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Verschlossen und verriegelt

Verschlossen und verriegelt

Titel: Verschlossen und verriegelt
Autoren: Maj Sjöwall;Per Wahlöö
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Freitag, der letzte Tag im Juni, und für viele hatte gerade der Urlaub begonnen. Auf der Hornsgatan herrschte reger Verkehr, auf der Fahrbahn ebenso wie auf den Bürgersteigen. Nachdem sie den Platz überquert hatte, wandte sie sich nach links und gelangte in den Schatten der Häuser. Sie hoffte, dass sie das Richtige getan hatte, als sie sich für diesen Tag entschied. Sie hatte die Vor und Nachteile gegeneinander abgewogen und war sich bewusst, dass sie das Projekt eventuell um eine Woche verschieben musste. Das wäre zwar kein größeres Malheur, aber sie wollte sich nur ungern dem nervlichen Druck aussetzen, der durch die Wartezeit entstehen würde.
    Sie erreichte ihr Ziel früher als berechnet und blieb auf der schattigen Seite stehen, während sie das große Fenster auf der gegenüberliegenden Straßenseite beobachtete. Die Sonne spiegelte sich in der blanken Glasfläche, und der dichte Verkehr versperrte ihr zeitweilig die Sicht, aber sie konnte immerhin erkennen, dass die Vorhänge zugezogen waren. Sie ging langsam auf dem Bürgersteig auf und ab, während sie so tat, als sähe sie sich die Schaufenster an, und obwohl ein Stück die Straße hinunter vor dem Laden eines Uhrmachers eine große Uhr hing, blickte sie immer wieder auf ihre Armbanduhr. Die Tür auf der anderen Straßenseite ließ sie keinen Moment aus den Augen. Als es fünf vor drei war, ging sie zum Zebrastreifen an der Kreuzung, und vier Minuten später stand sie vor dem Eingang der Bank.
    Ehe sie die Tür aufschob und eintrat, klappte sie ihre Tasche auf.
    Sie ließ den Blick durch den Raum schweifen, der die Filiale einer großen Bank beherbergte. Er war lang gezogen, und die Eingangstür und das einzige Fenster bildeten die eine der beiden Stirnseiten. Rechter Hand verlief vom Fenster bis zur hinteren Querwand ein Tresen, linker Hand befanden sich vier in der Wand verankerte Schreibpulte und dahinter ein flacher runder Tisch und zwei Hocker, die mit rotkariertem Stoff bezogen waren. Am hinteren Ende des Raums führte eine ziemlich steile Treppe, die hinter einer Biegung verschwand, vermutlich zum Tresorraum und den Bankfächern hinab. Außer ihr hielt sich nur ein Kunde in der Filiale auf, ein Mann, der am Schalter stand und Geldscheine und Papiere in seiner Aktentasche verstaute.
    Hinter dem Tresen saßen zwei weibliche Angestellte, und weiter hinten stand ein Mann und blätterte in einer Kartei. Sie ging zu einem der Schreibpulte und kramte aus dem Außenfach ihrer Tasche einen Stift hervor, während sie aus den Augenwinkeln beobachtete, wie der Kunde mit der Aktentasche zur Tür hinausging und auf die Straße trat. Sie nahm ein Formular aus dem Ständer und kritzelte darauf herum. Es dauerte nicht lange, bis sie den Filialleiter zur Tür gehen und diese abschließen sah. Anschließend bückte er sich und löste den Haken, der die innere Tür offen hielt, und während sie mit einem leisen Seufzer zufiel, kehrte er an seinen Platz hinter dem Tresen zurück.
    Sie zog das Taschentuch heraus, hielt es in der linken Hand und tat, als würde sie sich die Nase putzen, während sie mit dem Formular in der anderen Hand zum Schalter ging. Als sie den Kassenschalter erreichte, stopfte sie das Formular in die Tasche, holte den Nylonbeutel heraus, legte ihn auf den Tresen, nahm die Pistole, richtete sie auf die Kassiererin und sagte mit dem Taschentuch vor dem Mund: »Das ist ein Überfall. Die Pistole ist geladen, und ich schieße, wenn Sie Ärger machen. Packen Sie alles Geld in den Beutel.«
    Die Frau hinter dem Tresen starrte sie an, griff langsam nach dem Nylonbeutel und legte ihn vor sich hin. Die andere Frau, die sich sitzend die Haare kämmte, hielt mitten in der Bewegung inne und ließ langsam die Hände sinken. Sie öffnete den Mund, als wollte sie etwas sagen, brachte aber keinen Ton heraus. Der Mann, der immer noch hinter seinem Schreibtisch stand, machte eine heftige Bewegung, worauf sie sofort die Pistole auf ihn richtete und schrie:
    »Stillgestanden! Und halten Sie die Hände so, dass ich sie sehen kann.« Sie wedelte mit dem Pistolenlauf ungeduldig in Richtung der offensichtlich wie gelähmten Frau an der Kasse und fuhr fort:
    »Beeilen Sie sich mit dem Geld. Alles!«
    Die Kassiererin begann, bündelweise Geldscheine in den Beutel zu packen, und legte ihn, als sie fertig war, auf den Tresen. Der Mann am Schreibtisch sagte auf einmal: »Das schaffen Sie nie. Die Polizei wird…«
    »Schnauze«, schrie sie.
    Dann warf sie das Taschentuch
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