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Vor aller Augen

Titel: Vor aller Augen
Autoren: Patterson James
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mit Nana und den Kindern. Trotzdem herrschte im Haus eine gewisse Spannung. Wir warteten auf das, was Christine Johnson tun würde.
    Jedes Mal, wenn ich Klein Alex anschaute, tat mir das Herz weh. Jedes Mal, wenn ich ihn in den Armen hielt oder abends ins Bett brachte, musste ich daran denken, dass er das Haus vielleicht für immer verlassen würde. Das konnte ich nicht zulassen, aber mein Anwalt hatte mir erklärt, dass es passieren könnte.
    Eines Morgens wollte der Direktor mich während meiner Urlaubswoche sprechen. Das war kein Problem. Ich setzte die Kinder bei der Schule ab und fuhr dann zu ihm. Tony Woods, Burns Assistent, schien außergewöhnlich erfreut zu sein, mich zu sehen.
    Â»Im Moment sind Sie eine Art Held. Genießen Sie es«, sagte er und klang – wie immer – wie ein echter Profi. »Lang wird’s nicht dauern.«
    Â»Sie sind immer so erfrischend optimistisch, Tony«, erwiderte ich.

    Â»Das gehört zu meinen Tätigkeitsmerkmalen, junger Mann.«
    Ich hätte gern gewusst, wie viel Ron Burns seinem Assistenten mitteilte und was der Direktor heute Morgen von mir wollte. Ich wollte Tony über diesen Superjob ausfragen, für den ich vorgesehen war. Aber ich tat es nicht.
    In Burns’ Büro warteten Kaffee und Gebäck auf mich, aber der Direktor war nicht da. Es war kurz nach acht. Ich fragte mich, ob er überhaupt schon zum Dienst erschienen war. Es war schwierig, sich vorzustellen, dass Ron Burns ein Leben außerhalb des Büros führte. Allerdings wusste ich, dass er eine Frau und vier Kinder hatte und in Virginia wohnte, ungefähr eine Stunde von Washington entfernt.
    Schließlich erschien Burns in der Tür. Er trug ein blaues Hemd mit hochgerollten Ärmeln und eine Krawatte. Daher wusste ich, dass er bereits in einer Besprechung gewesen war. Ich hoffte, dass es nicht um einen neuen Fall gegangen war, zu dem er mich hinzuziehen wollte. Es sei denn, es ging um den Wolf.
    Burns grinste, als er mich erblickte. Es schien, als könne er meine Gedanken lesen. »Im Prinzip habe ich einige hässliche Fälle, die Sie bearbeiten könnten, aber deshalb wollte ich Sie nicht sprechen, Alex. Trinken Sie in Ruhe Kaffee. Entspannen Sie sich. Schließlich haben Sie ja Urlaub, richtig?« Er kam herein und nahm mir gegenüber Platz. »Ich wollte hören, wie es so läuft. Vermissen Sie Ihre Arbeit beim Morddezernat? Wollen Sie immer noch beim FBI bleiben? Sie können gehen, wenn Sie wollen. Die Washingtoner Polizei möchte Sie zurückhaben. Unbedingt.«
    Â»Freut mich zu hören, dass ich so begehrt bin. Was das FBI betrifft – was kann ich sagen? Die Ressourcen sind erstaunlich. Es gibt hier eine Menge guter Leute, großartige Kollegen. Ich hoffe, dass Sie das wissen.«

    Â»Tue ich. Ich bin ein Fan unserer Mitarbeiter, zumindest der meisten. Und wie steht’s mit der dunklen Seite?«, fragte er. »Problemgebiete? Woran sollte man arbeiten? Ich möchte Ihre Meinung hören. Ich muss es hören. Sagen Sie mir bitte die Wahrheit, so wie Sie sie sehen.«
    Â» Bürokratie. Das ist eine Art Lebensstil. Beinahe die Kultur des FBI. Und Angst . Diese ist hauptsächlich politischer Natur und behindert den Einfallsreichtum der Agenten. Bürokratie habe ich bereits erwähnt? Sie ist schrecklich, schlimm und lähmend. Da sollten Sie Ihren Agenten zuhören.«
    Â»Ich höre zu«, erwiderte Burns. »Sprechen Sie weiter.«
    Â»Die Agenten sind nicht annähernd so gut, wie sie sein könnten. Selbstverständlich ist das bei den meisten Jobs so, richtig?«
    Â»Auch bei Ihrer alten Dienststelle in Washington?«
    Â»Nicht so sehr wie hier. Aber das kommt daher, dass ich mich oft über Papierkrieg und anderen Unsinn, der meine Arbeit behindert hätte, schlicht hinweggesetzt habe.«
    Â»Gut. Setzen Sie sich auch hier über derartigen Unsinn hinweg, Alex«, sagte Burns. »Sogar, wenn er von mir kommt.«
    Ich lächelte. »Ist das ein Befehl?«
    Burns nickte mit ernster Miene. Ich hatte das Gefühl, dass ihm noch etwas anderes Kopfzerbrechen bereitete. »Ehe Sie kamen, hatte ich eine heikle Besprechung. Gordon Nooney verlässt das Büro.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Ich hoffe, dass ich nichts damit zu tun habe. Ich kenne Nooney nicht gut genug, um ihn beurteilen zu können. Ehrlich nicht.«
    Â»Tut mir Leid, aber Sie hatten doch etwas damit
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