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Verrat im Höllental

Verrat im Höllental

Titel: Verrat im Höllental
Autoren: Stefan Wolf
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Gesicht noch deutlich vor sich sah. Dutzende
anderer Freundinnen hatten keine Spur in seinem Gemüt hinterlassen. Magda
Tepler war eine Ausnahme. Ob sie noch lebte?
    Fast ohne es zu merken, hatte er die
Ebene nördlich der Stadt durchquert. Vor dem blauen Mittagshimmel hob sich die
Stadt ab — mit ihren Wahrzeichen: Kirch-, Fernseh- und Sende-Türmen, den
Hochhäusern, startenden und landenden Flugzeugen und der Dunstglocke, die heute
ein bißchen wie Schwefel aussah.
    Die ersten Vorstadthäuser tauchten auf.
    Lohmann hielt und zog den Stadtplan zu
Rate, den Gnaski ihm geschickt hatte. Aha! Dortlang also! Viel hatte sich
verändert. Die Stadt platzte aus allen Nähten, schwappte über aufs Umland. In
diesem Ballungsgebiet ließ sich gut arbeiten — für ihn jedenfalls.
    ‘ne halbe Stunde, dachte er, dann habe
ich was gefunden für den Handgeld-Coup.
    Handgeld brauchte er noch. Gnaski
machte nur mit, wenn er vorher Kies sah. Vorschuß — war dessen Lieblingswort.
Na, schön! Sollte erhaben. Aber nicht von den 12 700 Ascheeiern, die in
Lohmanns Brieftasche steckten. Nein, das ging extra. Ein kleiner Überfall fürs
Handgeld, am besten jetzt gleich.
    Lohmann
grinste mit schiefen Zähnen, als er witternd durch einen geschäftigen Vorort
rollte. Läden säumten die Hauptstraße. Kneipen und Imbißlokale saugten Gäste
an. In den Nebenstraßen ging’s ruhiger zu. Nicht gerade wie auf einem Friedhof
bei Dauerregen, aber doch im Schleichschritt.
    Lohmanns Fiat bummelte an parkenden
Wagen vorbei. Er blickte rechts und blickte links. In der Nebenstraße einer
Nebenstraße fand er das Objekt nach seinem Geschmack: ein Juweliergeschäft.
    Es
sah verheißungsvoll aus, nämlich klein und recht schäbig. In solchen Läden,
wußte er, konnte man kiloweise Billigschmuck absahnen, gar nicht zu reden vom
Kleingeld in der Kasse. Billigschmuck ließ sich leicht zu Geld machen - jedenfalls
leichter als die Kronjuwelen der englischen Königin.
    Er fuhr eine Schleife und dann
stadtauswärts, bis er zwischen Abbruchhäusern einen Behelfsparkplatz fand, wo
nur ein Müllcontainer stand, randvoll mit Schutt.
    Er parkte dahinter und stellte den
Motor ab. Niemand konnte ihn beobachten. Nach dreimaligem Rundblick hatte er
das festgestellt.

    Er klappte die Sonnenblenden herab. Im
Spiegel musterte er sein durchfurchtes Gesicht. Er war ein großer, knochiger
Typ mit schmalen Lippen.
    Wie immer bei seinen Überfällen stülpte
er sich die blonde Lockenperücke über den schütteren Graukopf. Mit dem Gesicht
war es schwieriger. Trotz der Jahre und der Enttäuschungen zeigte es noch
markante Linien und ein kantiges Profil. Ein angeklebter Schnauzbart und die
Sonnenbrille verbargen es leidlich.

    Links unter der Achsel steckte die
schwere Pistole. Rechts in der Brusttasche ein fester Briefumschlag mit den 12 700
DM.
    Er fuhr zu dem Juweliergeschäft zurück.
    Mittagszeit. Jedermann schaufelte
Kalorien in sich rein oder pennte. In der Straße war nichts los. Nur Sonnenglut
floß zwischen den Häuserzeilen wie in einem Kanal.
    Er parkte nahe beim Juweliergeschäft,
stieg aus und schlenderte zum Schaufenster. Kein Kunde war im Laden.
    Die Verkäuferin — eine junge Frau — drehte
ihm den Rücken zu und sortierte Goldkettchen in eine Vitrine.
    Dann mal los, Ottmar! befahl er sich
lautlos.
    Er trat zum Eingang.
     
    *
     
    „Nein!“ sagte Gaby. „Das kommt nicht in
Frage. Du kannst nicht bei Nicole Tepler einbrechen. Das wäre Einbruch.
Einbruch ist strafbar. Kleinliche Gesinnung liegt mir fern. Aber ich bin die
einzige Tochter von Kommissar Glockner — und ganz seiner Meinung, was das BGB
betrifft.“
    „Was ist denn das, ein Gehbehbäh?“
fragte Klößchen.
    „BGB“, sagte Karl, „ist die Abkürzung
für Bürgerliches Gesetzbuch. Pfote will damit sagen, daß sie Straftaten
verabscheut. Aber, Pfote“, wandte er sich an sie, „da haben wir doch schon andere
Dinger gedreht, ohne daß du unter deinen moralischen Bedenken zusammengebrochen
wärst. Kriminell war es nie, höchstens ungewöhnlich in der Wahl der Mittel,
aber immer zum Nutzen von irgendwem — sind wir doch selbstlos, hilfreich und gu...
jedenfalls finde ich’s spitzenmäßig, was Tarzan vor hat. Es schadet keinem.
Aber es hilft Dr. Knoth — und vor allem seinem Vater, der seinen Blutdruck
schonen kann, weil er die Enttäuschung vermeidet. So ein Mann muß sich seine
Kraft erhalten — für Wald und Umwelt. Wer sonst tut denn was dafür? Alle
bejammern das Sterben der Bäume.
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