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Video-Kid

Video-Kid

Titel: Video-Kid
Autoren: Bruce Sterling
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alle Spuren deiner sexuellen Disziplinierung auslöschen. Meine Pornostars gehören zu den erfahrensten und geschicktesten Sexualisten der Menschheit. Wir könnten deine schmerzvollen Hemmnisse mit Drogen auflösen, liebste Sanktanna, und dann könntest du dich mit aller Frische und fliegenden Beinen in ihre Arme stürzen. Ich versichere dir, daß du die Verkettung deines Körpers in dieses Gewirr der Leiber als höchst angenehm empfinden wirst. Viele Frauen würden sich freiwillig in die Sklaverei begeben, um nur einmal eine solche Erfahrung zu machen. Aber ich biete sie dir kostenlos an, aus dem Geist des libertären Hedonismus heraus. Später dann können wir überprüfen, wie viele von deinen Grundsätzen du noch aufrechterhältst, und mit welchem Grad von Überzeugung und Festigkeit. Bist du also bereit, dich auf eine solche Reise der Selbstentdeckung zu begeben?«
    Sanktanna gab zunächst keine Antwort. Dann sagte sie: »Ich spüre, daß Sie mir nichts Böses wollen, Herr Scheinberg, und daher will ich meinen Ekel und meine Empörung auch im Zaum halten. Ich muß Sie aber bitten, mir solche Angebote nie wieder zu unterbreiten.«
    Verblüfft meinte Scheinberg: »Ich wollte dir in keiner Weise zu nahe treten. Mein Angebot war ehrlich und lauter und im Geist der jedem Menschen innewohnenden Neugierde gemacht. Ist es nicht so, Starkbein?«
    »Doch, doch«, sagte Nimrod und zupfte spielerisch an den langen Enden seines herabhängenden Schnurrbarts. »Das Sexualleben der Niwlinder ist immer wieder aufs neue höchst faszinierend. Nehmt zum Beispiel den folgenden Fall, für den ich mich persönlich verbürgen kann …« Und dann erzählte er uns eine lange und bislang unerreicht unwahrscheinliche Lügengeschichte, die andauerte, bis Rätseling erschien, die Teller abräumte und uns mit einigen Schüsseln Salzgras-Reis vermischt mit köstlichem Sandkrabben-Fleisch wieder allein ließ. In einiger Entfernung entstand der grelle Blitz einer fliegenden Insel, die irgendwo über dem Kontinent detonierte. Wenig später donnerte es dumpf.
    »Unser heller Zorn über solche Dekadenz hat unserer Kirche ihre moralische Macht verliehen«, sagte Sanktanna. »Ich habe stets gegen das Verwerfliche gestritten, und ich sehe, daß auch diese Welt eine gründliche und tiefgreifende Säuberung vertragen könnte.«
    »Für ein solches Unterfangen benötigst du einen Stützpunkt«, sagte Scheinberg gastfreundlich. »Dürfte ich dir dafür mein Heim anbieten? Ich wäre auch bereit, meine zahlreichen Gäste und Freunde vor deinen Voreingenommenheiten zu warnen; und ich bin überzeugt, daß sie danach alle Anstrengungen unternehmen werden, keinen Spott über deine Arbeit zu verlieren.«
    »Nein, vielen Dank«, sagte die Heilige. »Ich beabsichtige, den stinkendsten Pfuhl der Verwerflichkeit auf dieser Welt zu besuchen - die Entkriminalisierte Zone. Während meiner Dekontamination habe ich einige Bänder über das dortige Treiben gesehen, und ich denke, dort werden meine Bemühungen am ehesten benötigt.«
    »Hast du den Verstand verloren!« entfuhr es mir. »Warum willst du so töricht sein und dich zusammenschlagen und vergewaltigen lassen, bevor du noch fünf Meter in der Zone zurückgelegt hast? Das ist dort doch keine Spielwiese für irgendwelche schwachsinnigen Fanatiker.«
    »Jetzt weiß ich auch, wo ich Sie schon einmal gesehen habe«, sagte Sanktanna. »Ich erkenne Ihre Stimme wieder. Sie sind dieser kleine Kerl mit den Spitzen auf dem Kopf, der diese große und schwere, schreiende Frau durchgeprügelt hat!«
    »Du hast meinen Kampf mit Kreischer gesehen?« fragte ich. »Dann hast du auch meinen Sieg miterlebt. Mein Schienbein war gebrochen, aber keinesfalls so dramatisch, wie es auf Kreischers Bändern zu sehen ist. Mittlerweile ist es auch schon fast wieder verheilt. Hier, sieh nur den Verband.« Ich schwang mein Bein auf den Tisch und zog ein Stück die Hose meines Ausgehpyjamas aus Flaumplastik zurück. Den Kampfanzug trug ich heute nicht. Wahrscheinlich hatte sie mich aus diesem Grund auch nicht gleich erkannt.
    »Und diese Waffe da um Ihren Hals«, bemerkte sie. »Sie sieht genauso aus wie das Statussymbol von Sekretär Tanglin, das er ständig mit sich herumtrug. Sie sehen ihm sogar recht ähnlich.«
    Dieser Hinweis auf Tanglin verblüffte mich. Aber nun war ich auf der Hut. »Ich bin sein Sohn«, antwortete ich ihr mit der üblichen Lüge. »Vor dreißig Jahren ist er auf Träumerei gewesen.«
    »Wie grauenvoll!« meinte sie
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