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Verschlossen und verriegelt

Verschlossen und verriegelt

Titel: Verschlossen und verriegelt
Autoren: Maj Sjöwall;Per Wahlöö
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in die offene Umhängetasche und griff nach dem Nylonbeutel, der sich angenehm schwer anfühlte. Sie richtete die Pistole abwechselnd auf die drei Bankangestellten, während sie langsam rückwärts zur Tür ging. Plötzlich kam jemand von der Treppe am hinteren Ende des Raums auf sie zugerannt. Ein großer blonder Mann in einer weißen, sorgsam gebügelten Hose und einer blauen Clubjacke mit glänzenden Knöpfen und einem großen, goldgestickten Emblem auf der Brusttasche.
    Ein lauter Knall erfüllte den ganzen Raum und hallte zwischen den Wänden wider, ihr Arm wurde hochgerissen, und sie sah, wie der Mann mit dem Goldemblem nach hinten geschleudert wurde, und auch, dass seine Schuhe ganz neu und weiß waren und dicke rote, geriffelte Gummisohlen hatten, und erst als sein Kopf mit einem hässlichen, dumpfen Laut auf den Steinfußboden schlug, begriff sie, dass sie ihn erschossen hatte. Sie warf die Pistole in die Tasche, starrte mit irrem Blick die drei schreckerstarrten Menschen hinter dem Tresen an und rannte zur Tür. Mit fahrigen Bewegungen schloss sie auf und dachte, bevor sie hinaustrat: Ruhig jetzt, ich muss ganz ruhig gehen, aber kaum war sie auf dem Bürgersteig, eilte sie im Laufschritt zur nächsten Querstraße.
    Die Menschen um sich herum nahm sie gar nicht wahr, spürte nur, dass sie mehrere Personen anstieß. Der Schuss dröhnte immer noch in ihren Ohren.
    Sie bog um die Straßenecke und rannte mit dem Beutel in der Hand und der schweren Tasche, die gegen ihre Hüfte schlug, los. Sie riss die Tür zu dem Haus auf, in dem sie als Kind gewohnt hatte, lief den vertrauten Weg auf den Hinterhof hinaus, wo sie innehielt und dann weiterging. Sie durchquerte den Flur eines Hinterhauses und kam auf einen weiteren Hof. Dort stieg sie die steile Treppe zu einem Keller hinunter und setzte sich auf die unterste Treppenstufe.
    Sie versuchte, den Nylonbeutel in der Schultertasche zu verstauen, aber er passte nicht hinein. Sie nahm den Hut, die Brille und die blonde Perücke ab und stopfte alles in die Tasche. Sie hatte dunkle und kurze Haare. Sie knöpfte ihre Bluse auf, zog sie aus und legte sie ebenfalls in die Tasche. Darunter trug sie ein schwarzes Baumwollshirt mit kurzen Ärmeln. Dann hängte sie sich die Tasche über die linke Schulter, nahm den Nylonbeutel und stieg wieder zum Hof hinauf. Sie passierte weitere Türen und mehrere Hinterhöfe und kletterte über zwei Mauern, bis sie schließlich auf einer Straße am anderen Ende des Häuserblocks stand. In einem Supermarkt kaufte sie zwei Liter Milch, legte die Milchkartons in eine Einkaufstüte und den schwarzen Nylonbeutel obendrauf.
    Anschließend ging sie zur Station Slussen und fuhr mit der U-Bahn nach Hause.

2
    Gunvald Larsson traf in seinem eigenen, höchst privaten Auto am Tatort ein. Es war ein roter EMW, ein in Schweden ausgesprochen seltenes Fabrikat, und nach Meinung vieler Leute reichlich exklusiv für einen Ersten Kriminalassistenten, vor allem, wenn der den Wagen im Dienst benutzte.
    An diesem schönen Freitagnachmittag hatte er es sich gerade hinter dem Lenkrad bequem gemacht, als Einar Rönn auf den Hof des Polizeipräsidiums hinausgerannt kam und seine Pläne für einen ruhigen Abend daheim in Bollmora durchkreuzte. Einar Rönn war ebenfalls Erster Kriminalassistent im Dezernat für Gewaltdelikte und vermutlich der einzige Freund, den Gunvald Larsson hatte, und als er sagte, es tue ihm leid, dass Gunvald Larsson seinen freien Abend opfern müsse, meinte er es tatsächlich so.
    Rönn fuhr in einem Dienstwagen zur Hornsgatan, und als er dort eintraf, waren mehrere Streifenwagen und einige Beamte aus dem Polizeibezirk Södermalm vor Ort und Gunvald Larsson bereits in der Bankfiliale. Vor der Bank hatte sich eine kleine Menschenmenge gebildet, und als Rönn den Bürgersteig überquerte, kam einer der uniformierten Beamten, die herumstanden und die Schaulustigen anstarrten, auf ihn zu und sagte:
    »Ich habe hier zwei Zeugen, die sagen, sie hätten den Schuss gehört. Was soll ich mit ihnen machen?«
    »Halte sie noch ein bisschen hin«, antwortete Rönn. »Und sieh zu, dass du die Gaffer verscheuchst.« Der Polizist nickte, und Rönn betrat die Bank. Auf dem Marmorfußboden zwischen dem Tresen und der Reihe von Schreibpulten lag der Tote auf dem Rücken, die Arme vom Körper weggestreckt und das linke Knie angewinkelt. Ein Hosenbein war hochgerutscht und entblößte eine schneeweiße Orionsocke mit einem dunkelblauen Anker am Strumpfbein sowie
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