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Visionen Der Nacht: Die Dunkle Gabe

Visionen Der Nacht: Die Dunkle Gabe

Titel: Visionen Der Nacht: Die Dunkle Gabe
Autoren: Lisa J. Smith
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stirbt.«
    Gabriels Brust hob und senkte sich schwer. »Die Verbindung muss durchbrochen werden«, wiederholte er grimmig.
    »Dann los«, sagte Mr. Zetes. »Es ist bedauerlich, aber es muss sein. Es ist ja nicht das erste Mal, dass du tötest.« Er sah Kaitlyn an. »Hast du davon gehört? Er entzieht seinen Opfern alle Lebensenergie. Eine außergewöhnliche
Gabe.« Er verströmte eine makabere Genugtuung.
    Doch rasch gewann die Ungeduld wieder Oberhand. »Gabriel, du weißt, welchen Lohn du erhalten wirst. Du kannst buchstäblich alles haben, was du willst. Geld, Macht, die Stellung in der Welt, die dir zusteht. Aber du musst kooperieren. Du musst dich beweisen.«
    Gabriel stand da wie angewurzelt. Abgesehen von dem einen Satz hatte er kein Wort gesagt. Kaitlyns Künstlerseele musterte ihn mit irrwitziger Klarheit, bewunderte seine ruhigen Züge. Er erinnerte ein wenig an eine Marmorskulptur seines Namensvetters, des Erzengels. Einmal abgesehen von den Augen, die einem Engel wahrlich nicht zu Gesicht gestanden hätten — mitleidlos, kalt, dunkel und unergründlich wie ein schwarzes Loch.
    Augen, die einem Auftragsmörder gut gestanden hätten.
    Dann trat so etwas wie Traurigkeit in seinen Blick. Tut es ihm leid, dass er mich umbringen muss?, fragte sich Kaitlyn. Durch das telepathische Netz spürte sie nach wie vor nichts. Es war, als befände sich am anderen Ende der Verbindung ein Gletscher.
    »Mach schon«, sagte Mr. Zetes.
    Gabriel blickte erst Kaitlyn an, dann den weißhaarigen Mann.

    »Lieber würde ich Sie umbringen«, sagte er im Plauderton.
    Kaitlyn wusste erst nicht, was er meinte. Sollte das etwa eine Weigerung sein?
    Mr. Zetes fand das alles andere als lustig. Er wich zurück, eine Hand hinter dem Rücken.
    »Wenn du nicht für mich bist, bist du gegen mich, Gabriel«, sagte er. »Wenn du nicht kooperierst, muss ich dich wie einen Feind behandeln.«
    »Ich glaube nicht, dass Ihnen dafür genügend Zeit bleibt«, sagte Gabriel und machte einen Schritt auf ihn zu.
    Kaitlyn bohrte die Finger in den Metalldraht des Käfigs. Ihr betäubtes Hirn setzte endlich die Teile zusammen. Fast hätte sie hysterisch gelacht, aber sie konnte gerade noch an sich halten.
    Töte ihn nicht, dachte sie hektisch. Bring ihn nicht um – er hat den Verstand verloren, merkst du das nicht? Wir können die Polizei rufen, ihn einweisen lassen, aber wir können ihn nicht umbringen.
    Gabriel warf ihr einen kurzen Blick zu. »Du hast sie ja nicht mehr alle«, sagte er. »Wenn es jemand verdient hat, dann doch wohl er. Nicht, dass Ihre Idee nicht auch einen gewissen Charme hat«, fügte er, an Mr. Zetes gewandt, hinzu. »Vor allem, was den Lohn angeht.«
    Mr. Zetes’ Blick war während dieses Wort- und Gedankenwechsels
zwischen Kaitlyn und Gabriel hin und her gerast. Nun nickte er fast unmerklich.
    Kaitlyn wartete auf ein Zeichen der Angst. Es blieb aus. Mr. Zetes war ruhig und gelassen.
    »Du bleibst dabei?«, fragte er Gabriel.
    Gabriel ging einen weiteren Schritt auf ihn zu. »Gute Nacht«, sagte er.
    Da nahm Mr. Zetes die Hand vom Rücken und zielte mit einer dunklen, sehr modern aussehenden Waffe auf Gabriel.
    »Baron, Prince — passt auf«, sagte er. Und dann fügte er hinzu: »Wenn du jetzt auch nur eine Bewegung machst, werden dir die Hunde an die Kehle gehen. Und vergiss nicht die Pistole. Ich bin ein guter Schütze. Glaubst du, dass du uns alle drei mit deinem Schnappmesser umbringen kannst, ehe wir dich töten? «
    Gabriel lachte, und es klang wahrhaft beunruhigend. Obwohl er jetzt mit dem Rücken zu Kaitlyn stand, wusste sie, dass er Mr. Zetes mit seinem blendendsten Lächeln bedachte. »Ich brauche kein Messer«, sagte er schlicht.
    Mr. Zetes schüttelte geringschätzig den Kopf. »Ich glaube, es gibt da etwas, das dir noch nicht bewusst ist. Joyce hat dich nicht mehr getestet, seit du diese … unglückselige Verbindung aufgebaut hast, nicht wahr?«
    »Na und?«

    »Wenn sie es getan hätte, dann hättest du gemerkt, dass ein Telepath, der eine stabile Verbindung zu anderen hat, außerhalb dieser Verbindung kaum noch Zugriff auf seine Kräfte hat. Mit anderen Worten, junger Mann, abgesehen von der Kommunikation innerhalb eurer Fünfergruppe hast du deine Macht eingebüßt. «
    Gabriels Ungläubigkeit war für Kaitlyn spürbar, denn sein Schutzwall war jetzt, da er abgelenkt war, schwächer geworden. In diesem Moment setzte eine Art Sog ein, so, als zöge sich das Wasser der Meere kurz zurück, ehe es sich zu einem
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