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Verschärftes Verhör

Verschärftes Verhör

Titel: Verschärftes Verhör
Autoren: Jenny Siler
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»Natürlich haben Sie das«, sagte er und verbarg seinen Fehler hinter einem erneuten Lächeln. »Woher hätte ich ihn sonst wissen sollen?«
    Woher wohl? Harry erwiderte das dümmliche Grinsen des Mannes. »Leider bin ich in diesem Geschäft ein bisschen misstrauisch geworden.«
    Rafa nickte mitfühlend und hielt Harry den Vorhang auf. »Da.« Er deutete auf einen filigran geschnitzten Paravent aus Zedernholz, hinter dem ein kleiner Sitzbereich mit Kissen und Ottomanen lag. »Ich komme gleich zu Ihnen.«
    Der Tod zeigt sein anmutigstes Gesicht, dachte Harry, als der Vorhang zufiel und Rafa sich entfernte. Er nahm auf einer Ottomane Platz. Ein traditioneller Tisch, der aus einer Messingplatte auf einem hölzernen Dreibein bestand, war mit Teekanne und zwei Gläsern gedeckt. Wer würde dazukommen?, fragte sich Harry. Ganz bestimmt nicht Rafa. Er traute dem Drucker keinen Mord zu, so hoch der Lohn auch sein mochte. Nein, für diese Aufgabe hatte Morrow jemand anderen ausersehen.
    Harry goss sich Tee ein und lehnte sich zurück. Tee und noch mehr Tee, die stärkste Waffe der arabischen Welt. Sollte sich der Westen jemals unterwerfen, dann nicht den Bomben oder Gewehren, sondern der Höflichkeit des Teetischs und dem endlosen Feilschen, das Europäer niemals beherrschen würden.
    Durch den Paravent sah er, wie sich der Vorhang bewegte. Eine Gestalt kam näher, ein Mann in westlicher Kleidung, der üblichen Uniform der CIA: verknitterte Khakihose, Tropenhemd, leichte Safarijacke mit diversen Taschen. In der rechten Hand trug er eine Pistole mit Schalldämpfer. Eine Beretta, dachte Harry anerkennend.
    Harry breitete die Arme aus und deutete auf den Tisch, als wäre er der Gastgeber. »Bitte schön.«
    Zu seiner Überraschung setzte sich der Mann ihm gegenüber und hielt die Beretta zwischen den Beinen.
    »Wenn ich es richtig sehe, haben wir etwas gemeinsam«, sagte er.
    Harry sträubten sich die Haare. »Das möchte ich bezweifeln, Mr …«
    »Kurtz«, entgegnete der Mann und kehrte zu seinem ursprünglichen Gedanken zurück. »Unseren früheren Arbeitgeber, meine ich.«
    »Das ist nicht gerade viel.«
    »Mehr als Sie glauben.«
    Harry trank von seinem Tee, der unerträglich süß schmeckte.
    Kurtz deutete über die Schulter auf den Laden. »Sie sollten sich Ihre Freunde sorgfältiger aussuchen.«
    »Meine Geschäftspartner wohl auch«, konterte Harry. Er stellte das Teeglas behutsam auf den Tisch und behielt dabei die Beretta im Auge. Wenn er schon sterben musste, wollte er den Tod wenigstens kommen sehen. »Was ist eigentlich aus Bagheri geworden?«
    »Weshalb sollte ich Ihnen das erzählen?«
    Weil du mich töten wirst, dachte Harry, weil es jetzt eigentlich egal ist. Er zuckte mit den Schultern. »Reine Höflichkeit. Das und die Tatsache, dass ich weiß, wo Bagheri jetzt ist.«
    »Sie schlagen also ein Geschäft vor?«
    Harry nickte. »Den größten Teil der Geschichte kenne ich bereits. Nur das Ende ist mir nicht klar. Gehe ich recht in der Annahme, dass Bagheri bereits für Sie arbeitete, als er von unseren politischen Freunden aufgegriffen wurde?«
    Harry nahm das Schweigen als Bestätigung.
    »Und dass Bagheris Reisegefährte nichts von seinen Verstrickungen wusste; dass man Bagheri unauffällig zu seinen Freunden bei den MEK zurückschaffen wollte und der andere deshalb sterben und Bagheri fliehen musste?«
    Kurtz entspannte sich ein wenig, er würde das Spiel fortsetzen. Er glaubte sicher zu wissen, wie es ausgehen würde.
    »Was den Zustand des Iraners angeht: Wusste Bagheri, dass er Asthmatiker war, oder war das nur ein glücklicher Zufall?«
    Kurtz lächelte. »Sowohl als auch.«
    »An diesem Punkt wird die Sache etwas verschwommen. Ich kann nur davon ausgehen, dass Bagheri nicht der war, der er zu sein schien, und dass er nicht zu seinen Freunden zurückkehrte, wie es eigentlich ausgemacht war. Außerdem gehe ich davon aus, dass es angesichts der ganzen Intrigen um Geld ging.«
    »Janson behauptet, Ihr Verstand wäre nicht mehr das, was er mal war«, konterte Kurtz. »Anscheinend hat er sich geirrt. Ja, es ging um Geld. Eine Menge Geld, wie Sie sich vorstellen können.«
    »Aber Sie haben Bagheri seinerzeit nicht verfolgt. Waren Sie der Meinung, er sei gestorben?«
    »Es gab derartige Berichte. Wir hatten damals keinen Grund, sie anzuzweifeln. Wie Sie wissen, ist Afghanistan ein gefährliches Pflaster. Unsere Annahme war nicht unbegründet.«
    »Bis Jamal etwas anderes erzählte. Aber er hat es nicht Ihnen
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