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Vom Himmel in Die Traufe

Titel: Vom Himmel in Die Traufe
Autoren: Arto Paasilinna
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zu neuer Blüte verhalf.
    Hermanni seinerseits dachte darüber nach, ob man den Bürgerkrieg auf Finnland begrenzen konnte oder ob sich auch die Arbeitslosen in den anderen europäischen Ländern erheben würden. Würde es ein weltweiter Konflikt werden? Würde es der Untergang der Menschheit oder ihre reinigende Rettung sein?
    Die durch die Schießscharte einsickernden Mondstrahlen wanderten langsam über die Ritterrüstung hin, überließen sie schließlich ihrer eisernen Dunkelheit und beschienen stattdessen das blinde grüne Auge der Klimaanlage.
    Der Endpunkt der Rundreise, die Pousada de Palmela, war ebenfalls früher Festung und auch Kloster gewesen. Obwohl sie mitten in Lissabons südlichem Industriegebiet lag, störte das die Reisenden durchaus nicht, denn Palmela erhob sich in einsamer Majestät auf der Spitze eines hohen Berges. Neben einstigen Königen hatte die Pousada auch den mittlerweile verstorbenen französischen Präsidenten Mitterand bei seinem Staatsbesuch in Portugal beherbergt. Hermanni Heiskari erinnerte sich, dass auch der Schmucke Jussi bald nach dem Zweiten Weltkrieg hier zwei Nächte gemeinsam mit Mannerheim logiert hatte, als der in Portugal geweilt hatte, um seine Gesundheit zu pflegen. Jussi war so etwas wie ein privater Sicherheitsmann gewesen, denn der betagte Kriegsmarschall hatte seinen offiziellen Adjutanten nicht mehr recht getraut.
    In der Pousada de Palmela stießen sie überraschend auf jenen russischen General, der Hermannis Studienkamerad in England gewesen war. Jetzt trug er die offizielle russische Armeeuniform mit zahlreichen Orden. Er saß im Café im Innenhof des Klosters und unterhielt sich mit einigen portugiesischen Herren. Als er die Finnen sah, freute er sich ungemein und eilte herbei, um sie zu begrüßen. Später am Nachmittag lud er Hermanni und seine Begleitung zu einem Umtrunk ein. Wie sich zeigte, hatte er irgendwie in Erfahrung gebracht, dass Lena Lundmark im Namen ihrer Speditionsfirma große Mengen chinesischer Sturmgewehre eingekauft hatte.
    »Leider habe ich bei diesem Geschäft nicht als Vermittler fungieren können, aber bei eventuellem späteren Bedarf Ihrerseits hoffe ich, dass Sie meine Dienste nicht verschmähen.«
    Der General fand, dass es angenehm war, mit Finnen Geschäfte zu machen, denn sie verstanden die russische Volksseele besser als die übrigen Europäer.
    Der General kredenzte finnischen Wodka, Tee und Honig. Es war eine etwas seltsame Begegnung, aber zum Schluss war die Stimmung ganz locker. Lena erzählte, dass sie Hermanni heiraten wollte, und darauf stießen alle gemeinsam an.
    In der Palmela nahmen sie ihr Abschiedsessen ein. Die zwei Wochen waren sehr rasch verflogen. Hermannis Magen war wieder in Ordnung, Ragnars Schmerzen im Knochen hatten nachgelassen, Lena hatte sich von ihrer Erschöpfung erholt. Zur Mahlzeit genossen sie gefüllte Taschenkrebse und Weißhaiflossen in Stoutmarinade.
    Noch eine letzte Nacht ruhte das Paar im königlichen Bett, bevor sie heimreisten. Lena schlief unruhig, und in den frühen Morgenstunden klagte sie Hermanni gegenüber, wie schlecht es um Finnlands Arbeitslose, eigentlich um alle armen Leute stand. Der Menschheit ging es nicht gut, und ausgerechnet in diesen Zeiten musste sie heiraten.
    Aber selbst die tiefste ökonomische Krise macht nicht jeden arm, und auch die größte Katastrophe tötet nicht alle. Auf einem kleinen Atoll im Stillen Ozean wurden um diese Zeit achtundzwanzigtausend ertrunkene Schafe angespült. Die Wellen schichteten ihre Kadaver zu einer weißen Wollmauer vor dem grünen Dschungel auf. Aber da waren auch vierzehntausend lebende Schlachttiere nebst mehreren Böcken, die die Weiden der Insel in Beschlag nahmen. Nicht allen auf dieser Welt geht es schlecht.

35
    Es war ein ziemlich kalter Januartag, die Windgeschwindigkeit betrug fünf Meter pro Sekunde, als Lena Lundmark und Hermanni Heiskari auf dem Ukonkivi im Inarisee getraut wurden. Ein riesiger Heißluftballon der Speditionsfirma, versehen mit einem wunderschönen und leuchtenden roten Kreuz, vibrierte ungeduldig im Wind. Etliche Menschen waren auf den Opferstein geklettert, um bei der Trauung Zeuge zu sein. Da waren Hermanni Heiskaris Kinder, ferner Oberst Ragnar Lundmark im Halbgips, eine kleine Auswahl åländischer Herren aus der Reedereibranche samt Gattinnen, fünf Taxifahrer aus verschiedenen Gegenden Lapplands, dazu Vertreter des Roten Kreuzes, Doktor Seppo Sorjonen mit Frau, die erwachsenen Kinder der Heikkinens,
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