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Verschärftes Verhör

Verschärftes Verhör

Titel: Verschärftes Verhör
Autoren: Jenny Siler
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gesagt, oder?«
    »Nein. Wenn er es Ihnen und nicht Ihrem Nachfolger erzählt hätte, wäre die Sache vielleicht anders gelaufen«, meinte Kurtz lächelnd.
    »Gewiss doch.«
    »Sie machen das sehr gut«, bemerkte Kurtz. »Aber bisher haben Sie mir nichts Neues verraten. Darin besteht aber der Sinn eines Geschäfts. Oder hatten Sie schon vergessen, wie so etwas funktioniert?«
    »Ich habe es nicht vergessen. Leider kann ich Ihnen nichts sagen, das Sie nicht schon wissen.«
    »Keine Spielchen«, knurrte Kurtz, als sich sein wahrer Charakter Bahn brach. »Ich könnte Sie umbringen, ohne etwas dabei zu verlieren. Ich weiß, wo der Junge steckt, und nach Ihrem Blick zu urteilen, ist die Frau bei ihm. Sie sind im Hotel des Amis, oder?«
    Harry lächelte, griff nach seinem Glas und trank einen gemessenen Schluck. »Leider sind Ihre Informationen veraltet.«
    »Sie lügen.«
    Er zuckte die Achseln. »Ich will mit Morrow reden.«
    »Sie wissen, das ist unmöglich.«
    Harry warf einen Blick auf die Beretta. Er wusste, was die Waffe zu bedeuten hatte. »Machen Sie, was Sie wollen. Aber ich rede nur mit Morrow.«
     
    »Wachen Sie auf, Schwester!«
    Manar drehte sich auf die Seite und zog die Knie an die Brust. Sie versuchte, das drängende Hämmern an der Tür und die erregte Stimme der Haushälterin zu ignorieren.
    »Bitte, Schwester! Bitte, Sie müssen aufstehen!«
    »Geh weg!«, knurrte Manar und öffnete zögernd die Augen. Die Fensterläden im Schlafzimmer waren geschlossen, doch durch die Schlitze drang helles Tageslicht. Nachmittag, vielleicht sogar Morgen, dachte Manar bekümmert. Sie wusste nicht, wie lange sie geschlafen hatte, doch das Aufwachen war unerträglich.
    Einen Moment lang war alles still, dann hörte sie wieder Asiyas Stimme, diesmal flüsternd. »Wenn Sie mich nicht hereinlassen, rufe ich Ihre Mutter.«
    Manar schob die Decke beiseite und stellte die Füße auf den Boden. »Lass mich in Frieden, oder ich sorge dafür, dass du entlassen wirst!«, rief sie wütend. Sie ging zur Tür und riss sie auf. »Hast du vergessen, welche Stellung du in diesem Haus einnimmst?«
    Asiya hielt ihrem Blick stand, ergriff ihren Arm und schob sie zum Fenster. »Schnell!«, knurrte sie.
    Manar wollte sich befreien, doch der Griff der Haushälterin war schmerzhaft stark und hartnäckig. Am Fenster öffnete Asiya mit der freien Hand den Riegel.
    »Da!«, rief sie triumphierend, stieß die Läden auf und deutete zum Tor. »Er ist gekommen. Der Junge ist gekommen!«
    Manar schaute auf die Mauer und die dahinterliegende Straße. Auf dem Gehweg, unmittelbar vor dem Tor, standen zwei Gestalten. Eine Frau mit blauem Kopftuch und ein junger Mann, fast noch ein Junge, schmal gebaut, mit nordafrikanischem Teint.
    »Sehen Sie es denn nicht?«, fragte Asiya ungläubig.
    Doch Manar sah es. Der Junge wandte sich ab, und es war die gleiche Geste, die sie durch die Tür in Ain Chock beobachtet hatte. Seine Schultern schwangen herum, wie sie es so oft bei Yusuf gesehen hatte. Er war sein vollkommenes Ebenbild.
    »Sehen Sie denn nicht, dass er Ihr Sohn ist?«

32
     
     
     
     
    »Es ist Comfort, Sir.« Kurtz klang abwehrend, als wollte er schon im Voraus jede Schuld für diese Störung und für alles, worum es dabei gehen mochte, von sich weisen.
    »Was ist denn los?« Morrow legte die Hochglanzbroschüre des Beerdigungsinstituts beiseite, die seidenverkleidete Särge mit zwanzig Jahren Garantie und Urnen aus Goldfiligran anpries. Susan hatte stets sehr deutlich gesagt, wie sie sich ihr Begräbnis vorstellte. Zu Beginn der Krankheit hatte Morrow ihr versprechen müssen, es so einfach und günstig wie möglich zu halten. Damals war er ihrer Meinung gewesen, doch nun wurde ihm beim Gedanken, ihren nackten Körper in einen Pappkarton zu betten, einfach nur schlecht.
    »Er will mit Ihnen reden. Er behauptet zu wissen, wo Bagheri ist.«
    »Ist er gerade bei Ihnen?«
    »Ja, Sir.«
    »Gut«, sagte Morrow. »Geben Sie ihn mir.«
    »Ja, Sir.«
    Es knackte und knisterte, dann waren unregelmäßige Atemzüge am anderen Ende zu hören.
    »Es ist ein bisschen spät für eine Entschuldigung«, sagte Morrow müde.
    »Ich will keine Entschuldigung. Ich will nur, dass du den Jungen und die Frau in Ruhe lässt.«
    »Ach so, es geht um Erlösung«, korrigierte sich Morrow. »Dafür ist es auch zu spät.«
    »Sie wissen nichts.«
    »Das hast du schon mal gesagt.«
    »Ja, und ich hatte recht. Bagheri war nie in Madrid und auch sonst nirgendwo. Der Junge hat sich
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