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Vom Regen in die Traufe

Vom Regen in die Traufe

Titel: Vom Regen in die Traufe
Autoren: Arto Paasilinna
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festes Eis erreichen und angeln zu k ö nnen. Lena lag reglos in der H ü tte und st ö hnte nur manchmal vor Schmerz. Hermanni fing kleine Forellen, die er in Butter briet, aber die Patientin hatte keinen Appetit. Ihre Stirn f ü hlte sich hei ß an.
    Hermanni schleppte die Gondel des Hei ß luftballons vom Ungl ü cksort herbei und baute sie zum Schlitten um. Auf dem Dachboden der H ü tte fand er uralte und abgenutzte Skier, die immerhin noch als Kufen taugten. Vom Ballon waren zig Meter Seil ü brig geblieben, sodass es keine Probleme machte, ein Zuggeschirr zusammenzukn ü pfen. Zu guter Letzt stellte He r manni seinen Angelhocker, der als Sitz dienen sollte, in die Gondel, das kranke Bein der Patientin wollte er mit einem Seil am Gondelrand festbinden.
    Als drei Tage seit der Flucht des Tangosolisten und seines Begleiters vergangen waren, trug Hermanni Lena Lundmark nach drau ß en aufs Eis und setzte sie in die Gondel. Er lud all sein Gep ä ck mit hinein, sein Angelzeug, den Proviant (Butter, Brot, Fisch, Salz, Zwiebeln), die Axt, den Rucksack, dann zog er den Schlitten an. Es war ein so herrlich klarer Morgen, dass dem Retter und der Patientin die Augen brannten. Am Hi m mel schrien die G ä nse, und der Fr ü hlingswind strich Herma n ni sanft ü bers Gesicht, aber Lena hatte Fieber und klagte mit leiser Stimme.
    Hermanni Heiskari packte mit festem Griff die Seile und setzte sich gen Inari in Marsch, nicht nach Ivalo, denn Inari war n ä her, bis ans Ziel waren es nur drei Meilen. Eine Weile ü be r legte er, ob er sich nach Nordosten, gen Partakko, wenden sollte, aber irgendwie gefiel ihm die Richtung nicht, au ß erdem waren es auch bis dort mehr als zwanzig Kilometer.
    Die schwere Fuhre glitt sacht ü ber das feuchte Eis. He r manni sagte sich, dass diese Rettungsaktion im wahrsten Sinne des Wortes vollen K ö rpereinsatz verlangte. Die Schwedenpat i entin sa ß still im Korb und klagte nicht mehr, ihr fehlte die Kraft.
    Hermanni Heiskari zog den Schlitten bis zur S ü dwestspitze der Insel Viimassaari, dann wandte er sich nach Westen zu den Hopiakivi-Inseln, kleinen felsigen Klippen, wo er frischen Fisch zum Mittagessen angelte. F ü nf Kilometer hatte er mit dem Schlitten jetzt zur ü ckgelegt. Bald biss die erste kleine Rotforelle an. Als Hermanni ein halbes Dutzend Exemplare beisamme n hatte, ging er zur zwei Kilometer entfernten Insel Hirvassaari, um eine d ü nne Kiefer zu f ä llen. Er zerkleinerte sie auf dem Eis und machte Feuer, dann setzte er Kaffeewasser auf, und in der Wartezeit filetierte er die Fische. Er schnitt aus dem Bau m stamm ein flaches St ü ck Holz heraus, spie ß te die Fische mit kleinen St ö ckchen drauf und lie ß sie so am Feuer garen. Kein ü bler Imbiss auf der Wanderung, aber Lena Lundmark hatte Schmerzen und musste gef ü ttert werden wie ein kleiner Vogel. H ä ppchen f ü r H ä ppchen reichte Hermanni ihr auf der Messe r spitze.
    Um sie zu tr ö sten, erz ä hlte er ihr von den schlimmen M o menten seines eigenen Lebens. Er hoffte, dass sie auf diese Weise auf andere Gedanken kommen w ü rde und ihre Schme r zen f ü r eine Weile verg äß e. Ein leidender Mensch gewinnt Trost aus den noch schlimmeren Pr ü fungen, durch die ein anderer gegangen ist.
    » Ich war wohl vierzehn damals, als wir drau ß en am Sotajoki Rundh ö lzer sch ä lten. Es war Fr ü hjahr, der Schnee lag noch einen Meter hoch und der Holzstapel war komplett vereist. Mit dem Brecheisen rissen wir uns die H ö lzer herunter, je nachdem, wie wir sie brauchten. Na gut. Eines Abends war der verfluchte Stapel, der immerhin mehr als drei Meter H ö he hatte, ein bisschen abgetaut, und als ich neue H ö lzer herau s riss, donnerte die ganze verdammte Vorderfront auf mich armen Bengel herunter. Ich war bis zum Hals zugedeckt, blo ß der Kopf war zum Gl ü ck frei, sodass ich schreien konnte. Und das tat ich dann auch! «
    Hermanni rief zur Illustration um Hilfe. Er br ü llte so qua l voll und mit so weittragender Stimme, dass der ganze riesige See widerhallte, von den Ufern kam das Echo zur ü ck, die von Todesnot k ü ndenden Hilferufe des wackeren Holzf ä llers kreu z ten hin und her, dass Lena Lundmark erschauerte.
    Hermanni erz ä hlte, dass er den ganzen restlichen Tag und auch noch die Nacht hindurch geschrien hatte, aber erst in den fr ü hen Morgenstunden hatte im acht Kilometer entfernten Camp einer der M ä nner erstaunt gefragt, wo eigentlich der Hermanni abgeblieben sei. Als dann alle
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