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Vollstreckung - Sturm, A: Vollstreckung

Vollstreckung - Sturm, A: Vollstreckung

Titel: Vollstreckung - Sturm, A: Vollstreckung
Autoren: Andreas M. Sturm
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Stoff seines Hosenbeines durchtränkt. Witkowski wusste, dass mit dem Blut auch das Leben aus seinem Körper rann. Diese Erkenntnis löste einen Schock bei ihm aus und ließ ihn erstarren.
    Karin sah Witkowskis graues Gesicht, aus dem die Solariumbräune verschwunden war, in einer Linie, die aus Kimme, Korn und dem Pistolenlauf gebildet wurde, vor sich. Dann verschwamm das Gesicht vor ihren Augen und Karin dachte an all die Tatortfotos, welche die Opfer von Witkowskis Untaten abbildeten. Sie dachte an die Frauen, die von ihm zur Prostitution gezwungen wurden und die er wegwarf, wenn sie verbraucht waren. Und ihr kamen auch die Drogenopfer in den Sinn, die sich mit Witkowskis Gift langsam aus dem Leben gemogelt hatten.
    Karins Finger krümmte sich um den Abzug. Sie fühlte den Druckpunkt. Die kleinste Bewegung ihres Fingers würde die Treibladung der Patrone explodieren lassen und das Projektil aus dem Lauf treiben. Wenn sie jetzt schoss, würde sie nichts weiter tun, als die Welt von einer Bestie befreien.
    Karin wurde von Sandras heftigen Bewegungen, die diese mit Mühe auf dem Stuhl ausführte, und von den Lauten, die Sandra hinter dem Klebeband erzeugte, in die Realität zurückgerufen. Sie sah Witkowskis Gesicht, auf dem der kalte Schweiß perlte, wieder scharf. Der Moment war vorüber.
    Sie ging zu Sandra, schnitt mit ihrem Messer, welches eben gerade Witkowskis Arterie verletzt hatte, deren Fesseln durch und entfernte vorsichtig das Klebeband von Sandras Lippen.
    Sandra hustete und spuckte, dann brachte sie krächzend hervor »Nein, Karin! Er ist es nicht wert, dass du dein Leben zerstörst.« Sie wollte sich von dem Stuhl erheben, aber sie sank zusammen, da ihre Beine sie nicht trugen. Durch das lange Sitzen und die straffen Fesseln konnte das Blut nur ungenügend zirkulieren und Sandra hatte das Gefühl in ihren Beinen verloren.
    Karin lehnte sich, mit ihren Kräften am Ende, gegen die Wand und schaute zu, wie Sandra sich auf dem Boden zu dem inzwischen zusammengebrochenen Witkowski zog. Als Sandra ihn erreichte, band sie mit einem Stück der Fesseln Witkowskis Bein fest ab.
    Das Poltern der Waffe auf dem Boden, die unbemerkt ihren Fingern entglitten war, schreckte Karin aus ihrer Teilnahmslosigkeit. Sie blickte auf die vor ihr liegende Szenerie, sah Sandra, die neben dem bewusstlosen Witkowski auf dem Boden sitzend intensiv ihre Beine massierte, registrierte den Schmerz in ihrem Bauch und bemerkte einen zweiten Schmerzherd in ihrer Blase. Jetzt, wo die Anspannung ihren Körper verließ, überfiel sie das drängende Gefühl mit einer derartigen Wucht, dass sie sich krümmte. Sie sah sich suchend um und entdeckte eine Schleuse, die im Kellerboden eingelassen war. In gebückter Haltung schaffte es Karin gerade noch, sich zu der Schleuse zu schleppen, die Hosen herunterzuziehen und dann ließ sie ihren Schmerz in den Abfluss sprudeln.
    Das plätschernde Geräusch und die damit einhergehende Erleichterung holten Karin gänzlich aus ihrem Trauma zurück. Sie besann sich auf die vor ihr liegenden Aufgaben. Sie ordnete, während sie verlegen zu Sandra schielte, ihre Kleidung, dann griff sie ihr Handy und wollte den Notarzt rufen. Kein Netz. Karin eilte aus dem Keller, verließ das Gebäude und rief im Freien den Rettungsdienst und die Einsatzleitung der Polizei. Zurück im Keller setzte sie sich zu Sandra auf den Boden.
    »Hat er dir etwas angetan?«, fragte sie besorgt ihre Partnerin und legte den Arm um sie.
    »Nur Angst eingejagt. Aber das sehr gründlich. Er hat mir anschaulich ausgemalt, was er alles mit mir anstellen wird. Aber die meiste Zeit saß ich allein hier. Das gab mir genügend Zeit zu überlegen, was Witkowski eigentlich bezweckt, das hat er mir nämlich nicht verraten. Als du dann hier rein geschlichen kamst, war mir klar, dass ich mit meinen Vermutungen richtig lag.« Sandra drückte Karin an sich und sagte bedrückt: »Es ist furchtbar, wie er mit dir umgegangen ist. Hast du starke Schmerzen?«
    »Halb so wild«, winkte Karin ab. Sie rieb ihre Hüfte, verzog das Gesicht und versuchte ein Lächeln, aber es fiel kläglich aus. »Aber sehr dekorative Hämatome werde ich bekommen, da fällt die Bikinizeit in diesem Jahr aus.«
    Sandra sah das schräge Grinsen ihrer Partnerin und war erleichtert, dass Karin die Schläge offensichtlich relativ gut weggesteckt hatte. »Als diese Bestie dich geschlagen hat, bin ich auf meinem Stuhl halb durchgedreht, weil ich dir nicht beistehen konnte. Und alles nur
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