, dass Kyle das furchtbar ärgern würde. »Das ist nicht genau das, was ich gesagt habe. Du hast mir vorgeworfen, ich sei herablassend, und dass du das nicht magst. Ich habe gesagt: ›Wen kümmert es noch, was du magst?‹ Mir ist wichtig, was du denkst. Deshalb bin ich hier.«
    Kyle lachte laut und zeigte dabei die Zähne. Mir lief es
kalt über den Rücken. »Dich habe ich immer am liebsten gemocht«, sagte er.
    Â»Du hast mich erwartet?«, fragte ich.
    Â»Hmm. Schwer zu sagen. Eigentlich nicht. Vielleicht irgendwann in der Zukunft.«
    Â»Du siehst aus, als hättest du große Pläne. Du bist ganz aufgekratzt.«
    Â»Welche Pläne könnte ich schon haben?«
    Â»Die üblichen Wahnvorstellungen. Mordfantasien, Vergewaltigungen, unschuldige Menschen umbringen.«
    Â»Ich hasse es, wenn du
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