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Verschollen

Verschollen

Titel: Verschollen
Autoren: Jörg Benne
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Schritt weiter. Er hatte schon befürchtet, um den halben Krater wandern zu müssen, der so breit war, dass er in dem Dunst das gegenüberliegende Ende nur vage erkennen konnte, doch nach einigen Metern bemerkte er in der Kraterwand eine Öffnung und der Pfad endete dort.
    Tristan starrte unschlüssig abwechselnd in den dunklen Tunnel hinter der Öffnung und hinab in den bodenlos erscheinenden Krater, der wie ein Trichter immer enger wurde und aus dem unablässig heiße Luft aufstieg. Ein Grollen aus der Tiefe, mit dem eine kleine Rauchwolke empor quoll, trieb Tristan schließlich in den Tunnel. Schon nach wenigen Metern war es darin stockfinster und Tristan streckte die Arme aus, um sich an den Wänden entlang zu tasten. Er wünschte sich, er hätte ein Feuerzeug und eine Kerze eingepackt. Vorsichtig setzte er einen Fuß vor den anderen.
    Der Tunnel machte nach wenigen Schritten eine Biegung, sodass auch der letzte Lichtschimmer vom Krater her verschwand. Dafür war es hier wenigstens nicht so heiß. Ein paar Schritte später weitete sich der Gang und Tristan konnte sich nur noch an einer Wand entlang tasten. Als er gegen einen kleinen Stein trat, der gegen eine Wand prallte, hallte das Geräusch von den Wänden wider. Tristan musste sich in einer großen Höhle befinden. Und er war nicht allein, das spürte er.
    Irgendwo bewegte sich etwas in der Dunkelheit und Tristan musste unwillkürlich an die Riesenspinne aus einem Fantasy-Roman denken. Der Gedanke, dass er beim nächsten Schritt in ein riesiges Spinnennetz greifen könnte, ließ ihm die Haare zu Berge stehen. Sein Mut schwand, nirgends war Licht, kein Ausgang zu erkennen und er war nicht einmal sicher, ob er zum Eingang zurückfinden würde. Was sollte er nur tun? »Stehenbleiben bringt jedenfalls nichts«, flüsterte er sich selbst zu, um die unheimliche Stille zu durchbrechen.
    »Das ist wahr«, antwortete ihm eine sonore Stimme so laut, dass es hallte und Tristan zusammenzuckte. Ihm blieb fast das Herz stehen, er wagte nicht, sich zu rühren. In einer nicht weit entfernten Ecke der Höhle züngelte plötzlich eine Flamme und eine Fackel entzündete sich knisternd. Was ihr Licht beschien, war ganz und gar nicht dazu angetan, Tristan zu beruhigen. Das flackernde Licht wurde von einer Vielzahl glänzender Schuppen reflektiert, die einen Leib von der Größe eines Elefanten bedeckten, nur dass dieser einen langen Hals und einen ebenso langen Schwanz hatte, dass an den Seiten riesige, gefaltete Schwingen anlagen und am Ende des Halses ein großer Echsenkopf thronte. Aus diesem schoss wieder eine kleine Flamme und eine weitere Fackel entzündete sich, die einen zweiten Hals und einen zweiten Kopf enthüllte.
    Beide Köpfe wandten sich Tristan zu und die Blicke der Echsenaugenpaare ließen ihn schaudern. Doch zugleich schlugen die riesigen Pupillen – die des rechten Kopfes waren grün, die des linken gelb – ihn auch in ihren Bann.
    »Wer bist du?«, donnerte die Stimme, der rechte Kopf sprach.
    Tristan brachte kein Wort heraus, das Herz schlug ihm bis zum Hals. Er presste sich mit dem Rücken an die Höhlenwand und wünschte sich, er könnte darin verschwinden.
    »Es hat ihm die Sprache verschlagen«, stellte der linke Kopf fest. Seine Stimme klang melodischer und angenehmer als die des anderen.
    »Wohl noch nie einen Drachen gesehen«, pflichtete der rechte Kopf bei. Er senkte sich und schob sich ganz nah an Tristan heran. Der schwefelige Gestank aus den Nüstern des Drachen raubte ihm den Atem, ihm wurde schwindlig und er krallte die Finger in den nackten Fels.
    »Wir sind Smurk, Hüter der Pforte. Wir wachen darüber, dass nur die Paladine und ihre Knappen zwischen den Welten wandern.« Der rechte Kopf schnaubte. »Du kommst aus der anderen Welt, aber du bist kein Paladin, wenn du noch nie einen Drachen gesehen hast und hier ohne Leuchtkugel im Dunkeln tappst. Erkläre dich!«
    Der Kopf zog sich zurück, Tristan atmete etwas auf, sammelte sich so gut er konnte und stammelte: »Ich bin Tristan von Niehus, ich s…suche meinen Vater.«
    »Wer ist dein Vater?«, fragte der linke Kopf.
    »Sein Name ist Darius.«
    »Darius?«, echote der rechte Kopf ungläubig. »Darius hat uns nie etwas von einem Sohn berichtet. Wenn du sein Sohn bist, dann bist du auch ein Paladin, beweise es!«
    Tristan kam sich vor wie die Maus vor der Schlange. »Beweisen? Aber wie?«
    Die beiden Drachenköpfe wandten sich einander zu. »Er lügt«, sagte der rechte. »Oder er weiß nichts
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