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Vom Himmel in Die Traufe

Titel: Vom Himmel in Die Traufe
Autoren: Arto Paasilinna
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und wie es manchmal so ist, hatten sie sich betrunken, sich anschließend in voller Montur auf ihre Jägerfahrräder geschwungen und waren nach Haaparanta auf schwedischer Seite gestrampelt. Zum Abschluss der Übung hatte Jussi ganz Haaparanta eingenommen und es mit Hermannis Unterstützung drei Tage und drei Nächte besetzt gehalten. Sie hatten im Stadshotel gewohnt und ein hartes Besatzungskommando geführt. Sie wären auch gern noch länger geblieben, aber die finnische Militärpolizei hatte ihr Zimmer gestürmt, sie beide nach Tornio verfrachtet und in die Zelle gesteckt. Zwei Wochen verschärfter Arrest waren die Folge gewesen.
    Lena und Ragnar bezweifelten den Wahrheitsgehalt der Geschichte, denn von dieser angeblichen Eroberung war nie in der Öffentlichkeit berichtet worden. Laut Hermanni war der Fall absichtlich vor der Presse verschwiegen worden, damit die internationale Aufmerksamkeit nicht auf die peinlichen Schwächen der schwedischen Verteidigung gelenkt würde. Schweden hatte sich danach beeilt, die Ufer des Torniojoki mit massiven Bunkeranlagen zu befestigen, und in Kiruna war eine Raketenbasis errichtet worden. Lena dachte einmal mehr darüber nach, warum Hermanni und vermutlich auch die anderen fliegenden Holzfäller so maßlos übertrieben und flunkerten. Es konnte nur daran liegen, dass sie so elendig arm waren. Geistige Kompensation.
    Ein ganz spezieller Ort im zentralen Portugal war die Pousada Sao Pedro am künstlichen See und Staudamm Castelo do Bode, dabei handelte es sich um die ehemalige Unterkunft der Ingenieure und Bauleiter, die heute wie eine vornehme Jagdhütte wirkte. Aus dem Restaurant und den Zimmern hatte man Blick auf den See und den Fluss, der am unteren Staubecken begann und an den Tenojoki in Finnland erinnerte. Die Küche war darauf spezialisiert, als Beilage zu den Hauptgerichten exotische Früchte zu servieren. Zum Beispiel war die im Ofen gebackene Seezunge mit flambierten Bananen angenehm saftig. Im Restaurant gab es einen großen Kamin, in dem abends Scheite aus Eukalyptusholz verbrannt wurden, die einen frischen, würzigen Duft verbreiteten.
    Die Schmerzen in Ragnars gebrochenem Bein ließen endlich nach, und so machte er es sich zur Gewohnheit, abends herunterzukommen und ins knisternde Kaminfeuer zu blicken. Lena und Hermanni lobten ihren Butler dafür, dass er die lange Rundreise so brav mitgemacht hatte, ohne groß zu klagen. Hermanni ließ sich sogar dazu hinreißen, Ragnars Tapferkeit im Augenblick des eigentlichen Unfalls zu rühmen. Er war wie der Wind auf seinem feurigen Schimmel am Strand von Tahiti entlanggeritten. Plötzlich hatte dieses halb wilde Pferd den arglosen Helden abgeworfen. Ragnar war kopfüber ins Meer gestürzt, dabei war er mit dem Unterschenkel auf ein Senkholz gefallen, mit der Folge, dass das Schienbein mit einem bösen Knacken brach.
    »Aber Ragnar hat gar nicht groß geklagt!«
    Detailliert malte er Ragnars übermächtiges Leiden unter den primitiven Bedingungen aus, erzählte, wie der Verletzte mit zusammengebissenen Zähnen und Tränen in den Augen, aber wortlos seine grässlichen Schmerzen ertragen hatte. Auf der langen und schrecklichen Fahrt ins Krankenhaus von Papeete war Ragnar mehrmals ohnmächtig geworden, aber jedes Mal, wenn man ihn wiederbelebt hatte, hatte er sich ruhig und gelassen in die unmenschlichen Qualen geschickt, die sein gequälter Körper ihm zugemutet hatte. Hermanni fand, dass Ragnar einer der stillen Helden des Alltags war, die man höchst selten in dieser Welt traf.
    Lena streichelte die heiße Stirn ihres Onkels und bat den Kellner, ihm ein Glas guten Kognaks zu bringen.
    »Ich habe schon immer gewusst, dass du ein edler Charakter bist, Ragnar«, sagte sie. Der Angesprochene starrte mit wütendem Blick ins Feuer.
    Als Hermanni auf Ragnars wilde Abenteuer mit den unberechenbaren Ureinwohnern von Turavinga zu sprechen kam, kippte der Butler seinen Kognak hinunter und humpelte in sein Zimmer. Im Gehen schielte er Hermanni finster an.
    Um diese Jahreszeit herrschte wenig Verkehr, und die drei Reisenden, die bald nach dem Frühstück zu einer weiteren Tour aufbrachen, konnten in aller Ruhe die Landschaft genießen. Allerdings stellten sie fest, dass auf den Straßen dieses Landes unerhört dreist überholt wurde. Allein auf der Fahrt von Marvao nach Lissabon zählten sie fünf gefährliche Viel-fehlte-nicht-Situationen. Nicht umsonst war das portugiesische Volk so tiefgläubig und vertraute auf ein jenseitiges
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