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Vom Himmel in Die Traufe

Titel: Vom Himmel in Die Traufe
Autoren: Arto Paasilinna
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angeblich Insassin der Lissabonner Nervenklinik und bekam von dort die Erlaubnis, einmal im Jahr auf ihr altes Familiengut nach Elvas zu fahren und dort ihr Spektakel zu veranstalten.
    Traurig dachte Lena Lundmark, dass genau das im schlimmsten Falle die Folge war, wenn ein reicher Mensch arm wurde.
    Die Pousada Santa Luzia in Elvas war ein neues, von außen fast anspruchslos wirkendes Gebäude, das mehr an eine vornehme Villa als an ein Hotel erinnerte. Es gab einen Swimmingpool und einen schönen Garten. Spanische Tagestouristen bevölkerten die Pousada, sie kamen in lärmenden Scharen über die Grenze, um hier einen Lunch einzunehmen. Die elvasische Küche war so berühmt, dass die Gäste von weit her anreisten. Die lokale Spezialität war Dorsch Dourado, aber die drei Finnen speisten geschmortes Lamm.
    Während Hermanni dem spanischen Palaver ringsum lauschte, philosophierte er über den höheren Sinn von Sprachkenntnissen. Er war der Meinung, dass sich der Reisende keine allzu guten Fremdsprachenkenntnisse aneignen sollte. Die Exotik, die Ausländern eine gewisse faszinierende Wirkung verlieh, verflog auf banale Weise, wenn sie den Mund aufmachten und lauter einfältiges Zeug von sich gaben. Die Menschen, auch Idioten, reisten heutzutage viel und verbreiteten überall ihre dummen Gedanken, weil sie fremde Sprachen gelernt hatten. Blödsinn verbreitete sich mit blitzartiger Geschwindigkeit von Mund zu Mund, über die Sprachgrenzen hinweg. Das war auch der Grund für die zunehmende Oberflächlichkeit, ja den direkten Verfall der westlichen Zivilisation. Lautlose Einsprachigkeit sollte daher propagiert werden. Eigentlich müsste verfügt werden, dass nur einigermaßen vernünftige Menschen das Recht hatten, ein Gespräch zu eröffnen.
    Marvao ragte schroff im Grenzgebiet zwischen Portugal und Spanien auf. Es war ein uralter Festungsberg, oben auf seiner Spitze gab es ein düsteres Schloss und eine kleine Stadt. In den schmalen Gassen mit Kopfsteinpflaster spielten schüchterne Kinder, und ein paar Touristen fotografierten sich gegenseitig vor den alten Schlossmauern. Zwei wütende Straßenköter balgten sich verbissen neben einer kleinen Leichenhalle. Sie stritten sich um einen stinkenden Knochen, den sie im umgekippten Müllcontainer gefunden hatten.
    Die Pousada Santa Maria war aus zwei ehemaligen Privathäusern entstanden, und somit waren die Zimmer recht schlicht, jedoch ebenfalls mit allem nötigen Komfort ausgestattet. Ragnar Lundmark brauchte Zeit, um mit seinen Krücken die steilen Gassen zur Pousada hinaufzukraxeln, aber oben angekommen, freute auch er sich über den schönen Ausblick ins unten liegende fruchtbare Tal.
    Auf der Speisekarte des Restaurants standen Flunder mit Koriander gewürzt, außerdem Äsche, Krabben und Hummer, obwohl man sich weit weg vom Meer befand. Lena und Ragnar bestellten sich zum Abendessen Fisch und Krebse, aber Hermanni mied all das und begnügte sich mit einer magenfreundlichen Suppe aus Ziegenfleisch, die die Spezialität des Hauses war.
    Der Sonnenuntergang färbte den westlichen Horizont blaurot. In den abendlichen Dunst mischten sich helle Rauchstreifen, die von vereinzelt knisternden Buschbränden stammten. Im Osten, in den Ebenen Spaniens, ragten Kirchtürme auf, auch einige Städte, und dort badeten die vertrockneten Weizenfelder in gelbem Sonnenlicht. In diesen Gegenden waren im Laufe der Jahrhunderte unzählige Kriege geführt worden, Partisanen hatten beiderseits der Grenze zugeschlagen, das Blut von Menschen und Pferden hatte den lockeren Boden getränkt.
    Der Festungsberg war der letzte Schutz gegen das angriffslustige Volk im Osten gewesen, in dieser Hinsicht befanden sich Portugal und Finnland in derselben Situation – beide hatten im Osten einen großen und eroberungswütigen Nachbarn, im Falle Finnlands war es Russland, im Falle Portugals war es Spanien.
    Die drei Reisenden unterhielten sich darüber, welch schönes Schicksal Finnland in der Geschichte wohl gehabt hätte, wenn im Osten anstelle der Russen ein kleineres und sanfteres Volk gelebt hätte …, aber als sie länger darüber nachdachten, fiel ihnen auf der ganzen Welt kein einziges Volk, kein Stamm und keine Rasse ein, die ausschließlich friedlich lebte.
    Hermanni erzählte von seinen Erfahrungen mit der Verteidigungsbereitschaft der Schweden in seiner Jugend. Er hatte in den Fünfzigerjahren zusammen mit dem Schmucken Jussi an einer Reservistenübung in Mellajärvi in Ylitornio teilgenommen,
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