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Vierbeinige Freunde

Vierbeinige Freunde

Titel: Vierbeinige Freunde
Autoren: Wera Tschaplina
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die Wolfs- und die Fuchswelpen dagegen ergreifen nur immer einzelne Hälmchen und kauen lange und unbeholfen daran herum.
    Beim Anblick eines solchen Schauspiels wunderten sich die Besucher des Zoologischen Gartens oft und glaubten, daß die Tiere zuwenig Futter bekämen und das Gras aus Hunger fräßen. Man war oft gezwungen, sie darüber aufzuklären, daß man den Raubtieren Grünfutter zusätzlich verabreichen muß; in Freiheit lebend, suchen sie sich das Nötige selber, hier aber sind sie auf uns angewiesen.
    Die tote Stunde
    Nach der Fütterung bedürfen die Tiere der Ruhe, der sogenannten toten Stunde, genauso wie die Menschen in den Sanatorien und Erholungsheimen und die Kinder in den Krippen. An Feiertagen jedoch, wenn viele Besucher in den Zoo kamen, mußten die Tiere dieser Ruhe entbehren. An solchen Tagen waren wir gezwungen, sie nach der Fütterung aus den Käfigen hinauszuschieben. Die Jungtiere bewegten sich dann träge und faul. Sie spielten nicht und lagen meist herum. Die Wolfswelpen, deren Bauch nach dem Fressen rund wie eine Wassermelone war, konnten sich kaum auf den Beinen halten, ihre Augen verglasten, und fingen sie wirklich zu spielen an, so konnte es geschehen, daß sie sich erbrachen. Das Fleisch kam dann unverdaut wieder heraus, und die Welpen blieben hungrig. Das war der Grund, daß an gewöhnlichen Tagen alle Tiere nach dem Fressen ruhen mußten. Für ein, zwei Stunden befand sich alles im Reiche des Schlafes. Dann aber erhoben sich die Kleinen wieder und verlangten ganz von allein ins Freie.
    Und was stellten sie nicht alles an, wenn man sie nach der Ruhepause wieder hinausließ! Die jungen Dingos stürzten sich gleich auf den Besen, jagten hintereinander her und rissen ihn sich gegenseitig weg; die ganze übrige Meute tobte hinter ihnen her. Den Dingos, den jungen Löwen und Bären erging es wie dem Schwan, dem Hecht und dem Krebs in Krylows Fabel. Alle hatten den Besen gepackt und zerrten nach verschiedenen Seiten. Hatten sie ihn dann vom Stiel losgerissen, so ging die Jagd von vorne los. Jeder mußte den Besen einmal gehabt haben.
    Das Gesicht des Tieres
    Oft wunderten sich die Besucher, daß wir im Jungtiergehege die einzelnen Tiere der gleichen Art so gut voneinander unterscheiden konnten. Aber ebensogut, wie eine Hausfrau ihre Hühner von denen ihrer Nachbarin unterscheiden kann, konnten wir das bei unseren Tieren. Für uns waren sie alle verschieden. Ein jedes hatte seine Schnauze, seinen Charakter, seine Gewohnheiten. Da läuft das Füchslein Liska vorbei. Es ist sofort zu erkennen: ein stumpfes, helles Schnäuzchen, gutmütige Augen. Es wird nicht beißen, man kann es ruhig auf den Arm nehmen. Und das dort ist sein Bruder Lissok. Er hat eine dunkle Schnauze und bösartige Schlitzaugen. Den darf man nicht hochnehmen, der beißt. Frantik, der Stutzer, ist auch ein Füchslein, dabei aber den beiden anderen durchaus nicht ähnlich, so schlank und hochbeinig ist er mit seinem verschmitzten Schnäuzchen. Und genauso verhält es sich mit den Dingos und den Jungwölfen. Sogar die Gangart ist bei jedem Tier anders. Unter den Wolfsjungen ist Wulka der Stärkste. Das spürt man schon an seinem ruhigen, sicheren Schritt. Seinen Bruder mußte man aus dem Jungtiergehege entfernen, er fiel immer die Schwachen an, vor allem das Ziegenböckchen, er war unberechenbar, und man konnte ihm nicht trauen.
    Wir kannten das Gesicht eines jeden unserer Tiere, wie hätten wir auch sonst arbeiten können? Wir hätten ja die Tiere verwechselt und die Familien durcheinandergebracht. Auf der Terrasse spielten zwar alle friedlich miteinander, im Käfig aber war das eine ganz andere Sache. Der Käfig war das Haus. Und wehe jedem Fremden, der es gewagt hätte, sich darin blicken zu lassen!
    Bis zum Herbst behielten wir die Jungtiere in unserem Gehege, dann kamen viele von ihnen, da sie ja schon fast erwachsen waren, in verschiedene Tiergärten, und ein Teil gelangte in die üblichen Käfige unseres Zoos. Unsere Terrasse wurde bis zum nächsten Frühjahr geschlossen.
     

KINULI
    Mutterlos
    Kinuli ist ein Löwenkind. Geboren wurde es im Zoo.
    Ich gab ihm diesen Namen, weil seine Mutter es verlassen hatte (kinuli, von russ. kinutj = wegwerfen). Warum die Löwin ihre Jungen nicht säugte, ist schwer zu sagen. Die Kleinen krochen winselnd im Käfig umher, sie aber schritt achtlos an ihnen vorüber. Am Tage nach der Geburt waren zwei von den Jungen gestorben, ein drittes biß die Löwin selber tot, das vierte konnte
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