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Vierbeinige Freunde

Vierbeinige Freunde

Titel: Vierbeinige Freunde
Autoren: Wera Tschaplina
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konnte ich ihren Zustand beurteilen, was sie haben wollte und wie sie sich fühlte.
    Einmal wurde Kinuli krank. Ich bemerkte es, als sie noch ganz lustig war. Meine Hausgenossen lachten mich aus, ich bilde es mir nur ein, ich sei zu ängstlich. Doch sollte ich recht behalten. Am nächsten Tage lag Kinuli da und fraß nicht. Zehn Tage lang war Kinuli krank, und die ganze Zeit über schlief ich fast gar nicht. Alle Augenblicke sprang ich auf, horchte auf die Atemzüge der Kranken und machte ihr Wärmflaschen.
    Morgens klopften die Nachbarn vorsichtig an die Türe und erkundigten sich nach dem Befinden des Löwenjungen.
    Als Kinuli wiederhergestellt und auch größer geworden war, ließ ich sie in der ganzen Wohnung umherlaufen. Sie spazierte gemächlich durch Korridor, Bad und Küche, und alle Wohnungsinsassen gingen mit größter Vorsicht über den Korridor, um das Löwenjunge ja nicht zu treten. Kinuli kannte sie alle. Sie hatte sogar ihre Sympathien und Antipathien. Sie liebte die einen, ging sie besuchen, schmeichelte mit den einen, die anderen aber fauchte sie an, so besonders Maria Fjodorowna. Der Grund hierfür war vielleicht deren laute, scharfe Stimme; die Frau hatte auch Angst vor dem Tier. Es war ja doch trotz allem ein Löwe, und das war unheimlich! Tiere aber spüren so etwas. Kinuli kannte unsere Mitbewohner auch am Schritt. Eine Mieterin war weggefahren, als das Löwenkind noch ganz klein gewesen war, und kam erst zurück, als Kinuli zwei Monate alt war. Beim Klang ihrer Schritte stutzte Kinuli; unruhig die Ohren bewegend, schlich sie zur Türe und lauschte noch lange den verklingenden Schritten nach.
    Mich kannte Kinuli an der Stimme, am Schritt und an der Witterung. Ich brauchte bloß das Zimmer zu betreten, so stürzte sie mir entgegen und schmeichelte.
    Sie spielte gern Haschen, Fußball und Versteck. So stellten sich die Kinder draußen vor die Tür und flüsterten durchs Schlüsselloch: „Kinuli! Komm her, Kinuli!“ Als verstände sie alles, lief Kinuli sofort zur Tür, stellte sich auf die Hinterpfoten, drückte mit der Vorderpfote die Klinke herunter – und draußen war sie. Im Korridor aber ist niemand zu sehen, die Kinder haben sich alle versteckt. Kinuli geht herum und sucht sie. Sie sucht sie im dunklen Badezimmer, hinter den Türen, im Vorzimmer. Alle Winkel durchsucht sie. Hat sie sie dann gefunden, versteckt sie sich selber. Ihr Lieblingsversteck ist hinter dem Schrank, schmal und eng, mit Mühe nur zwängt sie sich dahinter. Die Kinder wissen genau, wo Kinuli ist. Doch geht es nicht an, sie gleich zu finden, das nimmt sie übel und spielt dann nicht mehr mit. Die Kinder laufen durch die Räume, kichern, geben sich den Anschein, als könnten sie Kinuli absolut nicht finden, Sie fragen einander: „Wo ist Kinuli? Wo ist Kinuli nur hin?“ Und das geht so lange, bis Kinuli von selber herausspringt.
    Am interessantesten aber war die Löwenjagd. Dieses Spiel hatte sich Jura, ein Freund meines Söhnchens, ausgedacht. Die Kinder gingen in den Korridor hinaus und teilten sich in zwei Parteien. Sie nahmen an den beiden Enden des Korridors Aufstellung. In der Mitte zwischen ihnen liegt Kinuli, zum Sprunge bereit. Jura rennt, so schnell er kann, an dem Löwen vorbei. Wie die Katze auf die Maus, springt Kinuli auf ihn los. Erwischt sie ihn an den Beinen, so ist der Jäger tot, streift sie ihn bloß, so ist er verwundet, ist er an ihr vorbeigekommen, so hat sie selber verspielt. Es kam selten vor, daß sie verspielte, und als sie dann erst größer geworden war, kam keiner mehr an ihr vorbei.
    Ein fröhliches Leben hatte Kinuli mit all den Kindern, und ganz traurig wurde sie, als die Kinder im Sommer in die Landhäuser übersiedelten. Auch Tolja war mit Mascha weggefahren. Tolja schrieb mir von unterwegs: „Liebe Mama, ich weiß nicht, was ich tun soll: weiterfahren oder zurückkommen, ich sehne mich so nach Kinuli.“ Auch Kinuli sehnte sich. Sie war gewöhnt, den ganzen Tag zu toben, zu spielen, und jetzt mußte sie ganz allein zurückbleiben, wenn ich zur Arbeit fuhr. Und so entschloß ich mich, ihr einen jungen Luchs als Spielgefährten mitzubringen.
    Tasko
    Tasko war, ebenso wie Kinuli, im Zoo geboren. Seine Mutter, ein großer, gelber Luchs, ist heute noch dort. Die ersten zwei Monate betreute die Mutter ihre Kleinen auf das sorgfältigste. Sie beleckte und säugte sie, und es brauchte nur einer der Besucher dem Gitter etwas zu nahe zu kommen, sogleich sprang sie ihn an. Die kleinen Luchse
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