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Vom Regen in die Traufe

Vom Regen in die Traufe

Titel: Vom Regen in die Traufe
Autoren: Arto Paasilinna
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beleidigt, als die pelzbekleidete feine Dame seine Tanzk ü n s te nicht w ü rdigte. Er lie ß ein paar St ü cke aus und schmollte ü ber die erlittene Abfuhr, aber nach einer Weile zog ihn die Kunst erneut in ihren Bann. Jetzt kam das wehm ü tige St ü ck ü ber den Inarisee an die Reihe: » Wie lang, so tief …« Lankinen, der die Augen and ä chtig geschlossen hielt, gab sich seinem Spiel so ekstatisch hin, dass er die Diskantta s ten besch ä digte, als das Instrument an den Herd knallte. Lena Lundmark und Herma n ni Heiskari waren zu Tode ersch ö pft und glaubten, jetzt endlich Ruhe zu haben, aber vergebens. Taneli Lankinen f ö rderte von irgendwo eine Mundharmonika zutage, die von nun an den zum Tangok ö nig aufstrebenden K ü nstler Juhani Ruskoaava beim Gejohle immer neuer Lieder begleitete.
    » Wir haben beschlossen, in dieser Woche zweitausendf ü n f hundert Tangos zu proben, koste es, was es wolle. Wir haben s ä mtliche finnischen Tangos von 1924 an im Repertoire, dazu noch hundert aus anderen L ä ndern. «
    Gegen Mittag erkl ä rte Lena Lundmark, dass sie es nicht l ä n ger aushalte, und sie bat Hermanni, etwas zu unternehmen, damit das Konzert enden m ö ge. Der sommerliche Schneesturm war abgeflaut, inzwischen schien bereits die Sonne, aber durch die H ü tte auf der Insel Kahkusaari dr ö hnten weiterhin sent i mentale Tangos, als g ä be es kein Morgen.
    W ä hrend einer kurzen Pause erkl ä rte Hermanni den Bu r schen drau ß en in strengem Ton, dass die Tangoproben seine t wegen bis zum Herbst fortdauern k ö nnten, er selbst aber wolle sich jetzt den Motorschlitten ausleihen und die Patientin ins Gesundheitszentrum fahren. Er verlangte die Schl ü ssel und versprach, in zwei Tagen zur ü ck zu sein und den S ä nger und seinen Begleiter abzuholen.
    » Kommt nicht infrage, dies ist ein Mietschlitten, bezahlt von unserem Geld, wir sind kein ö ffentlicher Verkehrsb e trieb « , teilte der S ä nger mit. Das war zu viel f ü r Hermanni Heiskari, er zog die dicke Angeljacke aus, krempelte die Ä rmel hoch und donnerte:
    » Los, kommt her! «
    Diese unk ü nstlerische Wendung hatten die beiden Musiker wohl schon erwartet, denn sie nahmen die Beine in die Hand, schleppten ihre Taschen und Rucks ä cke und das defekte A k kordeon in den Schlitten, starteten ihn und flohen blin d lings in die Landschaft. Hermanni Heiskari war von dem ganzen Vo r gehen so verbl ü fft, dass er die Flucht nicht verhi n dern konnte, obwohl er dem Schlitten fast einen Kilometer ü ber das Eis hinterherlief. So verschwanden Tangos ä nger und Begleiter auf dem weiten Inarisee, und Hermanni konnte nichts dagegen tun.
    Im Ort Inari angekommen, wandten sich die beiden Mus i ker an die Polizei und berichteten, dass sie in einer entlegenen Wanderh ü tte sonderbare Leute angetroffen h ä tten, die sich gewaltt ä tig auff ü hrten, Kleidung aus Nerzpelzen trugen, furch t bare Stimmen hatten und Unterk ü nfte, die der Allg e meinheit dienen sollten, f ü r sich allein beanspruchten. Auch hatten sie versucht, armen K ü nstlern ihr einziges Fahrzeug zu stehlen. Zu allem Ü berfluss mimten sie die Kranken, unve r sch ä mt wie sie waren. Die Bev ö lkerung sollte sich vor ihnen in Acht nehmen.
    Sp ä ter stand in der Lokalzeitung eine kurze Meldung, in der es hie ß , dass auf dem Inarisee grob gegen das Jedermannsrecht versto ß en worden sei. Die Vorg ä nge hatten somit derartige Ausma ß e angenommen, dass ein Einschreiten der Beh ö rden unbedingt erforderlich sei, damit der Bereich des Sees vor der Willk ü r von Leuten aus dem S ü den gesch ü tzt w ü rde. » Diese unfassbaren Rechtsverletzungen, die immer wieder und viel zu oft auf Kosten der ö rtlichen Bev ö lkerung begangen werden, d ü rfen nicht stillschweigend hingenommen werden. «
    Zu Tode ersch ö pft wuschen sich Hermanni und Lena, a ß en gesalzenen Fisch und gingen schlafen. Auf der Ecke des Herdes lag noch Tanelis Mundharmonika, die er beim eiligen Au f bruch vergessen hatte. Hermanni zerquetschte sie vor dem Schlafe n gehen in seiner Pranke, dass sie in tausend St ü cke zerfiel.
     

3
     
    Zwei Tage warteten die beiden in der H ü tte auf Hilfe, die nicht kam. Das Wetter besserte sich, der Himmel wurde klar, die Sonne brannte und lie ß die weite Fl ä che des Sees schwarz erscheinen. An den Ufern begann das Eis zu schmelzen, ste l lenweise war auf ein, zwei Meter schon offenes Wasser. He r manni musste am Ufer einen langen Balken auslegen, um
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