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Heiss wie der Sommer

Heiss wie der Sommer

Titel: Heiss wie der Sommer
Autoren: Linda Lael Miller
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1. KAPITEL
    T yler Creed verkniff sich ein Grinsen. Der ältere Mann auf dem Supermarktparkplatz starrte ungläubig auf seine schwielige Hand, in der er einen glitzernden Schlüsselbund hielt. Er blinzelte ein paarmal, als versuchte er, eine Halluzination zu vertreiben, und zog nervös an seiner abgewetzten Baseballkappe. Nach der gelben Stickerei darauf zu urteilen, hieß der Mann Walt und war der beste Dad der Welt.
    Walt betrachtete seinen zehn Jahre alten Truck, einen Chevy, dessen Seiten und Schmutzfänger dick mit getrocknetem Morast überzogen waren. Dann wanderte sein Blick zu Tylers glänzendem weißen Escalade.
    „Sie machen wohl Witze, Mister!“, sagte er. „Sie wollen ernsthaft Ihren
Cadillac Escalade
gegen meine alte Rostlaube eintauschen? Die Mühle hat fast hunderttausend Meilen auf dem Buckel, und ständig verliert er irgendein Teil. Erst letzte Woche war plötzlich der Auspufftopf weg …“
    Tyler nickte und ließ sich weiter nicht anmerken, dass ihn Walts Gerede eigentlich langweilte. „So hatte ich mir das vorgestellt.“
    Der ältere Mann ging auf den Cadillac zu und berührte mit einem Anflug von Ehrfurcht die Motorhaube. „Ist der gestohlen, oder was?“, fragte er argwöhnisch. Verständlicherweise. Schließlich wurde einem nicht jeden Tag ein solches Angebot gemacht. Erst recht nicht in Crap Creek, Montana, oder wie sich dieses Kaff mitten im Nirgendwo auch immer nennen mochte.
    Tyler lachte leise. „Nein, Sir, ich bin der rechtmäßige Eigentümer. Die Papiere liegen im Handschuhfach. Wenn Sie einverstanden sind, überschreibe ich Ihnen den Wagen und mache mich wieder auf den Weg.“
    „Warten Sie, bis Myrtle mit den Einkäufen zurückkommt!“, redete der Kerl weiter und hakte die Daumen in die Träger seines ölverschmierten Overalls ein, schüttelte den Kopf und grinste breit. Seine Zahnlücken sprachen eine deutliche Sprache: Walt musste dringend einen Zahnarzt aufsuchen.
    Tyler wartete.
    „Ich begreife noch immer nicht, warum jemand so einen Tausch machen will!“, beharrte Walt. „Vielleicht sind Sie ja nicht ganz richtig im Kopf?“ Er kniff die Augen zusammen und betrachtete Tylers Gesicht. „Obwohl … aussehen tun Sie nicht danach.“
    Unwillkürlich sah Tyler auf seine Armbanduhr, ein exklusives Exemplar: Auf dem Ziffernblatt war in 24-karätigem Gold ein Rodeo-Cowboy dargestellt, der auf einem Hengst saß und den Arm nach oben reckte. Das Ziffernblatt war aus Platin; Diamanten glitzerten auf der Zwölf, der Drei, der Sechs und der Neun. Das Ding passte so wenig zu ihm wie der teure SUV, den er jetzt praktisch verschenkte. Doch er würde nie auf die Idee kommen, sich von der Uhr zu trennen. Tylers verstorbene Frau Shawna hatte ihren Pferdetransporter und ihren mit Edelsteinen besetzten Sattel verkauft – und das nur, um ihm diese Uhr an dem Tag zu schenken, an dem er seinen ersten Meisterschaftstitel gewann.
    „Ich weiß nicht, ob ich mich auf einen Handel mit einem Mann einlassen soll, der es so eilig hat wie Sie“, erklärte Walt und kniff wieder leicht die Augen zusammen. „Sie laufen vor irgendwas davon, und dieses Irgendwas könnte die Polizei sein. Ich kann keinen Ärger von der Art gebrauchen, das sag ich Ihnen! Myrtle und ich, wir führen ein gutes Leben. Natürlich nichts Luxuriöses, schließlich habe ich dreißig Jahre im Sägewerk gearbeitet. Aber unser Häuschen ist abbezahlt, und wir kriegen es immer hin, für jeden unserer Enkel zehn Dollar zum Geburtstag zusammenzukratzen …“
    Tyler unterdrückte ein Seufzen.
    „Nette Uhr!“, meinte Walt. Er hatte erkennbar keine Eile, den Handel über die Bühne zu bekommen. Mit wachsamem Blick musterte er Tylers Jeans und Hemd, bemerkte die teuren, in Texas von Hand angefertigten Stiefel und sah sich dann den schwarzen Cowboyhut an, den Tyler tief ins Gesicht gezogen hatte. „Haben Sie im Rodeo gewonnen, oder so?“
    „Oder so“, bestätigte Tyler knapp. Nicht mal seine eigenen Brüder Logan und Dylan wussten von seiner Ehe mit Shawna. Sie wussten auch nichts von dem Unfall, bei dem sie ums Leben gekommen war. Und er würde ganz bestimmt nicht einem Fremden davon erzählen, den er auf einem Supermarktparkplatz kennengelernt hatte.
    „Sie sehen aus, als würden Sie Rodeos reiten“, entschied Walt nach einem weiteren prüfenden Blick. „Und irgendwie kommen Sie mir sogar bekannt vor.“
    Und Sie sehen aus wie ein Gabelstaplerfahrer
, gab Tyler stumm zurück, während er die Daumen in die Gürtelschlaufen
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