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Verschollen

Verschollen

Titel: Verschollen
Autoren: Jörg Benne
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musst wissen, dass … Papa und ich … es könnte sein, dass …«
    »Was?«
    »Nicht so wichtig.« Sie brachte ein Lächeln zustande. »Bring ihn zurück« Sie drückte ihn noch einmal an sich und schluchzte. »Kommt beide gesund wieder.«
    »Das verspreche ich«, sagte Tristan und machte sich sanft von ihr los. »Pass du auf Svenja auf.«
    Sie strich ihm zärtlich über die Wange. »Und du auf dich.«
    »Mache ich«, sagte er, dann wartete er, bis sich die Türen des Aufzugs hinter ihr geschlossen hatten und ging ins Büro von Paladine Limited, gespannt, was ihn hinter den verschlossenen Türen erwarten würde.

 
     
     
    2
     
     
    TRISTANS FINGER ZITTERTEN EIN BISSCHEN, als er den ersten Raum aufschloss. Vorsichtig öffnete er die Tür und war etwas enttäuscht, auch hier ein ganz normales Büro vorzufinden. Dennoch trat er ein, und als er auf dem Schreibtisch ein Foto von sich und seiner Familie sah und begriff, dass es der Arbeitsplatz seines Vaters war, packte ihn die Neugier. Einen Moment überlegte er, ob er den Computer hochfahren sollte, besann sich dann aber eines Besseren. Er war nicht zum Herumschnüffeln hier und vor allem hatte er nicht viel Zeit.
    Also schloss er den nächsten Raum auf und der verschlug ihm die Sprache. Es sah aus wie in einer Theater-Requisite. In Regalen lagen Lederhosen, Strumpfhosen und Hemden übereinander. In einem offenen Schrank waren Mäntel, Tuniken und Kettenhemden aufgehängt, aber vor allem eine Wand fesselte seinen Blick. An ihr hingen Dutzende mittelalterliche Waffen, kurze und lange Schwerter, Dolche, Streitäxte, Morgensterne, Bögen und Armbrüste samt Pfeilen und Bolzen … Tristan blieb eine Weile mit offenem Mund in der Tür stehen. Dann ging er zu den Waffen und besah sie sich genauer. Nein, keine Attrappen, stellte er fest, als er eine Streitaxt von der Wand nahm, die so schwer war, dass er sie nicht halten konnte und sich beinahe die Zehen abhackte.
    Ob er eine Waffe mitnehmen sollte? Er hatte ja keine Ahnung, was ihn erwartete. Den Gedanken vor sich herschiebend, wandte er sich den Kleidern zu. Auch die Kettenhemden waren so schwer, dass er sie kaum hochheben konnte, und so wählte er eine Lederhose, ein weißes Hemd und eine braune Tunika, zog sich bis auf Unterhose und T-Shirt aus und die neuen Kleider an und begutachtete sich im Spiegel. Er musste grinsen. Er sah ein wenig aus wie die Barden auf dem Mittelalter-Weihnachtsmarkt, auf dem er letzten Winter gewesen war. Außerdem waren ihm alle Kleider etwas zu groß.
    Sein Blick fiel auf einen Schuhschrank neben dem Spiegel, in dem sich Lederstiefel stapelten. Er suchte nach einem Paar in seiner Größe und probierte sie an. Sie passten zwar, er fand sie aber furchtbar unbequem und zog lieber wieder seine Turnschuhe an. Die Stiefel packte er in einen Rucksack, von denen sich auch ein ganzer Stapel in einem der Schränke fand. Da er nicht wusste, ob es in der anderen Welt kalt sein würde, packte er etwas, dass er für Strumpfhosen hielt – es waren Beinlinge – mit ein. Weiterhin eine hölzerne Flasche, die er im Badezimmer mit Wasser füllte, und da er viele Packungen Zwieback fand, nahm er auch davon eine mit, die lagen sicher nicht ohne Grund dort. Zu guter Letzt wandte er sich wieder den Waffen zu. Er wählte einen schmalen Dolch mit einer Lederscheide und schnallte sich ihn um, hoffte aber, ihn nicht gebrauchen zu müssen.
    Nachdem er seine Sachen in einem Spind verstaut hatte, von denen mehrere nebeneinander standen, las Tristan noch einmal Jessicas Brief und die darin enthaltenen Anweisungen. Das Portlet sollte in der Abstellkammer sein.
    Drei Türen waren noch auszuprobieren. Hinter einer lag ein weiteres Büro, das uninteressant aussah, doch im Hinausgehen bemerkte Tristan eine Karte an der Wand, die mit »Nasgareth« überschrieben war, und betrachtete sie. Dominiert wurde die Insel von einer Kette von drei Vulkankegeln, in einem steckte eine Nadel als Marker. Ob sein Vater dorthin gegangen war? Tristan trat näher. Mehrere große Städte und einige Dörfer waren eingezeichnet, wie viele Menschen mochten auf der Insel leben? Oder gab es dort überhaupt Menschen? Tristan versuchte sich einige Dinge einzuprägen, schließlich würde er am Anfang wohl allein sein. Oder erwartete ihn jemand? In der linken Ecke der Karte entdeckte er einen Maßstab. Demnach war die Insel fast 150 Meilen lang und an der breitesten Stelle 100 Meilen breit. Wie sollte er seinen Vater dort jemals finden? Tristan
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