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Vom Regen in die Traufe

Vom Regen in die Traufe

Titel: Vom Regen in die Traufe
Autoren: Arto Paasilinna
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ö rigen, hatten also kein Heim und auch keine Heimatgemeinde, waren nirgends gemeldet. Ihr ganzer Besitz passte in den Rucksack, und manchmal kam auch der noch abhanden. Die M ä nner zogen herum, wechselten von einem Holzplatz zum anderen, fuhren gelegentlich nach Kem i j ä rvi oder Rovaniemi, um das verdiente Geld zu verjubeln, und kehrten immer wieder zur ü ck, um die finsteren W ä lder einz u schlagen. Es war auf gewisse Weise ein Leben voller fliegender Wechsel, daher der Name.
    » Hab selber auch an tausend verschiedenen Orten gewohnt und mehr als genug Fliegerei gehabt in meinem Leben. «
    » Hei ß t das, dass Sie auch heute noch kein eigenes Heim h a ben? «
    » Tja, eigentlich nicht. «
    Hermanni erz ä hlte, dass er in einer kleinen Saunah ü tte am k ü nstlichen See von Porttipahta wohnte, die er vom Kraf t werkskonzern gemietet hatte.
    » Hab dort mein Angelrevier, aber jetzt wollte ich mal hier im Inarisee mein Gl ü ck versuchen. Als fliegender Geselle hat man keine Familie, kann wegfahren, wann es einem passt. «
    Hermanni war schon mehrfach am Inari gewesen, kannte den See gut. Eigentlich kannte er in Lappland jeden Winkel, hatte auch Helsinki und einmal sogar das Ausland besucht.
    Lena Lundmark betrachtete sinnend den R ü cken des Mannes, der da vor ihr ging. Hermanni Heiskari stapfte in langen Schritten gleichm äß ig dahin, das Seil hatte er sich ü ber die Schulter geworfen, seine Haltung war gebeugt. Da trabte ein einfacher Mann aus den tiefen W ä ldern, ein bitterarmer Kerl, und im Schlitten sa ß eine reiche Frau, eine Multimilli o n ä rin. Lena bekam Mitleid mit ihrem Zugpferd. So standen die Dinge nun mal in dieser Welt, der Arme zog und der Reiche lie ß sich ziehen. Immer.
    Auch Hermanni vorn in den Seilen dachte ü ber sein Los nach. Hier zog er, ein freier und lediger Mann, die herrschaftl i che Dame wie ein Sklave, ein ungehobelter, nichtsw ü rdiger Bursche, elend und mittellos. Wenn es in Finnland zum Au f stand k ä me, w ü rde er, Hermanni, allerdings gewiss nicht als Pferd schuften, sondern w ü rde mit dem Sturmgewehr den herrschaftlichen Industriesanierern den Marsch blasen. Schon seit Jahren sann Hermanni auf Rache und probte in Gedanken den Aufstand. Er hatte viele seiner Gedanken zu Papier g e bracht, in aller Heimlichkeit und Stille. Und er wusste, dass er nicht allein, sondern Mitglied einer trostlosen Armee von fast einer halben Million Arbeitslosen war.
    Bei diesen bitteren Gedanken blieb Hermanni stehen und drehte sich zu seiner Fuhre um. Sein verh ä rtetes Gem ü t schmolz. Auf dem Angelhocker in der Gondel des Hei ß luftba l lons sa ß eine sch ö ne Frau, die Schmerzen hatte, diese aber tapfer zu verbergen versuchte. Eine Frau, die auf eigene Kosten und bei Sturmwind eine abenteuerliche Fahrt antrat, um den Katastrophenfonds des Roten Kreuzes zu unterst ü tzen.
    » Eigenartig, dass die kleinen V ö gel singen, obwohl der See noch vereist ist. Frieren sie nicht? «
    » Im Wald, wo sie nisten, ist's warm. «
    Als Hermanni die Insel Pet ä j ä saari erreichte, wechselte er die Position und stellte sich hinter den Schlitten, um ihn zu schi e ben. Falls sie auf d ü nnes Eis gerieten, best ü nde, wenn er zog, die Gefahr, dass er einbrach. Beim Schieben k ö nnte er sich und auch noch den Schlitten retten. Sie gelangten jedoch heil ans Ziel. Hermanni heizte die H ü tte, machte Essen und vera b reichte der Patientin die restlichen Schmerztabletten, die er aus der H ü tte von Kahkusaari mitgebracht hatte.
    Bevor Lena Lundmark einschlief, fl ü sterte sie Hermanni ein Versprechen zu. Sollte sie diesen Ausflug ü berleben, w ü rde sie ihren Helfer so f ü rstlich belohnen, wie er es sich gar nicht vorstellen k ö nnte.
    » Ach, was hei ß t hier Helfer, ich hab ja lieber eine Frau bei mir, als dass ich hier auf dem See allein bin. «
    Am n ä chsten Morgen zog Hermanni den Korbschlitten in eine neue Richtung, diesmal nach Westen. Er beabsichtigte, bis Mittag die Suovasaari-Inseln zu erreichen, denn er erinnerte sich, dass es dort trockenes Brennholz und eine ü berdachte Kochstelle gab. Die Entfernung betrug etwa f ü nf Kilometer, und das passte. Und von den Klippen aus k ö nnte er versuchen zu angeln.
    Hermanni erz ä hlte, wie die Suovasaaret, die » Schoberi n seln « , ihren Namen bekommen hatten. Die Lappl ä nder pfle g ten fr ü her auf den Uferwiesen Heu zu machen, und da keine Scheune vorhanden war, schoberten sie es auf, um es dann im Winter mit dem
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