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Verschlossen und verriegelt

Verschlossen und verriegelt

Titel: Verschlossen und verriegelt
Autoren: Maj Sjöwall;Per Wahlöö
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Zeugenaussagen kein eindeutiges Bild.
    Natürlich war wie immer alles gründlich schiefgegangen.
    Er dachte einen Augenblick darüber nach, ob er seinen besten Zeugen eventuell noch dabehalten sollte, verwarf den Gedanken jedoch. Allen schien daran gelegen zu sein, möglichst schnell nach Hause zu kommen.
    Ehrlich gesagt, lag ihm selbst wohl am meisten daran. Obwohl das aller "Wahrscheinlichkeit nach eine vergebliche Hoffnung war. Also ließ er die Leute gehen. Er zog seine Jacke an und kehrte zur Bank zurück. Die sterblichen Überreste des tapferen Sportlehrers waren fortgeschafft worden, und ein junger Streifenpolizist stieg aus seinem Wagen und teilte mit, der Erste Kriminalassistent Rönn erwarte den Ersten Kriminalassistenten Larsson in seinem Büro. Gunvald Larsson seufzte und ging zu seinem Wagen.

3
    Er erwachte und wunderte sich, dass er lebte.
    Das war nichts Neues. Seit exakt fünfzehn Monaten hatte er die Augen Tag für Tag mit der gleichen verwirrten Frage im Kopf aufgeschlagen.
    Wie ist es möglich, dass ich lebe? Und unmittelbar darauf: Warum? Kurz vor dem Aufwachen hatte er einen Traum. Auch der war fünfzehn Monate alt.
    Er veränderte sich zwar laufend, folgte jedoch stets einem bestimmten Muster.
    Er ritt. Im Galopp, vorgebeugt, und kalter Wind zerrte an seinen Haaren. Dann lief er den Bahnsteig in einem Bahnhof entlang. Vor ihm war ein Mann, der eine Pistole hob. Er wusste, wer dieser Mann war und was passieren würde. Der Mann war Charles J. Guiteau und die Waffe eine Sportpistole der Marke Hämmerli International.
    Wenn der Mann schoss, warf er selbst sich im gleichen Moment nach vorn und fing die Kugel mit seinem Körper ab. Der Schuss traf ihn mit der Wucht eines Vorschlaghammers mitten in die Brust. Er hatte sich ganz offensichtlich geopfert, nahm jedoch gleichzeitig wahr, dass seine Tat vergebens gewesen war. Der Präsident lag bereits zusammengesackt auf der Erde, der glänzende Zylinder war ihm vom Kopf gefallen und beschrieb rollend einen Halbkreis.
    Wie immer wachte er auf, sobald die Kugel ihn traf. Erst wurde alles schwarz, und eine Woge sengender Hitze rollte durch sein Gehirn, dann öffnete er die Augen.
    Martin Beck lag regungslos im Bett und starrte an die Decke. Es war hell im Zimmer.
    Er dachte an den Traum. Er erschien ihm nicht besonders sinnvoll, zumindest nicht in dieser Version.
    Außerdem war er voller Ungereimtheiten. Zum Beispiel das mit der Waffe; es hätte ein Revolver oder eventuell auch eine Derringer sein sollen. Und wie konnte Garfield dort liegen, tödlich verletzt, wenn die Kugel nachweislich ihn selbst in die Brust getroffen hatte?
    Er wusste nicht, wie der Mörder wirklich aussah. Falls er jemals ein Bild des Mannes gesehen hatte, war die Erinnerung daran vor langer Zeit ausradiert worden. Meistens hatte Guiteau blaue Augen, einen blonden Schnäuzer und glatte, schräg zurückgekämmte Haare, aber heute hatte er eher einem Schauspieler in einer altvertrauten Rolle geähnelt.
    Schlagartig fiel ihm ein, welche: John Carradine als der Spieler in »Stagecoach«. Das Ganze war verblüffend romantisch.
    Eine Kugel in der Brust kann allerdings leicht zu etwas höchst Unpoetischem werden. Das wusste er aus eigener Erfahrung. Wenn sie den rechten Lungenflügel durchschlägt und anschließend in der Nähe der Wirbelsäule stecken bleibt, ist das Ergebnis zeitweise schmerzhaft und auf Dauer ausgesprochen langweilig.
    Aber es gab in dem Traum auch vieles, was mit seiner Wirklichkeit übereinstimmte. Zum Beispiel die Sportpistole. Sie hatte einem entlassenen Polizeibeamten mit blauen Augen, blondem Schnäuzer und schräg zurückgekämmten Haaren gehört. Sie waren sich unter einem kühlen Spätwinterhimmel auf einem Hausdach begegnet. Andere Argumente als ein einzelner Pistolenschuss waren nicht ausgetauscht worden. Am selben Abend war er in einem Zimmer mit weißen Wänden erwacht, genauer gesagt in der Thoraxklinik des Karolinska-Krankenhauses. Man hatte ihm gesagt, seine Verletzung sei nicht lebensbedrohlich, aber er hatte sich trotzdem gefragt, wie es möglich war, dass er noch lebte.
    Später hatte man ihm gesagt, die Verletzung sei nicht mehr lebensbedrohlich, die Kugel sitze allerdings ein wenig ungünstig. Er hatte die Finesse an dem kleinen Zusatz, dem Wörtchen mehr erkannt, sie jedoch nicht zu schätzen gewusst. Die Chirurgen hatten wochenlang die Röntgenaufnahmen studiert, ehe sie den Fremdkörper entfernten. Anschließend hatten sie erklärt, die Verletzung
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