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Verrat im Höllental

Verrat im Höllental

Titel: Verrat im Höllental
Autoren: Stefan Wolf
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Porsche-Hu... äh... Dr. Knoths Armbruch überaus bedauere —
und er selbst, der Verursacher, seit gestern abend an Zerknirschung leide.
    Walzmann atmete auf. Insgeheim nahm er
zurück, was er gedacht hatte. Dann quälte sich der Unterricht, unterbrochen von
angenehmen Pausen, bis zur vierten Stunde. Danach war Feierabend.
    Während die Klasse auseinanderlief,
scharrte Gaby ihre TKKG-Freunde um sich.
    „Was nun? Ihr seht aus, als denkt ihr
nur ans Wochenende. An selbstsüchtige Freizeit. Und Porsche-Hubi sitzt im Gips.
Ich finde, so geht es nicht. Er will Pauker werden. Er ahnt, daß er beliebt
ist. Wenn sich jetzt kein Typ um ihn kümmert, schlägt ihn der Frust (Enttäuschung).“
    „Um ihn kümmern?“ fragte Klößchen. „Du
meinst, er braucht Pfleger? Zum Zähneputzen und Waschen und wenn er sich unterm
linken Schulterblatt kratzen will, wo er mit dem rechten Arm nicht hinreicht.
Aber wenn...“
    „Blödsinn!“ zischte Gaby ihn an. „Hubi
ist ja nicht hilflos. Dennoch sollten wir zwischenmenschliches Bewußtsein einbringen
und ihn besuchen. Klar?“
    Die Jungs nickten.
    Tarzan sah auf die Uhr. „Wahrscheinlich
ist er aus dem Krankenhaus zurück und der Gips schon getrocknet.“
    „Bei einem Krankenbesuch bringt man was
mit“, erinnerte Karl.
    „Blumen!“ Klößchen strahlte, stolz über
seinen Einfall.
    Gaby verdrehte ihre Blauaugen, als
simuliere (tun, als ob) sie Ohnmacht.
    „Blumen! Würdest du dich über Blumen
freuen?“
    „Nur über Schokolade“, erwiderte
Klößchen. „Aber Porsche-Hubi mag keine. Er mag Wein. Den können wir ja
unterwegs besorgen, wenn wir gleich zu ihm fahren. Im Supermarkt gibt’s welchen
für 1,95 DM.“
    „Du Geizknochen!“ meinte Tarzan. „Wir
schenken was Anständiges. Nicht das Billigste. Wir nehmen den Wein für 3,95 DM.
Der andere ist gepantscht.“
    Das hatte er gelesen. Getrunken hatte
er sein Lebtag noch keinen.
    Gaby und Karl nickten beifällig.
Klößchen sagte, auch das wäre ihm recht. Dann machten sie sich auf die Socken,
holten zunächst ihre Drahtesel und radelten durchs Tor der großen
Internatsschule auf die Zubringerstraße, die Chaussee, die über Felder zur Großstadt
führt, denn bekanntlich liegt die Schule ein schönes Stück außerhalb.
    Der Septembertag war sonnig und mild.
Aber der Herbst meldete bereits seine Rechte an. Die Nächte wurden zunehmend
kühler, und im satten Laub der Büsche und Sträucher flirrten die Silberfäden
des Altweibersommers.
    Dr. Hubert Knoth — Kunsterzieher,
Judoka und Porschefahrer — wohnte nicht, wie die anderen Pauker, im Internat,
sondern in der Stadt. Er wollte sich von seiner Studentenbude, die er schon
jahrelang hatte, nicht trennen. Wie die externen Stadtschüler, zu denen ja auch
Gaby und Karl gehörten, kam er jeden Morgen zur Penne — mit seinem fast neuen
Porsche, einer Silberrakete, die er seit genau viereinhalb Monaten besaß.
    Er war Autonarr. Kollegen und Schüler
wußten das. Seinen Porsche hätte er nachts am liebsten neben das Bett gestellt.
Was aber technisch nicht möglich war, denn Hubi bewohnte im sechsten und
obersten Stock eine Art Atelier-Apartment mit gewaltigem Dachfenster, durch das
man den Großstadthimmel sah.
    Die TKKG-Bande kannte die Bude. Zum Tee
hatte Hubi sie und andere eingeladen. Er war wirklich ein Kumpel und bemühte
sich um echten Kontakt zu den Kids (Kindern).
    Beim Supermarkt kaufte Karl den Wein,
der dann doch etwas teurer kam, was aber niemanden wurmte.
    Klößchen hatte seine unverzichtbare
Wegzehrung, seine Schokolade, vergessen. Er geriet fast in Panik, flitzte in
den Supermarkt und erstand zwei Tafeln. Jetzt stimmte sein seelisches
Gleichgewicht, und der Tretmühlen-Vierer konnte wieder Fahrt aufnehmen.
    „Und wenn er nicht da ist?“ meinte
Karl. „Wir hätten vorher anrufen sollen.“
    Dazu war es jetzt zu spät. Aber sie
hatten Glück. Als sie in der Sperlings-Gasse anlangten, stand der Porsche vor
dem Haus. Das allein besagte noch nichts. Doch Tarzan befühlte die Karosserie
über dem Motor und spürte die Wärme.
    „Noch warm. Er ist eben zurückgekommen.
Vorsicht, Karl! Gleich verlierst du den Wein.“
    Die Sperlings-Gasse verstand sich als
ein Ausläufer der Altstadt, lag zwar fern von der Universität, besaß aber noch
den Glanz alter Zeiten: mit hohen Jugendstil-Häusern und Stuck-Fassaden. Die
lückenlosen Häuserzeilen standen sich freundlich gegenüber. Die Gasse war breit
und bog sich, so daß man nicht vom Anfang zum Ende sehen konnte.
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