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Vom Geschlechtsverkehr mit Verwandten ist daher abzuraten

Vom Geschlechtsverkehr mit Verwandten ist daher abzuraten

Titel: Vom Geschlechtsverkehr mit Verwandten ist daher abzuraten
Autoren: Winfried Schwabe
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Theorie.
    Dass das in der praktischen Umsetzung gelegentlich auch schon mal ganz anders laufen kann, zeigt eine bemerkenswerte Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Brandenburg: Im konkreten Fall hatten getrennt lebende Eltern aus wirtschaftlicher Not entschieden, dass sie ihrer Unterhaltsverpflichtung gegenüber der gerade volljährigen Tochter dadurch nachkommen wollten, die Tochter weiterhin bei ihrer Mutter wohnen zu lassen. Unterhalt also in klassischer Form: Kost und Logis. Gesetzlich ist dies auch abgesegnet, die Eltern haben nämlich ein sogenanntes »Bestimmungsrecht« und können gemäß § 1612 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) selbst entscheiden, wie sie ihrer Verpflichtung auf Unterhalt nachkommen. Einzige Einschränkung: Es muss bei der Bestimmung des Unterhalts »auf die Belange des Kindes Rücksicht genommen werden«. Ist etwa die Beziehung zu dem Elternteil, bei dem das Kind wohnen soll, komplett zerrüttet, muss das Kind dort nicht bleiben, es hat in diesem Falle einen Anspruch auf Bar-Unterhalt.
    Und genau diesen Bar-Unterhalt begehrte die Tochter und führte vor Gericht als Begründung einen heftigen Streit mit ihrer Mutter an, in dem unter anderem das Wort »Balg« gefallen war. Das OLG Brandenburg wies die Klage ab und gab der jungen Frau zusätzlich einen Grundkurs in Sachen Regeln des familiären Zusammenlebens: »Konflikte in zwischenmenschlichen Beziehungen sind natürlicher Bestandteil menschlicher Existenz. Sie können nur in Ausnahmefällen dazu führen, dass ein Zusammenleben nicht mehr möglich erscheint. Gerade aufgrund des familiären Zusammenlebens ist jeder gehalten, derartige Konflikte mit auszutragen. Eine für eine Volljährige unter Umständen unangemessene Äußerung (›Balg‹) belastet zwar das gegenseitige Verhältnis; sie rechtfertigt aber keinesfalls die Annahme einer Zerrüttung. Solche Streitigkeiten kommen in jeder Familie vor. Dem Willen des volljährigen Kindes auf eigene Lebensführung kann angesichts dessen keine größere Bedeutung zukommen als dem Gebot der Rücksichtnahme auf die wirtschaftlichen Möglichkeiten der Eltern.«

Oberlandesgericht Brandenburg — Aktenzeichen: 9 WF 116/08

Alter vor Schönheit
Wie der Bundesgerichtshof eine 96-Jährige schützt
    Bei manchen Rechtsstreitigkeiten wundert sich selbst der langjährig geschulte Leser von Gerichtsurteilen, wozu Menschen zur Durchsetzung ihrer »Rechte« fähig sein können. Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe musste kürzlich über folgenden Fall entscheiden: Ein Vermieter hatte seine 96-jährige (!) Mieterin erfolgreich aus der Mietwohnung geklagt und forderte nun die Vollstreckung dieses Urteils, also die Räumung der Wohnung. Für den Vermieter offenbar überraschend, wollte und konnte die betagte Dame für die restlichen Tage ihres Lebens nicht aus der Wohnung ausziehen und begehrte sogenannten »Vollstreckungsschutz«. Ihr Problem: Nach den Buchstaben des Gesetzes ist ein solcher Schutz gegen die Vollstreckung eines Urteils nur möglich, wenn die »Vollstreckungsmaßnahme«, also die Räumung selbst, eine besondere Härte für den Schuldner darstellt – was die Dame aber gar nicht vortrug. Sie erklärte vielmehr, dass die späteren Konsequenzen der Räumung, nämlich unter anderem der Umzug und die notwendige Verfrachtung in ein ihr nicht bekanntes Altersheim für sie aufgrund ihres hohen Alters lebensbedrohlich seien. Da sich der Vermieter auch durch entsprechende ärztliche Nachweise und Warnungen nicht beeindrucken ließ, ging die Sache erneut vor Gericht.
    Kaum zu glauben, aber erst der BGH gab der Frau jetzt Recht, setzte sich mit seinem Urteil über das geschriebene Gesetz hinweg und ermöglichte so den weiteren Aufenthalt in der Wohnung. »Zwar können«, so der BGH, »ein hohes Alter sowie ein schlechter Gesundheitszustand keine Gründe gegen die Vollstreckung eines Räumungsurteils sein. Der Schuldner muss dies hinnehmen, da andernfalls der Rechtsfrieden und der berechtigte Anspruch des Gläubigers nicht durchgesetzt werden können. Die Grenze des Erträglichen und von der Rechtsordnung Tolerierbaren ist aber überschritten, wenn die Folgen einer solchen Vollstreckung für den Schuldner nachweisbar lebensbedrohliche Konsequenzen haben. In einer solchen Situation muss die Beurteilung des
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