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Visionen Der Nacht: Die Dunkle Gabe

Visionen Der Nacht: Die Dunkle Gabe

Titel: Visionen Der Nacht: Die Dunkle Gabe
Autoren: Lisa J. Smith
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Tsunami aufbaut. Es war eine Art innerer Mobilmachung in Gabriel. Kait wappnete sich und spürte schon im selben Moment, wie er seine Kräfte entfesselte.
    Oder es zumindest versuchte. Denn die Welle erfasste nicht etwa Mr. Zetes, sondern viel mehr sie und Gabriel.
    Es stimmte. Er konnte zu niemandem außerhalb des Netzes eine Verbindung aufbauen – weder um mit ihm zu kommunizieren, noch um ihm Energie zu entziehen. Ihr hätte er also auf Mr. Zetes Befehl hin schaden können, aber gegen den alten Mann war er im Moment völlig machtlos.
    »Wenn du dich jetzt bitte auf den Stuhl da setzen würdest«, sagte Mr. Zetes.
    Kaitlyns Blick wanderte zu einem Edelstahlstuhl,
der ihr bis dahin nicht weiter aufgefallen war. Er stand gegenüber der Tür und war offenbar mit allerhand Technik ausgestattet.
    Die Pistole vor sich und die Hunde zu beiden Seiten, wich Gabriel zum Stuhl zurück und setzte sich.
    Mr. Zetes machte einige schnelle Bewegungen und bückte sich kurz. Als er sich wieder aufrichtete, sah Kaitlyn, dass Gabriel mit den Hand- und Fußgelenken an den Stuhl gefesselt war.
    Mr. Zetes stellte sich hinter den Stuhl und ließ zwei flügelähnliche Vorrichtungen nach vorn schwingen. Bald steckte Gabriels Kopf in einer Apparatur fest, die aussah, als könnte man damit Hirnoperationen durchführen.
    »Der Kristall kann nicht nur paranormale Kräfte vervielfältigen«, sagte Mr. Zetes. »Er kann auch grauenhafte Schmerzen verursachen, bis hin zum Wahnsinn. Genau das ist in der Pilotstudie passiert.« Er ging einen Schritt zurück. »Sitzt du bequem?«, fragte er.
    Kaitlyn erinnerte sich an die rasenden Kopfschmerzen, die die Berührung mit dem fingernagelgroßen Kristallstückchen ausgelöst hatte.
    Mr. Zetes ging zu dem hohen Kristall mit den zackigen Auswüchsen. Jetzt erst fiel Kaitlyn auf, dass er auf einem fahrbaren Metalltischchen stand. Das schwere Ungetüm ließ sich verschieben.
    Sehr vorsichtig karrte Mr. Zetes den Kristall zu Gabriel
hinüber. Als er direkt neben ihm stand, neigte er den Kristall mehrmals leicht und richtete ihn wieder auf, bis einer der kristallinen Auswüchse Gabriels Stirn berührte.
    Er ruhte genau auf seinem dritten Auge.
    »Es wird eine Weile dauern, bis es wirkt. Ich verlasse jetzt den Raum«, sagte Mr. Zetes. »In einer Stunde komme ich zurück. Bis dahin hast du, glaube ich, deine Meinung geändert.«
    Er ging, gefolgt von den Hunden.
    Kaitlyn blieb mit Gabriel allein zurück. Es gab absolut nichts, was sie hätte tun können.
    Sie untersuchte verzweifelt die Tür des Metallkäfigs und rüttelte mit der Kraft der Verzweiflung, schaffte es aber lediglich, sich die Finger aufzuschneiden. Sie brauchte etwa zwei Minuten, bis sie einsah, dass sie mit Fäusten, Füßen oder ihrem Körpergewicht nichts ausrichten konnte.
    »Gib dir keine Mühe«, sagte Gabriel. Es klang unglaublich angestrengt. Kaitlyn sah zu ihm hinüber.
    Er saß völlig reglos da, das Gesicht leichenblass. Jetzt, da Kaitlyn still war, spürte sie durch das Netz den Schmerz.
    Er versuchte, ihn zurückzuhalten, sich und den Schmerz vor ihr abzuschotten. Das wenige, das zu ihr durchdrang, war einfach grauenhaft.
    Der Druck in der Stirn war genauso, wie sie es mit
Joyce’ Kristall schon erlebt hatte, nur unbeschreiblich heftiger. Als blähte sich dort etwas auf und drängte nach außen. Und die Hitze – wie ein Gasbrenner, der immer auf dieselbe Stelle gerichtet war. Dieser grässliche schwarze Schmerz …
    Kaitlyns Knie gaben nach, und sie stürzte auf den Boden des Käfigs.
    Sie rappelte sich wieder auf.
    Oh, Gabriel …
    Lass mich in Ruhe.
    »Es tut mir leid«, flüsterte sie und wiederholte es noch einmal innerlich. Es tut mir so leid …
    Lass mich einfach in Ruhe! Ich brauche dich nicht …
    Kaitlyn konnte ihn nicht in Ruhe lassen. Sie war mit ihm eingeschlossen, teilte mit ihm die Wogen des Schmerzes, die sich immer neu aufbauten, sich über ihnen brachen, sich scheinbar endlos ausbreiteten, anschwollen … sie alle erfassten. Alle fünf, die im Netz vereint waren.
    Kaitlyn!, rief entfernt eine Stimme.
    Die Verbindung war schwach, doch Kaitlyn erkannte Rob.
    Da war nicht nur Schmerz, da war auch Kraft. Der Kristall verlieh Gabriel Kraft.
    Rob – hörst du mich? Lewis, Anna, hört ihr mich?
    Kaitlyn, was ist los? Wo bist du?
    Sie sind es, Gabriel! Wir haben sie! Sie sind es! Trotz
des intensiven Schmerzes befand sich Kaitlyn einen Moment lang geradezu in einem Freudentaumel.
    Wir können sie jede Sekunde wieder
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