Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Verzwickt chaotisch

Verzwickt chaotisch

Titel: Verzwickt chaotisch
Autoren: Bettina Belitz
Vom Netzwerk:
erwischt?« Jetzt war ich hellwach. Oh nein. Meine Eltern waren ins Bad gekommen und hatten das Duschgel durch die Luft wandern sehen. Oder noch schlimmer: Schaum, der an einem unsichtbaren Körper hinunterlief. Viel Schaum …
    »Nein, nein, das nicht, aber – ich – ich …« Leander fing an zu stottern und fuhr sich nervös durch seine verstrubbelten Haare. »Ich mache mir Sorgen. Sie haben so komische Geräusche gemacht. Es klang, als hätten sie Schmerzen, alle beide. Vor allem deine Mutter. Aber als ich dann die Tür ein Stück aufgeschoben und ins Schlafzimmer geschaut habe – ich bin ein Wächter, ich muss das tun! –, da …«
    »Was ist mit meinen Eltern?« Ich schmiss ihm ein Kissen an den Kopf. Musste er immer so herumdrucksen? »Nun rede schon! Sind sie krank? Verletzt? Soll ich einen Arzt holen?« Nun war auch ich vollkommen aufgelöst. Meine Eltern hatten Schmerzen! War vielleicht Mamas Nudelauflauf verdorben gewesen? Brannte es wieder? Oder …
    »Nein, Luzie, stopp. Kein Arzt.« Leander atmete geräuschvoll aus. »Ich glaube, sie brauchen keinen Arzt. Es war nur sehr – hm.« Er suchte nach Worten. »Also, deine Mama hat immer haaa, haaa gemacht und dein Papa huuu und hooo, huuu, hooo, und erst dachte ich, deine Mama bringt deinen Papa um, weil sie ihn fast unter sich begraben hat, na, und dann ging das immer so weiter, haaa, huuu, hooo, sie sind auf und ab gewippt, das Bett hat gequietscht …«
    »Schluss!«, rief ich und schlug mir gleichzeitig die Hand vor den Mund. Ich durfte nicht zu laut werden. Ich wollte Mama und Papa jetzt nicht anlocken. Ich wollte sie auf keinen Fall sehen. Das Beste würde sein, sie niemals wieder zu sehen. Mir andere Eltern zu suchen. Auszuwandern. »Ist okay, ich hab verstanden! Sie sind nicht krank. Oh Mann, Leander …«
    Ich wandte mich ab und drückte mein Gesicht in die Bettdecke. Am liebsten hätte ich mich darunter verkrochen. Verdammt, war das peinlich. Leander hatte meinen Eltern beim Sex zugeguckt.
    »Jedenfalls«, fuhr Leander wichtig fort. »Nach vielen Huus und Haas und Hooos hat deine Mama aufgehört, deinen Papa in die Matratze zu drücken, sie haben beide gejauchzt und er hat gesagt, dass er sie liebt! Sie tut ihm minutenlang weh und er sagt, dass er sie liebt! Allerdings verstehe ich nicht, wieso sie haaaah, haaaah gemacht hat, obwohl er ihr gar nichts Schlimmes angetan hat. So sah es zumindest aus. Ich meine, ich weiß es nicht genau, es war dunkel, aber – warum machen die so etwas, Luzie? Luzie, antworte!«
    Ich stellte mich tot, doch Leander begann, an meinen Haaren herumzuzupfen und mich in die Seite zu pieken.
    »Lass mich in Frieden und setz dich auf deinen Schreibtisch!«, herrschte ich ihn an. Eigentlich war es mein Schreibtisch. Doch das war mir gleichgültig. Er sollte aufhören, mich anzufassen. Leander folgte meiner Anweisung, durchleuchtete mich aber weiterhin mit seinem zweifarbigen »Ich will alles wissen!« -Blick.
    »Luzie, sag mir bitte, was deine Eltern da gemacht haben. Bitte! Ich muss das verstehen, wenn ich gut im Menschein werden will. Was war das? Muss ich das auch tun?«
    »Niemand muss das tun«, antwortete ich barsch. »Die machen das, weil sie sich lieb haben. Jetzt sag bloß, du bist nicht aufgeklärt. Das gibt es nicht. Ihr beschützt Menschen und seid nicht aufgeklärt?«
    »Natürlich bin ich aufgeklärt!«, entgegnete Leander empört. »Die Männer stecken ihr …«
    »Ich bin auch aufgeklärt«, unterbrach ich ihn hastig. »Ich weiß alles. Und genau das war das, was du eben gesehen hast. Denke ich. Okay?«
    »Hm. Ach so.« Leander war offenbar gar nichts peinlich. Nein, er schien die Angelegenheit hochinteressant zu finden. »Ich wusste nicht, dass sie so seltsame Geräusche dabei machen. Das hat mir niemand erzählt. Kommt erst in den Kursen für die Prominentenwächter, weißt du. Ich war ja bisher nur für Kinder zuständig. Und, äh, Meerschweinchen. Die machen keine Geräusche dabei. Und es geht ganz schnell.« Plötzlich strahlte er. »Dann kriegst du jetzt ein Geschwisterchen!«
    »Bitte was? Wieso soll ich ein Geschwisterchen kriegen?«
    »Na, weil deine Eltern sich eben fortgepflanzt haben. Ich glaub, du bist nicht aufgeklärt, Luzie … Das solltest du wissen als Frau. Mädchen. Dingsbums.«
    »Ich bin kein Dingsbums. Und ein Geschwisterchen werde ich auch nicht kriegen.« Ich lehnte mich an das Kopfteil des Bettes und fächelte mir Luft zu. Mir war plötzlich furchtbar warm.
    »Aber – wieso denn
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher