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Vor aller Augen

Titel: Vor aller Augen
Autoren: Patterson James
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den Psychologen spielst, Alex. Es gibt gute Gründe, weshalb du es in dieser Welt nicht geschafft hast.«
    Ich zuckte mit den Schultern. »Das weiß ich, Kyle. Keiner meiner Patienten in Southeast hatte Geld, um mich zu bezahlen. Ich müsste eine Praxis in Georgetown eröffnen. Vielleicht mache ich das irgendwann.«
    Er lachte erneut. »Und du wirfst mir Wahnvorstellungen vor! Also, warum bist du hier? Nein, ich werde es dir sagen. Es hat einen schrecklichen Justizirrtum gegeben und ich werde freigelassen. Du bist der Überbringer dieser freudigen Botschaft.«
    Â»Der einzige Justizirrtum ist, dass du noch nicht hingerichtet wurdest, Kyle.«
    Kyles Augen blitzten. Er mochte mich tatsächlich. »Na schön, nachdem du mich mit deinem Charme bezaubert hast – was willst du?«
    Â»Du weißt, was ich will, Kyle«, erwiderte ich. »Ganz genau.«
    Er klatschte Beifall. » Zamochit ! Der irre Russe.«
    Während der nächsten halben Stunde berichtete ich Kyle alles, was ich über den Wolf wusste – nun ja, fast alles. Dann ließ ich die Bombe platzen. »Er hat sich mit dir hier
an dem Abend getroffen, als er Little Gus Palumbo umgebracht hat. Hast du ihn zu diesem Mord angestiftet? Jemand hat es getan.«
    Kyle lehnte sich zurück und schien seine Optionen zu überdenken. Nein, eigentlich hatte er längst entschieden, was er tun wollte. Er war immer einen Schritt voraus.
    Schließlich beugte er sich vor und winkte mich näher. Ich hatte vor Kyle keine Angst, jedenfalls keine körperliche, trotz all der Muskeln. Beinahe hoffte ich, er würde mich angreifen.
    Â»Ich tue das aus Liebe und Respekt für dich«, sagte Kyle. »Ich habe den Russen vorigen Sommer getroffen. Ein skrupelloser Bursche, ohne Gewissen. Er hat mir gefallen. Wir haben Schach gespielt. Ich weiß, wer er ist, mein Freund. Vielleicht kann ich dir helfen.«

113
    Ich brauchte noch einen Tag in Florence, doch letztendlich holte ich aus Kyle einen Namen heraus. Aber konnten wir ihm trauen? Der Name wurde in Washington geprüft und nochmals geprüft. Das Büro war zuversichtlich, dass Kyle uns den Führer der Russenmafia geliefert hatte. Ich hatte Zweifel – weil der Hinweis von Kyle gekommen war. Aber wir hatten keine anderen Spuren.
    Vielleicht wollte Kyle mich fertig machen – oder das FBI in Verlegenheit bringen. Oder er wollte demonstrieren, wie clever er war, welche Verbindungen er hatte, wie überlegen
er uns allen war. Der Name, die Stellung dieser Person, machte die Verhaftung heikel und riskant. Wenn wir den Falschen festnahmen, würde das FBI bis auf die Knochen blamiert sein.
    Wir warteten daher beinahe eine Woche. Wir überprüften sämtliche Informationen nochmals doppelt und dreifach und führten etliche Befragungen durch. Der Verdächtige wurde observiert.
    Nachdem diese Vorarbeiten abgeschlossen waren, traf ich mich mit Ron Burns und dem Direktor der CIA in Burns’ Büro. Ron brachte es sofort auf den Punkt. »Wir glauben, dass er der Wolf ist, Alex. Craig sagt wahrscheinlich die Wahrheit.«
    Thomas Weir von der CIA nickte mir zu. »Wir haben diese Zielperson in New York seit geraumer Zeit observiert. Wir vermuteten, dass er in Russland beim KGB tätig war, aber wir hatten keine schlüssigen Beweise. Wir dachten nie an die Russenmafia, nie an den Wolf. Nicht bei diesem Mann. Nicht bei seiner Position in der russischen Regierung. Wir verstärkten die Lauschüberwachung, unter anderem in der Wohnung, in der der Verdächtige in Manhattan lebt. Er trifft gerade Vorbereitungen für einen erneuten Angriff auf Direktor Burns.«
    Burns schaute mich an. »Er vergisst nicht und vergibt nicht, Alex. Ich ebenso wenig.«
    Â»Also geht es darum, dass wir nach New York fliegen und ihn festnehmen?«
    Burns und Weir nickten feierlich. »Das dürfte das Ende sein«, sagte Burns. »Verhaften Sie den Wolf und bringen Sie mir seinen Kopf.«

114
    Das dürfte das Ende sein . Direktor Burns’ Worte in Gottes Ohr!
    Das Century ist ein berühmtes Jugendstil-Apartmenthaus am Central Park West, nördlich des Columbus Circle. Seit Jahrzehnten wohnten dort wohlhabende Schauspieler, Künstler und Geschäftsleute, besonders solche, die bescheiden genug waren, die Gegend mit Familien aus der Arbeiterklasse zu teilen, die seit Jahrzehnten unter den Wohnungen vorbeigingen.
    Gegen vier Uhr morgens trafen wir
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