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Visionen Der Nacht: Die Dunkle Gabe

Visionen Der Nacht: Die Dunkle Gabe

Titel: Visionen Der Nacht: Die Dunkle Gabe
Autoren: Lisa J. Smith
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recht hatte. Joyce hatte Gabriels Kopf gegen den Kristall gestoßen und hielt ihn fest, im Gesicht einen Ausdruck, den Kaitlyn noch nie an ihr gesehen hatte. Unbändige, bestialische Wut.
    Sie hat es die ganze Zeit gewusst. Sie war von Anfang an eingeweiht, sagte Kaitlyn angewidert. Sie spürte das Entsetzen und den Schmerz der anderen, insbesondere bei Rob. Doch ihr Schrei hatte sie rechtzeitig erreicht – keiner von ihnen hatte den Kristall berührt.

    Bis auf Gabriel. Gabriel, der nun von weiß glühenden Schmerzblitzen aus seiner Bewusstlosigkeit geholt wurde.
    Kaitlyn und Rob setzten sich gleichzeitig in Bewegung, um Joyce von Gabriel wegzuzerren. Doch in diesem Augenblick öffnete sich die Tür, und das Chaos brach über sie herein.
    Es waren Mr. Zetes und die Rottweiler. Etwas traf Kaitlyn mit der Wucht eines LKWs, und sie ging zu Boden. Ein Hund zerrte an ihr. Mr. Zetes hatte die Pistole in der Hand.
    Joyce, die immer noch Gabriel gegen den Kristall presste, rief: »Ich kappe die Verbindung! Ich kappe sie!«
    Rob kämpfte gegen den anderen Hund. Anna versuchte, das Tier von ihm wegzurufen, doch ihre Kommandos gingen im Lärm unter.
    »Es gibt eine einfachere Methode! Einer von ihnen muss sterben!«, rief Mr. Zetes. Er zielte mit der Pistole auf Lewis.
    Das ist dann das Ende, dachte ein Teil von Kaitlyn seltsam distanziert. Keiner von ihnen konnte Lewis helfen. Keiner konnte Mr. Zetes daran hindern zu schießen.
    Sie spürte förmlich, wie sich der Finger des alten Mannes auf den Abzug legte. Gleichzeitig sah sie den Raum wie ein großes Bild, dessen Details sich ihr unauslöschlich
einprägten, ähnlich dem Augenblick, in dem das Blitzlicht einer Kamera aufleuchtet. Rob und Anna rangen mit den Rottweilern, Lewis stand da, ein schon fast komisch anmutendes Entsetzen im Gesicht. Joyce beugte sich über Gabriel, dessen Wangen blutüberströmt waren und der gerade in diesem Moment die Augen öffnete …
    Als sie merkte, dass Gabriel erwachte, fühlte Kaitlyn seinen Schmerz, aber auch seine Wut. Jemand tat ihm weh. Jemand bedrohte ein Mitglied seines Netzes.
    Gabriel schlug wild um sich.
    Mr. Zetes hatte behauptet, dass ein Telepath, der sich in einer stabilen Verbindung befindet, über diese Verbindung nicht hinausreicht — doch Gabriel war jetzt an eine unermesslich große Kraftquelle angeschlossen. Sein Geist strahlte wie eine Supernova — in vier Richtungen. Mit absoluter Präzision und tödlicher Macht schleuderte er Feuerstrahlen auf Mr. Zetes, Joyce und die beiden Hunde.
    Kaitlyn hörte innerlich das Echo dessen, was Gabriel entfesselt hatte. Es warf sie um.
    Mr. Zetes ging zu Boden, ohne einen Schuss abgegeben zu haben. Hinter Gabriel schlug Joyce gegen die Wand. Der Hund, der eben noch an Kaitlyns Arm gezerrt hatte, wand sich zitternd am Boden, als hätte er einen Elektroschock erhalten, und blieb dann reglos liegen.

    Gabriel sackte in sich zusammen. Im Raum war es still.
    Lasst uns abhauen, keuchte Rob.
     
    Kaitlyn wusste später nicht, wie sie aus dem Haus gekommen waren. Rob führte und trieb die anderen an und schleppte Gabriel mit, während sich Kaitlyn, Anna und Lewis gegenseitig stützten. Nach scheinbar endlosem Stolpern hatten sie endlich Gras unter den Füßen.
    Gras, das kühl war vom Tau. Es fühlte sich herrlich an. Kaitlyn war so dankbar wie jemand, der gerade einem brennenden Haus entkommen war.
    »Sind sie tot?«, flüsterte Lewis schließlich.
    Die Hunde schon, glaube ich, sagte Anna. Kaitlyn stimmte ihr zu. Sie hatte gesehen, dass aus Augen, Nase und Ohren des Hundes, der sie angegriffen hatte, Blut geflossen war.
    Bei Mr. Zetes und Joyce bin ich mir nicht so sicher, fuhr Anna fort. Ich könnte mir vorstellen, dass sie noch am Leben sind.
    »Also wollte Joyce Gabriel gar nicht retten«, sagte Lewis.
    »Nein. Sie wollte um jeden Preis das Netz zerstören«, sagte Kaitlyn heiser. »Auch wenn sie uns hätte töten müssen. Gabriel hätte ihnen nichts genützt, solange er mit uns verbunden war. Fragt mich nicht, warum, das erkläre ich euch später.«

    »Joyce war auf der Seite des Bösen«, sagte Lewis traurig. Die schiere Unschuld dieser Aussage beeindruckte Kait.
    Joyce war die ganze Zeit gegen sie gewesen, bereit, sie zu missbrauchen. Marisol hatte unrecht gehabt: Joyce war offensichtlich in alles eingeweiht gewesen. Sie hatte vom Kristall gewusst und nicht gezögert, Gebrauch davon zu machen. Bestimmt hatte sie auch von dem verborgenen Zimmer gewusst.
    »Gott«, flüsterte
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